Auch bei VICE: People who just had sex – Mike und Alice
Von all meinen Freundinnen ist Hattie die einzige, die in ihrer Jugend keine Phase der sexuellen Neugier durchlaufen hat. Die meisten entdeckten irgendwann für sich, wie angenehm die Wasserdüsen im Schwimmbecken sein können, oder machten irgendwelche sexuellen Spiele mit Freundinnen. Hattie dagegen ist 28 und schwört, dass sie sich nicht einmal selbst berührt. "Es ist mir unangenehm", sagt sie. "Ich bin sexuell extrem verklemmt."
"Es ist völlig normal, dass manche Menschen keinen richtigen Orgasmus kriegen können. Dafür kann es psychische Ursachen geben, die 12 Monate Therapie vermutlich besser ausräumen würden als meine vage Sexpertise."
Tag 1
Lesley führt Hattie zur Mitte des Ladens, wo die Multifunktions-Toys stehen, die speziell darauf ausgelegt sind, die Klitoris und den G-Punkt zu stimulieren. Diese Toys seien besonders beliebt, weil sie für recht unterschiedliche Vorlieben etwas bieten. Auch hier gibt es ein Überangebot an Farben und Formen. Zufrieden stelle ich fest, dass diesmal keine behaarten Plastikhoden dabei sind. Und Hattie wird fündig: ein kleiner Vibrator in Feuerzeuggröße und ein wenig einschüchterndes Multifunktions-Toy in pink. Den großen Automatik-Dildo, den ich vorschlage, will Lesley Hattie dann doch nicht zumuten. Ich sehe schon, warum sie hier die Fachfrau ist.Es ist Heiligabend. Hattie und ich setzen uns zu einer letzten Vorbesprechung zusammen, bevor sie ihre neuen Geschenke ausprobiert. Ich frage sie, wie sie sich ihren ersten Orgasmus vorstellt. "Wenig überwältigend", sagt sie. "Vielleicht würde ich sagen: gut, aber nicht großartig." Selbst wenn sich das bewahrheitet, finde ich, wir haben an nur einem Tag bereits viel Fortschritt gemacht. "Ich fühle mich ein bisschen sexuell befreit", bestätigt Hattie. "Es geht mir schon etwas besser." Mit Toys im Wert von Hunderten Dollar schicke ich sie los ins Ungewisse und fühle mich dabei wie eine Mutter, die ihr Kind zum ersten Mal ohne Stützräder fahren lässt.Im Sexshop wird Hattie fündig: ein kleiner Vibrator in Feuerzeuggröße und ein wenig einschüchterndes Multifunktions-Toy in pink.
Tag 2
Später erzählt mir Hattie am Telefon, sie habe den kleinen Vibrator ausprobiert. Eine Stunde lang, um genau zu sein. "Es war OK, aber es ist nichts Aufregendes passiert", sagt sie. "Es hat sich gut angefühlt, aber nicht auf eine Art, die mir neu war." Das klingt so gar nicht nach dem sexuellen Erwachen, das ich ihr prophezeit habe. "Ich glaube, ich muss mit dem Toy noch geschickter werden", fügt sie hinzu. "Ich hatte nicht wirklich eine Ahnung, was ich da mache.""Ich stelle mir vor, wie sie den Vibrator einsetzt und dabei über Weihnachtsessen oder ihre Wochenendpläne nachdenkt. Nicht gerade ein Bild grenzenloser Leidenschaft."
Tag 3 und 4
"Ich glaube, ich muss mich einfach noch ein bisschen besser kennenlernen", sagt Hattie. "Ich habe noch nichts eingeführt, aber ich glaube, das mache ich heute Abend vielleicht mal."
Tag 5
"Es war gut", sagt sie. "Der beste Versuch bisher." Ich warte weiter geduldig auf Wörter wie "atemberaubend" oder "unfassbar", aber bisher hat unser Experiment wohl keine solche Beschreibung verdient. Dass sie so offen mit mir darüber spricht, ist aber an sich schon ein Erfolg. Hattie kommt ihrem Ziel langsam aber sicher näher, und diesmal haben ihr die "Sex-Engel" dabei geholfen. Ich habe ein bisschen recherchiert und kann inzwischen eindeutig sagen, dass "Sex-Engel" bei mir kein warmes Kribbeln auslösen – aber daran sieht man nur wieder, wie wunderbar verschieden wir alle sind. An diesem Abend denke ich an Hattie und drücke ihr die Daumen. Mein Gefühl sagt, dass sie so weit ist. Ich hauche ein kleines Stoßgebet in die Nacht – an die Sex-Engel, natürlich.Hattie kommt ihrem Ziel langsam aber sicher näher, und diesmal haben ihr die "Sex-Engel" dabei geholfen.