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Video: Cem Özdemir hält eine epische Wutrede gegen die AfD

"Wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen – ich kann sie Ihnen gerne zur Verfügung stellen."
Screenshot: Facebook

Das Leben muss traurig sein, wenn man mit soviel Angst hat wie die AfD, weil sie den Untergang Deutschlands befürchtet. An einem scheint die Partei aber trotzdem großen Spaß zu haben: den unsinnigen Anträgen, die sie in den Parlamenten stellt. In ihrem jüngsten Antrag versuchte sich die AfD am Donnerstag an einem Angriff gegen den gerade aus der türkischen Haft entlassenen Journalisten Deniz Yücel. Grünen-Politiker Cem Özdemir antwortete darauf im Bundestag – und bepöbelte ihre Abgeordneten mit einer fulminanten Wutrede.

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Die AfD hatte gefordert, dass der Bundestag eine "Missbilligung" gegen zum Teil sieben Jahre alte Texte des Journalisten Yücel ausspreche. Er sei bei seiner Freilassung außerdem bevorzugt behandelt worden, so die Behauptung der Rechtspopulisten. Yücel saß über ein Jahr ohne Anklage in Haft, den Großteil davon verbrachte er in einer Einzelzelle. Erst vorige Woche wurde er entlassen.

Not here for this bullshit, entschied offensichtlich Cem Özdemir, als er den Antrag der AfD hörte. In seiner anschließenden Rede zerlegte der Grünen-Politiker die Forderung der Partei: "Der demokratische Teil" des Bundestags setze sich dafür ein, dass außer Yücel auch andere Journalisten freigelassen werden, auch wenn er "Gustav Müller oder sonst wie heißen würde". Journalisten und Journalistinnen zu benoten, stünde dem Bundestag allerdings nicht zu.

Doch der 52-jährige Özdemir legt noch nach – und disst gleich die ganze Partei: "Mittlerweile sitzen Abgeordnete in diesem Haus, die kann ich nicht anders bezeichnen als als Rassisten." Die anderen Abgeordneten applaudieren, Gauland – im tannengrünen Pullover und straßenköter-farbenen Sacko – wirft lachend die Hände in die Luft und rollt energisch mit seinem Drehstuhl hin und her. Aber Özdemir ist noch nicht fertig: "Wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen – ich kann sie Ihnen gerne zur Verfügung stellen." Dann beendet er seine Rede mit einer letzten Spitze zum politischen Aschermittwoch der AfD: "Ihr tobender Mob wollte mich ja abschieben", sagt er, "das geht leichter, als Sie sich das vorstellen: Am kommenden Samstag fliege ich nach Stuttgart, da ist meine schwäbische Heimat."

Der Bundestag zerschoss den Antrag der AfD übrigens ebenso eindeutig wie Özdemir ihre rechte Gesinnung: 552 stimmten dagegen, 77 dafür (die AfD hat 92 Bundestagsabgeordnete). Rein rechtlich sei der geforderte Eingriff des Bundestags ohnehin nicht möglich gewesen, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki in einer ebenfalls sehenswerten Rede. "Weil nicht der Eindruck entstehen darf, dass direkt oder indirekt Zensur ausgeübt wird." Vielleicht hatte die AfD, die Zensur ja sonst ständig befürchtet, diesen Aspekt vergessen. Vielleicht wollte sie aber auch einfach wieder Beef starten. Und damit hatte die rechte Partei hier tatsächlich Erfolg.

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