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Umfrage

Frauen erzählen, was sie tun würden, wäre es nicht "unweiblich"

"Ich schau mir auch gerne versaute Pornos an, nur würde ich das nicht unbedingt vor Männern zugeben."

Im Sommer war ich mit einem Freund auf einem Boot, und als wir nebeneinander auf einer Bank saßen, meinte er: "Du bist die einzige Frau, die ich kenne, die so breitbeinig sitzt. Manchmal benimmst du dich schon, als wärst du ein Mann." Ich war ich so irritiert, dass ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Auf einmal war ich weniger Frau, nur weil ich so sitze, wie ich es am bequemsten finde.

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Er nicht der einzige, der solche Kommentare von sich gibt. Andere Freunde nennen mich einen "halben Mann" und verstehen nicht, warum das ziemlich engstirnig ist. Was soll das sein, ein halber Kerl? Biertrinken und Namenrülpsen ist nichts Männliches, sondern eine Charakterfrage. Ich kann mir an einem Tag eine Kokos-Gesichtsmaske auftragen und mir am nächsten Tag eine reudige Wurst reinziehen oder in meinem Nebenjob mehr Geld fordern. Müssen wir darüber 2017 wirklich noch darüber reden? Ja, schon. Weil Frauen im Durchschnitt immer noch weniger Geld fordern als Männer. Weil Staatsanwälte es als "Imponiergehabe" abtun, wenn ein Soldat einer Kameradin an den Arsch fasst. Weil manch eine und einer immer noch an einem Er-muss-sie-ansprechen-und-alles-zahlen festhält. Weil mein Kumpel mich immer noch als Exotin sieht, wenn ich wie so viele Typen in der Bahn eineinhalb Sitze für meine Schenkel beanspruche.

Nachdem wir Männer gefragt haben, was sie gerne tun wären, sich aber nicht trauen, weil es vermeintlich nicht zu ihrem Geschlecht passt, fragen wir nun die Frauen.

Rahel, 29

VICE: Was traust du dich nicht zu machen, weil es angeblich zu männlich ist?
Rahel: Ich würde gerne lernen, meinen Namen oder Worte zu rülpsen.

Wieso das?
Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, ist es vollkommener Quatsch, etwas nicht zu tun, nur weil es zu männlich sein soll. Wenn ich Worte rülpsen will, dann werde ich das auch tun.

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Was würdest du machen, wenn du einen Tag lang ein Mann wärst?
Meinen Namen in den Schnee pissen – als Frau ist das ziemlich schwierig. Dann würde ich mir den ganzen Arm volltätowieren lassen. Bei Frauen finde ich das nicht so schön, aber bei Männern sieht es gut aus. Und ich würde Frauen helfen, wenn sie schwere Sachen tragen. Ich war nämlich erst gerade in Hamburg am Bahnhof und hatte drei riesige Koffer dabei, aber kein Mensch hat mir geholfen.

Wo haben es Frauen einfacher?
An der Bar. Sie werden schneller bedient und wenn sie hinter der Bar arbeiten, gibt es bestimmt auch mehr Trinkgeld.

Womit sollten Männer sofort aufhören?
Auf den Boden rotzen. Ich war neulich in der Stadt unterwegs und habe mich draußen hingesetzt – voll in den Rotz hinein. Das braucht's wirklich nicht, liebe Männer.

Silvana, 27

VICE: Was traust du dich nicht zu machen, weil es vermeintlich zu männlich ist?
Silvana: Eigentlich ist mir das ziemlich egal, ich mache einfach, was ich will. Aber mir hat mal ein Typ gesagt, dass die Tatsache, dass ich gerne HipHop höre, mich 20 Prozent weniger attraktiv als Frau macht.

Was hältst du denn davon, wenn Männer Make-up tragen?
Da ist vieles im Wandel. Immer mehr Männer stehen offen zu Make-up. Wie der YouTuber Manny Gutierrez, der mit Schmink-Tutorials für Männer berühmt geworden und jetzt sogar Werbeträger von Maybelline ist. Der schminkt sich wahrscheinlich besser als die meisten Frauen.

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Vivien, 24

VICE: Was traust du dich nicht zu machen, weil es vermeintlich zu männlich ist?
Vivien: Ich fluche wie ein alter Seemann. Es kommt manchmal sogar vor, dass Männer überrascht sind, was für dreckige Worte aus mir rauskommen. Ich habe mal in einer WG mit vier anderen Männern gelebt. Vielleicht hat mich das sozialisiert.

Was würdest du tun, wenn du einen Tag lang ein Mann wärst?
Ich würde es feiern, dass ich mich nicht rasieren muss und die Haare sprießen lassen kann. Ich würde mit Kumpels einen richtigen Männerabend veranstalten, um zu sehen, was da für Themen angesprochen werden. Und ich würde mir einen runterholen, um zu sehen, wie sich das anfühlt.

Was findest du an der männlichen Selbstbefriedigung so spannend?
Vielleicht lerne ich da was draus, was ich als Frau später anwenden kann.

Was denkst du? Warum sprechen Männer in Männerrunden anders und warum ist das so?
Ich weiß nicht, ob Männer in Männerrunden wirklich anders sprechen, aber es wäre interessant, das zu beobachten. Ob sich bestimmte Verhaltensweisen bemerkbar machen. Ich stelle mir Männerabende vor wie ein Wolfsrudel. Einer sagt was und alle grölen mit. Und ich würde gerne sehen, wie Männer dann über Frauen reden, um ihre Psyche besser nachvollziehen zu können.

Gibt es deiner Meinung nach Situationen, in denen es Frauen leichter haben?
Beim Flirten. Also ich merke schon, dass man als Frau eher mal mit den Augen zwinkern kann und einen dann der Lokführer schon mitfahren lässt. Das ist mir schon oft passiert, dass ich gesagt habe: "Sorry, ich habe den Regionalzug verpasst, darf ich im ICE mitfahren?" Und dann sagen die halt "Ja" – obwohl ich mir da ein Ticket kaufen müsste.

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Anais, 23

VICE: Gibt es etwas, das du nicht tust, weil es "unweiblich" ist?
Anais: Ich will oft Kraftausdrücke benutzen, die ich selbst aber nicht weiblich finde. Zum Beispiel "Alter, was geht denn bei dir?", wenn ich sauer auf eine Kollegin bin. Aber das mache ich dann nicht, weil es nicht so ladylike ist. Nur wenn ich alleine bin.

Warum machst du es nicht?
Ich komme mir dann selbst männlich und rau vor. Das wird mir aber erst klar, wenn ich in der Gegenwart von anderen Männern oder Frauen bin.

Wieso stört es dich, männlich zu wirken?
Das will doch keine Frau, oder? Wenn ich impulsiv rede, denke mir danach: "Du bist doch eine Dame, und sowas sagt eine Dame nicht."

Findest du nicht, Frauen sollten alles sagen dürfen, was sie wollen?
Ich hätte nichts dagegen, dass Frauen auch fluchen und Worte wie "Alter" und "Kollege" benutzen dürfen. Dann müsste ich mich auch nicht verstecken und könnte mein wahres Ich zeigen.

Wo haben es denn Frauen einfacher als Männer?
Also ich muss gestehen, wenn ich etwas will, dann setze ich so einen Hundeblick auf. Da nehme ich an, dass es bei Männern nicht so gut funktioniert wie bei Frauen. Da sind wir schon im Vorteil und bekommen vielleicht eher etwas als ein Mann in der gleichen Situation.

Denkst du dein Hundeblick würde auch bei Lohnverhandlungen was bringen?
Nein. Bei so wirklich ernsten Sachen mache ich das natürlich nicht. Ich finde bei einem Lohngespräch sollte es um die eigenen Fähigkeiten gehen und nicht um das Geschlecht, das Aussehen oder den Hundeblick.

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Ani, 28

VICE: Was traust du dich nicht zu machen, weil es vermeintlich zu männlich ist?
Ani: Ich liebe es riesen Portionen zu essen. Dann dürfen es auch mal gerne zwei, drei Burger mit Pommes und Chicken Wings sein. Das krieg ich ohne Probleme runter. Aber manchmal traue ich mich nicht, so viel zu essen, wenn beispielsweise andere Typen dabei sind. Weil die sagen: "Du isst wie ein Mann und das ist voll unsexy." Ich schau mir auch gerne versaute Pornos an, nur würde ich das nicht unbedingt vor Männern zugeben.

Und was denkst du, trauen sich wohl Männer nicht zu tun, weil es als zu weiblich gilt? Gewisse Hobbys wie Schlittschuhlaufen oder Balletttanzen sind bestimmt ein Tabu für Männer. Vor allem wenn man es nicht professionell macht, sondern eher als Hobby, kann ich mir vorstellen, dass sich viele erst gar nicht trauen. Ich glaube auch, dass viele verheimlichen, dass sie "Frauenserien" wie Sex and the City schauen.

Kennst du Männer, die Sex and the City schauen?
Total viele. Ich habe Kumpels, die würden, wenn sie ein Date haben oder eine Frau kennengelernt haben, nie sagen, dass sie das schauen. Aber mir als Freundin erzählen sie dann, bei welcher Staffel sie gerade sind.

Was müsste passieren, damit Männer sich nicht mehr schämen zu sagen, sie gucken Sex and the City ?
Das sind eben die Geschlechterklischees, die sich auch auf das Konsumverhalten auswirken: Männer gucken Schießfilme und versaute Komödien, Frauen Romanzen. Wenn ein Vater Sex and the City guckt und das ritualmäßig mal mit seinem Sohn macht, würde das schon was in der Sozialisation ändern. Abgesehen davon: Gerade Sex and the City ist durch diese Shoppingscheiße, diese Freundschaftsklischees und damit, dass die Frauen fast nur über Männer reden und nie über ihre Jobs, ohnehin nicht mehr zeitgemäß.

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