Cosmin Bumbuț: Damals fiel einer Sprecherin der rumänischen Justizvollzugsbehörde mein Fotoband Tranzit auf, den ich zwei Jahre zuvor veröffentlicht hatte. Sie rief mich an und sagte, ihr gefalle mein Buch sehr und sie könne mir Zugang zu jedem rumänischen Gefängnis geben, wenn ich dort fotografieren wolle. Ich fand das Angebot interessant, aber entschied dann recht bald, dass ich das Leben in nur einem Gefängnis dokumentieren wollte, anstatt ganz viele zu besichtigen.Und weshalb hast du dich für das Gefängnis Aiud im Herzen Transsylvaniens entschieden?
Ich habe drei oder vier Gefängnisse besucht, und Aiud sah sehr altmodisch aus, was mir extrem gefiel. In meiner zweiten Woche dort fing ich langsam an, den Insassen näher zu kommen. Mir gegenüber waren sie auch neutraler, wie bei der Arbeit, beim Lesen in der Bücherei oder beim Besuch in der Gefängniskapelle.
Als ich 2005 das erste Mal nach Aiud kam, trugen alle Insassen noch Khaki-Uniformen—nur die mit lebenslanger Haft hatten orange Uniformen an. Nach dem EU-Beitritt haben sie die Uniformen abgeschafft und heute dürfen Häftlinge ihre eigene Kleidung tragen.
Eine Sache, die ich 2005/2006 bemerkte, war, dass die einzigen Häftlinge, die sich Bücher aus der Bibliothek holten, im Hochsicherheitstrakt saßen. Als ich die Wärter nach dem Grund fragte, sagten sie mir, die Häftlinge dort drinnen hätten intelligentere und durchgeplante Verbrechen begangen und daher strengere Strafen bekommen.Insgesamt waren sie also ohnehin schon mehr am Lesen interessiert, und dann hatten sie auch noch eine längere Strafe vor sich—also waren sie auch mehr daran interessiert, sich im Gefängnis zu bilden. In meinem Buch habe ich ein Foto von einem Insassen, der mich extrem an mich selbst während meines Ingenieursstudiums erinnert hat. Ich fragte ihn, was er getan habe, und er sagte, sie hätten ihn für bewaffneten Raub verurteilt. Ein Typ, der vielleicht wegen ein paar geklauten Portemonnaies sitzt, hat vielleicht nicht dasselbe Interesse an Büchern.
Blumen … im Schatten der Mauern
Wer auch immer du bist, der du wünschst, meine Gedanken zu ergründen, versteh bitte, dass ich dies nicht einfach schreibe, um Zeit totzuschlagen.
Wenn du nicht die Geduld hast, zwischen den Zeilen zu lesen, damit du an den Kern meiner Worte gelangst, dann lass das Lesen lieber gleich.
Wenn du aufrichtig wünschst, das Gute und das Schlechte an meinem Werk zu analysieren, dann steht dir mein anonymer Text frei.
Ich habe vorher in der Modefotografie gearbeitet und anfangs habe ich die Häftlinge in gewisser Hinsicht als Modelle gesehen. Aber als ich 2008 wiederkam, waren mir das Thema und die Insassen viel vertrauter. Da ging mir auf, dass sie eigentlich viel mehr an die Stars erinnern, die ich früher fotografiert habe. Sie waren so viel ehrlicher und ich so viel entspannter in ihrer Gegenwart. Die Atmosphäre war komplett anders als in der Modefotografie.
Meine Interaktionen mit den Häftlingen haben definitiv einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Sie waren ganz anders als alle, mit denen ich sonst arbeite. Es hat mir einen neuen Teil der Gesellschaft gezeigt. 2005 und 2006 arbeitete ich an zwei Extremen—dieses Projekt und Modefotografie. Das Gefängnis hat mir den Übergang zum Journalismus ermöglicht.
Cosmin Bumbuțs Arbeit ist bis bis zum 18.11. im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie in Berlin ausgestellt.Was ist der Sinn?
Ich teile mit euch ein Gedicht über mich
Sie kamen maskiert zu mir nach Hause
Und zerrten mich vom EsstischIch saß mit meinen Kindern zusammen
Die mir nichts als Freude machten
Doch sie brachen respektlos in mein Haus ein
Und erschreckten meinen kleinen Jungen zu TodeSie stießen mich in einen Transporter, gnadenlos
Und sagten: Steig ein, du wirst schon sehen, was dich in Sibiu erwartetDort sperrten sie mich mit anderen ein
Und setzten mir zu
An einem Ort, wo die Sonne nie untergeht
Und ich isoliert bin von der Welt