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Liebe und Drogen

Liebe und Drogen: Wie sich Alkohol auf unsere Beziehung ausgewirkt hat

Unser frisch verheiratetes Autorenpaar hat verschiedene Drogen ausprobiert und deren Wirkung auf ihre Beziehung beobachtet. Teil 1: Alkohol.
Illustration: Luigi Olivadoti

In unserer Beziehung haben wir uns im letzten Jahr mit der Frage nach der Wirkung von verschiedenen Drogen auf unser zwischenmenschliches Verständnis, unsere Intimität und schlussendlich unsere Liebe auseinandergesetzt. Wenn man in Gegenwart seines Partners Drogen konsumiert, setzt man sich selbst und so auch seine Beziehung einer Bewusstseinsveränderung aus, die nicht vollständig kontrollierbar ist und unter Umständen ein reale Bedrohung für die Beziehung sein kann. Eine andere Gefahr liegt darin, als Paar Drogen zu einem tragenden Teil der Beziehung zu machen. In solchen Beziehungen ist es oft schwer, von Drogen wegzukommen, da diese ja "ein gemeinsames Ding" sind.

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Wir haben einerseits darauf geachtet, Drogen nicht zu einem Eckpfeiler unserer Beziehung werden zu lassen. Andererseits war uns wichtig, insbesondere die harten Drogen nur gemeinsam zu nehmen, an Orten und in Situationen, in denen wir möglichst wenigen, potenziellen Störfaktoren ausgesetzt waren.

In dieser sechsteiligen Serie haben wir unsere persönlichen Erfahrungen mit verschiedenen chemischen und psychoaktiven Substanzen unabhängig voneinander aufgeschrieben. Fangen wir mit der Volksdroge schlechthin an: Alkohol.

Nicht wenige unter uns bekommen die ersten Gläser Bier, Wein oder Schnaps von einem Familienmitglied eingeschenkt, begleitet von einem Satz aus der Kategorie: "Du bist ja jetzt auch schon bald erwachsen." Die Droge hat so schon längst ihren Charakter als solche verloren und ist stattdessen in unserer Kultur tief und selbstverständlich als Genussmittel verankert. Es gibt fast keine Gelegenheit nach 19:00 Uhr, bei der Alkohol deplatziert wäre: Mit Ausnahme von Tätigkeiten wie Babysitten, Auto- oder Panzerfahren oder jemanden am offenen Herzen operieren ist ein Bierchen gesellschaftsübergreifend eigentlich immer akzeptiert. Das sieht bei anderen Drogen anders aus: Wenn du dir eine Linie Koks auf einer Bar legst oder dir beim Apero etwas MDMA in den Orangensaft mischst, folgt die soziale Ächtung.

Legale Drogen haben das Problem, als solche nicht ernst genommen zu werden, obwohl laut Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz jährlich etwa 1'600 Personen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren an den Folgen des Alkoholkonsums sterben. Auch wir haben bei dieser Droge deshalb nicht auf Setting-Regeln geachtet und einfach dann getrunken, wenn wir Lust drauf hatten: in Bars, bei Essen und während Flugreisen.

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Nadja

Wer einmal mit einem betrunkenen Pärchen Party gemacht hat, weiss, dass nur die eigene Mutter eine unangenehmere Begleitung wäre. Man wirft sich Dinge an den Kopf, die man sich nüchtern vielleicht zweimal überlegt hätte. Wenn du betrunken bist, ist es eigentlich ziemlich egal, ob du Auslöser oder Opfer eines heftigen Streits bist. Die Emotionen kochen ohnehin hoch, so dass du deinem Liebsten den Drink übers Hemd schüttest, eingeschnappt wegrennst und dich dann in einer unheimlichen Seitengasse wiederfindest. Wer so ordentlich dicht ist, dass er über seinen Schatten springen und seinen Stolz runterschlucken kann, der dreht an diesem Punkt wieder um, stürzt sich seinem Partner in die Arme und weint so herzzerreissend, dass der Streit beendet ist.

Ja, auch wir haben schon solche Szenen erlebt. Je länger wir aber zusammen sind, desto seltener wurden diese Erlebnisse. Es kommt nach wie vor nicht selten vor, dass wir gemeinsam einen über den Durst trinken. Dann haben wir aber meistens grossen Spass zusammen und analysieren zum Beispiel die einzelnen Teilnehmerinnen und deren Tanzstile eines Junggesellinnenabschieds. Ich glaube, je eingespielter man zusammen ist, desto sicherer verläuft der Abend. Wer zusammen mit seinem Partner Alkohol trinkt, sollte sich zunächst bewusst machen, dass die Hemmungen fallen. Das kann natürlich dabei helfen, den Wunsch nach einer neuen Sexposition zu artikulieren. Oder aber zu Missverständnissen, grossen Verletzungen und ganz, ganz dummen Ideen führen.

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Till

Wir trinken ab und zu. Wir sind beide recht gesellige Leute, Geniesser und haben beide eine aktive Nachtlebenvergangenheit. Und: Die besten Geschichten werden einem immer noch nachts an einem Tresen erzählt. Wir beide lieben gute Geschichten—gehört, aber eben auch erlebt.

Konstituierende Gespräche und Erlebnisse unserer Beziehung haben sich früh morgens vor einem Club, auf einer Treppe an der Langstrasse oder beim Heimtorkeln von irgendeiner Bar abgespielt. Ich muss lächeln, wenn ich daran denke, wie wir Passanten als "Pfadis" beschimpft haben, die mich ausgelacht hatten, weil mir die scheiss Käse-Pide ins Gebüsch gefallen ist. Retrospektiv weniger herzerwärmend finde ich die Szene, in der ich einem Typen an die Gurgel gegangen bin, weil er sich was mit Nadjas Hut erlaubt hat. Schnaps macht halt alle deine Gefühle ein bisschen grösser, als sie sein müssen, die guten, wie die schlechten. Dazu fallen mit zunehmendem Konsum alle Hemmungen, sich eben diesen Gefühlen entsprechend zu verhalten. Das kann zu (wenigstens gefühlt) grandiosem Sex führen aber auch zu mindestens momentanen Verletzungen.

Ich würde daher behaupten, dass Alkohol einfach den Vibe aufnimmt, in dem sich die Beziehung ohnehin gerade befindet und diesen dann in einem Mass verstärkt. So haben wir uns schon durch die Gassen fremder Städte hindurch angeschrieen und uns gegenseitig filmreife Szenen geliefert, aber sind uns genauso filmreif im Sonnenaufgang in den Armen gelegen, haben romantische Stadtspaziergänge im Mondlicht gemacht und uns der Poesie, die Alkohol in einem wecken kann, voll und ganz ergeben.

Nächste Woche erzählen wir dir von unseren Erfahrungen und Erlebnissen mit Cannabis.

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