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Rudelkauf, Kontrolltyp, Technoproduzent – Ein Drogendealer erklärt uns seine Kunden

Die Clubszene ist ein gefundenes Fressen für jemanden wie mich. Sie wollen was von mir, das ich teuer verkaufe, und ich kriege kostenlosen Eintritt plus Logis plus Geld.

Keine Originalaufnahmen. So stellen wir uns das vor

Als Mensch, der mit Drogen handelt, kommt man höchstwahrscheinlich nicht drumherum, Leute in der Clubszene zu kennen, zumindest in Berlin. Barkeeper, Runner, DJs, whatever … Ich bin jedenfalls nicht der Typ, der im Club rumsteht und Leuten, die da abhängen, irgendwelchen Scheiß verkauft, z.B. Koks, das kein Koks ist. Was ich nicht verstehe, sind die Kokstaxis Berlins. Dass es sowas überhaupt weiterhin gibt bzw. dass diese Taxis weiterhin Kunden haben. Leute, nehmt wenn, dann gute Drogen! Jedenfalls ist die Clubszene ein gefundenes Fressen für jemanden wie mich. Sie wollen was von mir, das ich teuer verkaufe, und ich kriege kostenlosen Eintritt plus Logis plus Geld. Zu erwähnen ist hier, dass man das Einkaufsverhalten in der Clubszene mit einem kleinen Vorweihnachtseinkauf vergleichen kann. Da sind meist alle involviert, die ballern.

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Ich hab aber nur mit einer Person was zu tun, die höchstwahrscheinlich auch nur deshalb gefragt wird, weil meine Qualität stimmt. Er verteilt es weiter. Ich mache die Kohle und trinke einen Gin & Tonic. Kokain und Psychedelika hauptsächlich, ansonsten auch alles Mögliche, nur kein Ketamin, keine Opiate. Ich mag keine fremden Leute, vermeide Telefonate und setze auf einen festen Kundenkreis. Das hier sind meine Kunden und ihre Lieblingsdrogen:

Der Skater

Jeder kennt die Jungs, die auf Partys abhängen, den Suff wegtrinken und dann, wenn die Party fast vorbei ist, zum Würstelstand rennen und mit vorher gesammelter Kohle die Party am Leben halten, die keine mehr ist … was machen diese Dudes während der Woche eigentlich? Richtig, sie kiffen vor, während oder nach dem Skaten und geben ihre letzte Kohle dafür aus, weil sie ständig pleite sind … Das Problem an diesen Kunden ist, dass sie notorisch rumnörgeln, dass das Weed oder auch mal eine Pille „viel zu teuer" ist. Dass man unter Homies doch keine Clubpreise verlangen könne. Sie kaufen auch meist nur einen 10er und rufen dich dafür gefühlte 20 Mal an. Teils nerviges Publikum, wenn es darum geht, zum Abhängen aber meine erste Wahl. (Pillen, MDMA, Marihuana)

Ebenfalls keine Originalaufnahme, sondern eine Nachstellung im Einklang mit unserer Vision davon, wie so etwas aussieht

Der Kontrolltyp

Ich mag diese Menschen, obwohl es krasse Weirdos sind. Dennoch schätze ich ihre Verlässlichkeit und den wenigen Telefonkontakt, den man hat, wenn es sich mal eingepegelt hat. Ihre präferierte Zeit ist meist unter der Woche, abends nach der Arbeit. Das Wochenende ist ihr Ruhepol, der vielleicht mal mit Partys in Verbindung gebracht wird, jedoch meist zu Hause auf der Couch stattfindet. Ich rede von Leuten, die zwischen 30 und 50 sind, irgendwelche Mittelklasse-Jobs haben und ihren periodischen Termin bei mir am liebsten auf drei Monate im Voraus bestätigt haben wollen. Wenn es dann soweit ist, kaufen sie je nach Wochentaktung für mehrere Hundert Euro je nach Gusto ein und wissen, dass es bis zum nächsten Termin weg ist. (Pillen, MDMA, Marihuana, Kokain)

Der Hippie

Hier erkenne ich in allen Altersklassen das gleiche Muster. Ob es die 21-Jährige zur Natur hin verbundene Ökobraut ist oder der 45-jährige Gymnasial-Musiklehrer bis hin zur 70-jährigen Omi mit 68er-Einschlag: Alle nehmen die Kräfte der Natur in ihr Leben auf und versuchen, diese auf spirituelle Art und Weise der Umwelt weiterzuvermitteln. Sie melden sich selten, dennoch freut es mich immer, wenn sie vorbeikommen, da sie meist auch irgendwelche Tees, Honig oder andere Leckereien dabei haben, die sie mir schenken oder auch mal tauschen wollen. Sie interessieren sich für die ganze Vielfalt von Gras bzw. Hasch, Pilzen und LSD. Die Sachen werden geplant gekauft oder auch gern wenn sich ihre eigene Ernte dem Ende zuneigt oder nicht mehr turnt. Es hört sich nach einem unglaublichen Klischee an, aber tatsächlich gibt es das immer wieder. (Marihuana, Pilze, LSD, Meskalin)

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Foto: Ludovic Bertron | Flickr | CC BY 2.0

Der Technoproduzent

Eines Tages kam ein guter Freund auf mich zu und fragte mich nach meiner Nebentätigkeit und ob ich wöchentlich auch „große Mengen" liefern könnte. Na ja, große Mengen sind natürlich relativ und für meinen Freund wahrscheinlich auch nicht richtig greifbar. Er stellte mir einen recht bekannten Technoproduzent/DJ vor, der eine Vorliebe für Marihuana hat. Der Typ kauft mittlerweile seit anderthalb Jahren immer für mindestens 300 Euro Weed ein, der Clou: jede Woche. Feste Zeiten, nur mit einer Person Kontakt—da geht man gerne abends in seinem Studio vorbei und hängt ein wenig ab und hört neue Mucke. Er schwört, dass er alles alleine wegraucht und dass er es zum Arbeiten braucht. Ich habe noch nie einen anderen Menschen in seinem Studio gesehen, aber ganz glauben mag ich die Story auch nicht. Wer kann schon 300 Euro Weed wegrauchen? Jedenfalls verkörpern Technoproduzenten nicht das Image eines Snoop Dogg oder Wiz Khalifa. Falls er den Shit alleine wegraucht, hatte mein Kumpel jedenfalls Recht, ich habe noch nie jemanden getroffen, der soviel raucht.

Der zurückgezogene Depressive

Es geht um einen meiner besten Freunde, was mir auch im Herzen immer wieder wehtut, allein wenn ich nur darüber nachdenke. Ich kenne den Typen seit über 20 Jahren und man hat anfangs abgehangen und natürlich zusammen gekifft. Wir sind auf Konzerte gegangen und haben gekifft. Sind auf Partys gegangen und haben gekifft. In der jugendlichen Phase hat man auch immer eine Bong im Rucksack gehabt, um sich auf der Hausparty, die man mit der Meute gestürmt hat, sein neues Wohnzimmer einzurichten und zu kiffen … Irgendwann ging der soziale Aspekt verloren und man hat sich nur noch gesehen, damit man was zu kiffen kriegen kann. Er selbst ist Broker bei der Bank und macht auf seriös. Ich dachte Jahre lang, dass die Arbeit ihn komplett einnimmt und dass deshalb die Veränderung seiner Art zu erklären ist. Auf einmal wurde sein Deckel bei mir immer größer und ich hakte nach: massive Schulden, Freundin weg, Isolation.

Jetzt kriegt er kein Gras mehr. Und ich kümmere mich drum. Aber Marihuana-Abhängigkeit sollte man nicht unterschätzen, also zog er los auf die Straße, um sich schlechtes Dope zu kaufen. Ich blieb dran und probierte ihm zu helfen, habe aber natürlich mitgekriegt, dass er weiter raucht. Rückblickend hört es sich für mich wie eine Heroinstory an, in der man filmmäßig einem Junkiefreund hilft. Dabei ging es nur um Gras! Therapie kommt aufgrund seines Jobs nicht in Frage, allerdings geriet auch dieser immer mehr in Gefahr. Abruptes Aufhören? Geht nicht, da kein Schlaf und massives Schwitzen. Dabei sollte ich noch anmerken: Er hat nie auf andere Drogen zugegriffen, da er zu viel Angst vor einer Abhängigkeit hatte. Erster Schritt: Bong wegwerfen. Zweiter Schritt: Apotheke und homöopathische Beruhigungsmittel kaufen. Dritter Schritt: die Dosierung runterfahren. Es dauerte fast zwei Jahre und jetzt hat er auch wieder eine Freundin. Er kifft zwar immer noch, allerdings nur einen Zwanziger die Woche, hehe. (Marihuana)

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Foto: Mista Stagga Lee | Flickr | CC BY 2.0

Die kranken Verwandten

Eine Freundin von mir, die normalerweise wirklich nichts mit Drogen zu tun hat, ruft mich panisch morgens in der Früh an und fragt, ob sie denn sofort vorbeikommen könnte. Ihre Mama hat seit ein paar Jahren MS und einen extremen Schub am Wochenende gehabt. Sie recherchierte im Netz nach Alternativtherapien und stieß auf Marihuana. Es war ein wenig peinlich, da ihr mein Kiffertum immer ein wenig auf den Senkel ging. Aber scheinbar hat es auch gute Seiten. Jedenfalls erklärte ich ihr, dass ich mit dieser Art der Therapie recht wenig Erfahrung habe und mich auch erst reinlesen müsste, da es sehr viele Arten von Gras gäbe und manche so und andere so funktionieren.

Meine Recherche ergab, dass ich mich wohl bei meinen Zulieferern nach genaueren THC- sowie CBD-Werten erkundigen sollte und da ich selbst von einem CBD-Wert noch nie was gehört hatte, wurde es interessant. Für mich selbst war es eine Bereicherung, mal mit dieser Pflanze mehr anzufangen, als von irgendwelchen Stonern zu hören, dass sie mega high waren. Daraufhin konnte ich auch ein paar Leute, die mich belieferten, aussortieren, da sie keine Ahnung hatten. In meinem Kundenkreis finden sich zur Zeit drei MS-Patienten und einer mit einem Hirntumor und diverse mit Migräne. Alles muss stimmen, vor allem muss es erhältlich sein—richtige Sorte, richtige Dosierung. Kranke Menschen brauchen nicht soviel, sodass man es eigentlich, wenn was Gutes für sie reinkommt, aufheben kann. (Marihuana)

Der Rudelkauf

Wir alle kennen es. Es ist Weihnachten und es wäre das Allerschlimmste, wenn jetzt nichts zum Konsumieren da wäre. Schließlich will man sich nach dem Weihnachtsessen mit der Familie so richtig einen wegknallen mit den Freunden, die man nur einmal im Jahr sieht. Ich glaube, man ist auch glücklich, diese Menschen nur einmal im Jahr zu sehen, sodass man sich total wegschießen muss. Also Absturz. Diese Schemata finden sich nicht nur vor Weihnachten, nein, Silvester könnte man in einem Atemzug mitnennen, ist allerdings für mich ein gesonderter Fall, da alle nach Weihnachten wieder zurückkommen und alles weg ist. Also neuer Rudelkauf. Auch Festivals wären zu erwähnen. Ich verstehe zwar nicht, warum Leute das Risiko eingehen und vor der Fusion wie wild bei mir Substanzen kaufen, obwohl doch alles da ist. Eigentlich verstehe ich es aber doch, es ist wohl die Qualität. Das Wichtige für mich ist, dass meist einer aus dem Freundeskreis bei mir auftaucht und für die große Masse einkauft. (Alles)