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Junge Frauen erzählen von ihrer ersten Periode

"Meine Mutter hat eine Kerze für mich angezündet und eine Party organisiert. Sie hat sich wirklich sehr gefreut."
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Als Kind bekam ich meine Periode immer dann, wenn ich keine Lust auf Sportunterricht hatte – bis ich lernte, dass die Periode keine wöchentliche Sache ist: Im Sexualkundeunterricht malten wir den weiblichen Zyklus mit Farbstiften aus, während der verklemmte Biologielehrer über Eisprung und Follikel referierte. Eine Zeit lang konnte ich mir kaum vorstellen, dass das etwas mit mir zu tun haben könnte, bis ich eines blutigen Tages eines Besseren belehrt wurde. Wie soll ich da reagieren? Mich freuen, zur Frau geworden zu sein? Weinen, weil es die Lieblingsunterhose war? Oder hoffen, dass es nicht always so schmerzhaft ist und man irgendwann genauso carefree Beachvolleyball im Bikini spielen kann wie die glücklichen Menschen in der Werbung?

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Mit meinen Fragen war ich damals ziemlich auf mich alleine gestellt, kaum jemand sprach gerne über die Menstruation. Heute setzen sich Free-Bleeding-Aktivistinnen, Künstlerinnen und Expertinnen dafür ein, dass Menstruationsblut als das angesehen wird, was es ist: etwas ganz Natürliches. Ich habe mit jungen Frauen auf der Strasse über die Erfahrung geredet, die jede Frau einmal machen muss oder darf und kein Mann je verstehen wird. Und obwohl mittlerweile sogar Instagram Menstruationsblut zu akzeptieren scheint, konnte ich noch etwas dazulernen: Menstruationspartys scheinen wirklich ein Ding zu sein.

Mia, 19

VICE: Mit wie vielen Jahren hast du zum ersten Mal deine Periode bekommen?
Mia: Mit 10 – als erste in der Klasse. Da war ich stolz drauf.

Und wie hast du es gemerkt?
Am Nikolaustag war ich mit meiner Familie gerade bei Freunden zu Besuch, als ich merkte, dass meine Unterhose feucht ist. Beim Check auf der Toilette war da aber nur braunes, schmieriges Zeug. Ich hatte keine Ahnung, dass es sich um meine Tage handelt und niemandem was gesagt. Als wir abends wieder zuhause waren, bekam ich es langsam mit der Angst zu tun. Ich habe meiner Mutter erzählt, dass mit mir was nicht in Ordnung ist und dabei geweint.

Wie hat deine Mutter reagiert?
Sie hatte grosse Freude und mir ein Bad eingelassen. Später haben wir ein Fest mit Freunden und Familie gemacht, bei dem alle rot angezogen kamen.

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Tamara, 24

VICE: Wo hast du das erste Mal deine Tage bekommen?
Tamara: Ich stand im Behandlungszimmer eines Spitals, weil ich ein MRI machen musste. Ich wurde gebeten, mich unten frei zu machen und stellte mit Entsetzen fest, dass meine Unterhose voller Blut ist.

Das war bestimmt unangenehm.
Kann man so sagen. Es war mir vor allem peinlich, dass ich es vor einer fremden Person merkte. Obwohl es der Krankenschwester wohl egal war.

Warst du ganz alleine mit ihr?
Nein, zum Glück nicht: Meine Mutter hat mich begleitet. Dummerweise hatte sie aber keine Unterhose zum Wechseln dabei.

Mia, 26

VICE: Wann hast du das erste Mal deine Tage bekommen?
Mia: Meine Menstruation war am Anfang sehr schwach, darum gibt es nicht wirklich einen einzigen Zeitpunkt.

Aber du wusstest, was es war?
Ja. Ich bin in Japan aufgewachsen, dort gibt es ein Schulfach, in dem die Kinder über alle möglichen gesundheitlichen Sachen informiert werden. Zu meiner Zeit waren Mädchen und Jungs noch getrennt im Unterricht. Heute sind die Klassen da durchmischt, weil Männer auch über Menstruation Bescheid wissen sollten.

Ohne die Schule hättest du also nicht gewusst, wieso du da unten blutest?
In unserem Badezimmer hatten wir eine Box neben der Toilette stehen. Als ich meine Periode noch nicht hatte, fragte ich meine Mutter einmal, was da eigentlich für spezielle Taschentücher drin sind. Darauf hat sie mir erklärt, wofür man Binden und Tampons braucht.

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Wie wird denn in Japan mit Aufklärung umgegangen?
In der Familie reden die Japaner nicht gerne über Sex. Deshalb ist Aufklärung oft eher Sache der Schule als der Eltern. Von einigen Leuten wird Sexualkunde aber als eine Art sexuelle Belästigung für junge Menschen bezeichnet. Heute studiere ich Medizin in Ungarn. Aus medizinischer Sicht ist es unsere Pflicht, die Kinder frühzeitig aufzuklären. Nur leider verstehen das viele Eltern nicht.

Julia*, 23

VICE: Hat es etwas in dir ausgelöst, als du das erste Mal deine Tage bekommen hast?
Julia: Ich hatte mit meiner Mutter ausgemacht, dass ich mich schminken darf, sobald ich die Mens bekomme. Ich habe mich also schon gefreut. Ausserdem war es einfach cool, weil man dann als erwachsen gilt.

Wann war es denn soweit?
Ich war 13 Jahre alt und dummerweise gerade im Ferienhaus meiner Eltern. Gleich daneben war ein See, doch ich habe die ganze Woche aufs Baden verzichtet.

Du hättest einen Tampon verwenden können.
Ja, das hat mir meine Mutter auch gesagt. Sie konnte mir aber schlecht helfen, den Tampon einzuführen. Es war mir unangenehm, selber herausfinden zu müssen, wie das geht. Ich habe lange nur Binden benutzt.

Luz, 18

VICE: Wann hattest du das erste Mal deine Tage?
Luz: Mit 15.

Das ist relativ spät.
Das stimmt, hat mir aber gar nichts ausgemacht. Ich wusste ja, dass es irgendwann so weit sein würde. Als alle um mich herum ihre Tage bekamen, habe ich mir also nicht allzu grosse Sorgen gemacht. Ich bin da frühzeitig informiert worden.

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War die Freude dann umso grösser?
Als es soweit war, hat meine Mutter eine Kerze für mich angezündet und eine kleine Party in der Familie gemacht. Das war lustig. Sie hat sich wirklich sehr gefreut.

Sandra, 28

VICE: Kannst du dich erinnern, wann du zum ersten Mal deine Tage bekommen hast?
Sandra: Nicht mehr gut. Ich glaube, ich war gerade in der Schule und hatte Bauchschmerzen. Dann bin ich nach Hause gegangen.

Gab es eine Belohnung?
Mein Vater hat mich zur Feier des Tages in ein Restaurant eingeladen. Es war ziemlich süss, wie er sich gefreut hat, dass ich jetzt ein "Fräulein" bin. Für mich war es aber nichts besonders Spektakuläres.

Nina, 18

VICE: In welchem Alter hattest du das erste Mal deine Tage?
Nina: Ich glaube, das war mit 10. Meine Mutter hat mich schon früh in interaktive Workshops für junge Mädchen geschickt, in denen es um Periode, Schwangerschaft und so ging. Wir haben da ganz witzige Spiele gemacht und es wurde uns beispielsweise gezeigt, wie viel Blut während so einer Periode tatsächlich fliesst.

Du warst also bestens vorbereitet.
Ich hatte zumindest eine minimale Vorstellung. Es ist schon gut, wenn du nicht denkst "What the fuck is wrong?!", sobald du das erste Mal Blut in deiner Unterhose siehst. Als die Blutung bei mir dann aber fast eine Woche angedauert hatte, kam der Punkt, an dem ich wirklich dachte, es würde nie wieder aufhören. So richtig freuen habe ich mich also erst können, nachdem es wieder aufgehört hatte.

Hast du deinen Freundinnen auch davon erzählt?
Klar. Und ich habe den grossen Fehler gemacht, es auch einer aus meiner Klasse zu sagen, die nur bei uns Uncoolen war, wenn die Coolen sie gerade nicht so toll fanden. Jedenfalls hat sie das dann unter den Coolen rumerzählt. So haben die älteren Jungs aus der 6. Klasse es schliesslich auch erfahren und dummes Zeug geredet. Das war sehr unangenehm für mich. Lektion gelernt: Erzähle solche Sachen nie den falschen Leuten. Aber unter den richtigen Menschen war es nichts, wofür man sich schämen müsste.

*Name von der Redaktion geändert

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