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Popkultur

Klaas Heufer-Umlauf ist auf der Suche nach kriminellen Großfamilien – in Brandenburg

"Bezahlen Sie hier Schutzgeld oder gehören Sie dazu?", fragt der 'Late Night Berlin'-Moderator. "Haben'Se irgendwat jetrunken oder wat?", erwidert die irritierte Bäckerin.

Berlin-Neukölln. Ein Bezirk am Limit. Die Mieten explodieren, Tischreservierungen am Samstagabend in angesagten Restaurants sind ein Ding der Unmöglichkeit geworden und überall posieren betont auf fertig gestylte Influencerinnen und Influencer vor abgefuckten Hauseingängen. Hier traut sich abends niemand mehr auf die Straße – außer natürlich, man muss nochmal kurz zum Späti oder hängt mit Bekannten und sehr vielen Ratten am Kanal ab. Der Grund dafür, dass die Menschen im Problembezirk solche Angst haben, ist klar: arabische Clans, die im Süden Berlins ihren kriminellen Machenschaften nachgehen. Zumindest wenn es nach deutschen Medien geht.

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Die Videobeiträge über die berühmt-berüchtigten Berliner Clans, die man zuvor primär aus Deutschrap-Videos kannte, sehen alle ziemlich gleich aus. Kamerafahrten über große Neuköllner Knotenpunkte wie den Hermannplatz oder die Sonnenallee; Imbissbuden und Shisha-Cafés, gefilmt im Vorbeifahren, weil so richtig nah ran will man dann doch nicht an die "abgeschotteten Parallelwelten". Unterlegt ist das alles mit dem Soundtrack der Gangster-Serie 4 Blocks, die optisch wie inhaltlich klares Vorbild der journalistischen Clan-Berichterstattung zu sein scheint.

Auch Klaas Heufer-Umlauf ist besorgt darüber, was sich mitten in der Hauptstadt abspielt. So besorgt, dass er für seine Show Late Night Berlin dahin fährt, wo es wehtut, in einen echten "sozialen Brennpunkt" – nach Mittenwalde, einen verschlafenen Ort in Brandenburg. Klar, das ist nicht Neukölln, aber auch da gibt es Dönerbuden und Jugendliche, die Wasserpfeife rauchen. Das Ergebnis ist ein sehr lustiges Video, das beweist: Wenn man nur will, ist alles irgendwie gefährlich. Und wenn ein irritierter Anwohner, der verblüffend exakt aussieht wie Udo Walz, nur ohne Zugang zu hochpreisigen Haarpflegeprodukten, nichts von Kokain-Deals wissen will, unterstellt man ihm eben, selbst involviert zu sein.

"Viele Geschäfte in Neukölln sind nur Fassade und dienen zur Geldwäsche", sagt eine Off-Stimme, die den Betroffenheitston der Neukölln-Problem-Beiträge perfekt kopiert, während dramatisch das Schaufenster eines verwaist aussehenden Spielwarenladens im brandenburgischen Hinterland eingeblendet wird. Wenig später konfrontiert Klaas eine Bäckereifachangestellte. "Bezahlen Sie hier Schutzgeld oder gehören Sie dazu?", fragt der Moderator mit ernster Stimme. Die Frau erwidert trocken: "Haben'Se irgendwat jetrunken oder wat?"

Demnächst läuft die zweite Staffel von 4 Blocks an. Wenn den Machern für Staffel Nummer drei die Kriminellen in Neukölln ausgehen sollten, lohnt sich vielleicht ein kleiner Abstecher nach Mittenwalde.

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