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So selten besuchen Deutsche Auschwitz

​Der AfD sind diese Zahlen wohl aber immer noch zu hoch.
imago | ZUMA Press

Als die Soldaten der Roten Armee am 27. Januar 1945 das Konzentrationslager Auschwitz in Südpolen erreichen, finden sie 7.600 Gefangene und 650 Leichen. Fast 60.000 weitere Gefangene marschieren zu dem Zeitpunkt nach Westen, die SS hat sie auf Befehle Himmlers zum Todesmarsch gezwungen.

Die Sowjetsoldaten entdecken in dem Lager außerdem 843.000 Herrenanzüge, 837.000 Frauenkleider und 7,7 Tonnen Menschenhaar. Spätestens jetzt wird ihnen klar, was für Gräueltaten hier passiert sind.

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Zwischen 1940 und 1945 wurden schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz deportiert. Die meisten von ihnen wurden dort getötet.

Heute ist der Ort des Grauens eine Gedenkstätte, die Menschen aus der ganzen Welt besuchen. 2016 kamen so viele wie nie zuvor – mehr als zwei Millionen. Doch obwohl die Autofahrt von Berlin dorthin nur knapp sechs Stunden dauert und ein Flug ins nahegelegene Krakau sogar nur eineinhalb Stunden, hinken Deutsche in der Besucherstatistik weit hinterher.

Aus Polen kamen 424.000 Menschen, aus dem Vereinigten Königreich 271.000 und den USA 215.000. Aber lediglich 92.000 Deutsche besuchten das KZ, damit liegen sie an siebter Stelle.

Die Bürger des Landes, in dem das Vernichtungssystem erdacht wurde, scheinen sich deutlich weniger für die Gedenkstätte zu interessieren als andere. Auch Jan Böhmermann fiel das auf (er benutzt die älteren Besucherzahlen von 2014):

Der AfD sind das vermutlich noch zu viele Menschen. Björn Höcke, der Thüringer Landeschef, redete erst vergangene Woche von einer "dämlichen Bewältigungspolitik". Und die baden-württembergische Fraktion brachte Anfang der Woche einen Antrag ein, Fördergelder für die NS-Gedenkstätte Gurs in Frankreich zu streichen. Sie forderte auch, dass es Schulexkursionen nur noch zu "bedeutsamen Stätten der deutschen Geschichte" geben soll.

Der Redaktionsleiter der ARD-Sendung Monitor, Georg Restle, kommentiert das Verhalten der AfD wie folgt: "Eine solche Partei darf in diesem Land keinen Erfolg haben. Das sind wir – jeder einzelne von uns – den Millionen Ermordeten von Auschwitz oder Treblinka, von Sobibor oder Majdanek schuldig."

Wer sich gegen das Vergessen engagieren will, kann es wie Restle tun: Als 17-Jähriger arbeitete er drei Wochen lang freiwillig in einem Vernichtungslager. Geschichten anderer Freiwilliger hat Spiegel Online gesammelt. Bewerben kann man sich beispielsweise bei der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste.

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