In Wien angekommen lernt man das Öffinetz, die Anonymität, die städtische Vielfalt und das Nacht- beziehungsweise Freizeitleben zu schätzen. Immer wieder vergleicht man die Bundesländer miteinander und erkennt, dass sowohl Wien als auch Vorarlberg ihre guten und schlechten Seiten haben und schiebt es erstmal auf die lange Bank, sich für seinen weiteren Weg entscheiden zu müssen. So erging es auch mir vor ungefähr anderthalb Jahren. Anfangs war es klar, dass es nach dem Studium wieder ruckzuck nach Vorarlberg gehen würde, aber je länger ich hier bin, desto mehr liebe ich Wien – und sogar die Wiener.Damit bin ich als Wahl-, Neo-, Exil-, oder Whatever-Wiener aber nicht alleine, denn momentan sind von den rund 324.000 aus den restlichen Bundesländer zugezogenen Wienern zirka 8200 aus dem Ländle. Das klingt vorerst recht marginal, aber wenn man erst mal in Wien ist, trifft man häufiger auf Vorarlberger als so manchem lieb ist.Wahrscheinlich begegnet man auf seinem täglichen Weg öfters Steirern, Kärntnern oder omnipräsenten Oberösterreichern, aber bei Vorarlbergern fällt der unverwechselbare Dialekt eben sofort auf. Da reichen auch nur drei Worte, die man im Vorbeigehen mithört. Für die Klugscheißer unter euch: In Österreich spricht man grundsätzlich bairische Dialekte. Vorarlberg hat einen alemannischen Dialekt, deshalb ist auch der Unterschied so groß.Der deutsche Fußballspieler Erik Meijer hat zwar in einem Interview mal behauptet, dass "nichts scheißer ist als Platz Zwei", aber dennoch hat Vori meistens einen ganz besonderen Platz im Herzen eines jeden Abgereisten.
Das eigentliche Problem ist aber gar nicht der Dialekt per se, sondern eher der Zwiespalt, in den man durch ihn gerät. Schließlich wird einem in der Heimat eingetrichtert, dass man ja aufpassen soll, dass man seinen Dialekt nicht verlernt. Und ab dem Auszug erinnert jeder Besuch im Ländle an einen Vokabeltest aus der Volksschule, bei dem abgeprüft wird, ob auch alle Wörter aus dem komplizierten Gsi-Slang noch sitzen. Befindet man sich dann aber wieder in Wien, wundert man sich, wenn man beim enthusiastischen Erzählen der Erlebnisse des vergangenen Wochenendes nur verlegen angegrinst wird, weil keiner versteht, was da aus deinem Mund kommt.Das führt öfters zu der Annahme, dass Hochdeutsch etwas ist, das im Ländle abgelehnt wird. Deshalb stellen wir das jetzt einfach ein für alle Mal klar: Ja, liebe Wiener, Vorarlberger sind in der Lage, Hochdeutsch zu reden. Wir strengen uns auch extra für euch an, wenn ihr "Haha, VoRADLBerg" sein lasst. Deal?In Vori spricht man viele verschiedene Dialekte. Die einen klingen eh halbwegs verständlich, während die anderen eher an einen betrunkenen Isländer erinnern.
Der wohl größte Vorteil am Exilleben in Wien ist für einen Vorarlberger der Umgang mit anderen Vorarlbergern. Während in der Heimat die präferierte Biermarke locker Grund für eine hitzige Debatte sein kann, freut man sich in Wien immer, wenn man irgendwo den vertrauten Dialekt hört. Meistens dauert es dann nicht lange, bis das erste "He, du bisch doch usm Ländle, oda?" fällt. Was danach folgt, ist ein ausgelassenes Gespräch über Familienstand, Studium und Grundbesitz ("hosch Böda?").Wenn man es aber wirklich darauf anlegt, Voris kennenzulernen oder sich unter seinesgleichen aufhalten will, sollte sich nicht von der Vorarlberger Allee blenden lassen, sondern lieber nach Meidling fahren. Dort gibt es nämlich die berüchtigten Erath-Wohnungen, die bevorzugt an Vorarlberger vergeben werden. So bildet sich um die Ruckergasse im 12. Bezirk ein wahres Vori-Eldorado, in dem jeder jeden kennt. Jedes Mal, wenn ich dort auf Besuch bin ist es wie ein neuer Eintritt in eine Parallelwelt. Man muss sich keinen Satz zweimal überlegen, bevor man ihn sagt und die Käsknöpfle schmecken wie daheim.Ab dem Auszug erinnert jeder Besuch im Ländle an einen Vokabeltest aus der Volksschule, bei dem abgeprüft wird, ob auch alle Wörter aus dem komplizierten Gsi-Slang noch sitzen.
In der Tonstube hat man bei Turbo-Gin noch immer mindestens 10 Bekannte getroffen und manche Vorarlberger haben sich gerade mit ihren Partys einen Namen gemacht. Im Sass trifft man sich regelmäßig zum Ländle Takeover, was viel harmonischer abläuft als es klingen mag. Das DJ-Team von Soundterasse hat sich längst auch außerhalb von Vorarlberg einen Namen gemacht. Auch die Jungs von Mann & Klamm legen öfters auf Afterhours oder auf anderen Partys auf, auf denen immer ein paar Gsi-Rufe zu hören sind.Wo wir auch schon beim Ländle-Output wären. Abgesehen von den DJs lebt nämlich auch der Vorarlberger Rapper Phil Fin seit Jahren in Wien und bildet zusammen mit dem Wiener DJ King das Duo Penetrante Sorte – freundlicherweise erklären sie dem Rest von Österreich sehr melodisch, was ein "ghöriga Gsi" in seinem Alltag so treibt. Auch die Betreiber der Tonstube sind Vorarlberger. Der Mehrwert für Wien zeichnet sich also deutlich ab: Käse, Bier, Musik und Afterhours werden importiert.Meistens dauert es nicht lange, bis das erste "He, du bisch doch usm Ländle, oda?" fällt. Was danach folgt, ist ein ausgelassenes Gespräch über Familienstand, Studium und Grundbesitz ("hosch Böda?").