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Aktivisten wollen die Berliner 1.-Mai-Demo in ein Villenviertel verlegen

"Grunewald ist politisch ein abgeschriebener Bezirk, viele Bewohner*innen leben durch Zäune isoliert in einer Parallelgesellschaft", so ihre Begründung.
Beide Fotos: imago

Der 1. Mai in Berlin steht traditionell für Großdemonstrationen, schwarz vermummte Demonstranten, schwarz vermummte Polizisten und vor allem: jede Menge Krawall. Zwar wurden die Linksradikalen, die alles vollsprühen, in den letzten Jahren mehr und mehr durch Myfest-Sauftouristen ersetzt, die alles vollpinkeln – aber trotzdem ist immer noch genug Krawall für alle da. Und natürlich findet die ganze Sause jedes Jahr immer an derselben Stelle statt: im Herzen Kreuzbergs, dessen Bewohner gar nicht wissen, ob sie sich mehr über die Touristen, die Demonstranten oder die Armee von Polizisten vor der Haustür freuen sollen.

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Nur: Warum sollen eigentlich nur die Kreuzberger am 1. Mai Spaß haben dürfen? Haben andere Bezirke nicht auch das Recht, mal so richtig Bambule zu erleben? Das dachten sich offenbar auch die Aktivisten vom "Quartiersmanagement Grunewald" – einem extra für die Aktion gegründeten Ableger des linken Netzwerks "Hedonistische Internationale" – und haben kurzerhand eine 1.-Mai-Demo im beschaulichen Villenviertel Grunewald angemeldet.

"Warum immer Kreuzberg? Warum nicht mal in einem richtigen 'Problembezirk' auf die Straße gehen?" Das ist die Botschaft des Flyers, der zunächst auf Twitter verbreitet wurde. "Dort, wo das sonnige Zerrbild der dunklen Schattenseite des Kapitalismus ihre [sic!] Maibowle süffelt, wollen wir mit Lärm, Wumms und Straßendreck einfallen." In einem zweiten Flyer bemühen die Aktivisten eher soziale Gründe für ihre Demo: "Grunewald ist politisch ein abgeschriebener Bezirk, viele Bewohner*innen leben durch Zäune isoliert in einer Parallelgesellschaft", schreiben sie. "Unsere breit aufgestellte Interventionsstrategie bietet den Bewohner*innen […] die Möglichkeit, das Verantwortungsbewusstsein zu stärken, die soziale Durchmischung zu fördern und sich über milieuübergreifende Perspektiven zu informieren."

Mit dabei sind auch eine Reihe von Bands wie "The Incredible Herrengedeck" und "Esels Albtraum". Wer glaubt, dass das alles nur ein Scherz ist, liegt falsch – ein Anruf bei der Berliner Polizei ergibt: Es ist tatsächlich eine "satirische" Demonstration mit 200 Teilnehmern angemeldet. Elenos Schickhäuser-Gosse, die Sprecherin des "Quartiersmanagements", hofft aber noch auf deutlich mehr Teilnehmer. "Wir wachsen gerade wie ein kleiner Embryo", erklärte sie gegenüber VICE. "Wir hoffen auf Tausende Teilnehmer am 1. Mai!"

Los geht's um 14 Uhr am S-Bahnhof Grunewald, wo es um 18 Uhr auch wieder enden soll. Vielleicht eine gute Gelegenheit, gegen den Kapitalismus zu protestieren und sich dabei gleichzeitig ein paar schicke Villen anzuschauen!

Update: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es fälschlicherweise, die Aktion komme von Aktivisten des Peng!-Kollektivs. Das stimmt nicht, wir entschuldigen uns für den Fehler.

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