Rotterdam: Polizei will Leute mit Designer-Klamotten überprüfen
Alle Fotos: Victor van Drielen

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Rotterdam: Polizei will Leute mit Designer-Klamotten überprüfen

Wenn du nicht beweisen kannst, dass dein teures Outfit wirklich dir gehört, können Polizisten es konfiszieren.

Wenn du das nächste Mal nach Rotterdam reist, dann pass besser auf, was du anziehst. Sonst könnte es sein, dass die Polizei dich auszieht und du nackt weiterlaufen musst. Die Polizei will in Zukunft junge Menschen kontrollieren, die teure Designer-Klamotten tragen. Wenn du nicht beweisen kannst, dass deine schicken Gucci-Slipper nicht mit ehrlich verdientem Geld bezahlt wurden, dann können die Beamten sie direkt einkassieren. Bevor die Behörden die neue Maßnahme einführen, machen die Polizisten eine spezielle Fortbildung mit – wahrscheinlich, um den Unterschied zwischen Giorgio Armani und Georgio Peviani zu erkennen.

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Die Behörden wollen junge Kriminelle abschrecken. Die Rotterdamer selbst halten die Maßnahme für illegal und finden, dass sie Racial Profiling begünstigt. Diesem Vorwurf entgegnete Polizeichef Frank Paauw, dass die Polizisten nur bereits in ihrer Datenbank vermerkte Menschen anhalten und befragen würden.


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Um herauszufinden, wie sie über die Pläne der Polizei denken und wie sie bei einer solchen Kontrolle reagieren würden, haben sich unsere niederländischen Kollegen von jungen Rotterdamern erzählen lassen, was sie davon halten.

Quincy, 20 (links), und Jurian, 20

VICE: Wie findest ihr es, dass die Polizei bald Menschen anhalten und zu deren teuren Klamotten befragen kann?
Jurian: Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Ist das überhaupt legal? Könnte man den Beamten außerdem nicht einfach sagen, dass die Klamotten irgendeinem Verwandten gehören? Ich meine, wie wollen die das überprüfen?

Wie würdet ihr auf eine solche Kontrolle reagieren?
Jurian: Ich hätte damit kein Problem, die Beamten machen ja auch nur ihre Arbeit. Wenn sie allerdings anfangen, wirklich Klamotten zu konfiszieren, dann bleiben viele Leute bestimmt nicht so entspannt.
Quincy: Die meisten jungen Menschen können mit Sicherheit nicht an Ort und Stelle beweisen, wie sie zu ihren Klamotten gekommen sind. Diese Maßnahme sorgt auf jeden Fall für noch mehr Spannungen zwischen der Polizei und den Bürgern.

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Welche Folgen wird das sonst haben?
Quincy: Auf jeden Fall mehr Racial Profiling. Wenn ein Weißer in einer teuren Jacke herumläuft, halten die Polizisten ihn bestimmt nicht direkt für einen Drogendealer. Bei Minderheiten sieht das allerdings ganz anders aus.

Charmaine, 31

Was hältst du von der neuen Maßnahme der Rotterdamer Polizei?
Charmaine: Ich kann verstehen, wenn man 11- bis 14-Jährige anhält, die in ärmeren Gegenden der Stadt mit teuren Jacken herumlaufen. Ansonsten finde ich das total lächerlich. Heutzutage findet man gerade im Internet doch schnell Markenklamotten zu günstigen Preisen. Außerdem hat niemand das Recht, mir vorzuschreiben, was ich anziehen darf und was nicht.

Was, wenn die Beamten deine Klamotten konfiszieren?
Dann würde ich richtig ausrasten. Ich bin schließlich erwachsen und kann anziehen, was ich will. Das wäre ein Eingriff in meine Privatsphäre – und so etwas lasse ich nicht zu. Glaub mir, wenn es sein muss, kann ich kann sehr angriffslustig sein.

Bram, 21 (links), und Silas, 19

VICE: Ist es in Ordnung, dass die Polizei eure Klamotten kontrollieren darf?
Bram: Ich hab mich zu dem Thema schon ein bisschen informiert. Einen wirklichen Plan gibt es noch nicht. Und ohne festgelegte Richtlinien führt das Ganze nur zu Racial Profiling. Zwar heißt es, dass die Polizisten nur Leute überprüfen wollen, die schon mal auffällig geworden sind, aber das ist doch gar nicht so leicht. Außerdem kaufen doch meistens die Eltern ihren Kindern das teure Zeug.

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Versteht ihr die Intention der Polizei?
Silas: Nein. Ich halte das allgemein für eine schlechte Idee. Viele junge Menschen haben heutzutage doch schon richtige Jobs.
Bram: Ich verstehe das auch nicht. Die Polizei sollte sich lieber um tatsächliche Verbrechen kümmern. Ich bezweifle eh, dass viele Kriminelle in teuren Klamotten rumlaufen. Vielleicht wirkt das Ganze aber abschreckend auf die Leute, die mit solcher Kleidung nur angeben wollen.

Donna, 17

VICE: Wie stehst du zu den Plänen der Rotterdamer Polizei?
Donna: Es ist nur schwer zu beweisen, dass ein Kleidungsstück kein Geschenk war. Solche Maßnahmen werden das Verhältnis zwischen den Rotterdamern und der Polizei garantiert nicht entspannen.

Was würdest du bei einer solchen Kontrolle denken?
Ich hätte das Gefühl, dass die Beamten mir nicht trauen. Einerseits verstehe ich das Ganze schon, weil diese Klamotten eng mit dem sozialen Status zusammenhängen – und den will niemand verlieren. Andererseits glaube ich nicht, dass es wirklich gegen das Verbrechen hilft, den Leuten ihre Kleidung wegzunehmen.

Jainy, 31

VICE: Wie findest du die Vorstellung, wegen deiner Klamotten angehalten und kontrolliert zu werden?
Jainy: Da wird eine Grenze überschritten, das ist doch eine Form der Voreingenommenheit. Man sollte einen Menschen nur nach dem bewerten, was er tut.

Verstehst du die Absicht der Polizei?
Nicht wirklich. Die Beamten sollten sich lieber um wirkliche Verbrechen kümmern. Solche Maßnahmen lösen keine Probleme, sondern bekämpfen nur die Symptome. Ich selbst besitze auch teure Klamotten. Und genauso wie jeder andere Mensch sollte ich diese Klamotten tragen dürfen, wann und wo ich will.

Wie würdest bei einer Kontrolle reagieren?
Ich würde kooperieren, es ist ja immer noch die Polizei. Ich hätte aber auch keine Angst davor, den Beamten meine Meinung zu geigen. Ich finde es inakzeptabel und unmenschlich, Menschen nur wegen ihrer Klamotten zu kontrollieren.

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