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G20

Alles, was du über die Folgen der G20-Krawalle wissen musst

Politiker fordern Extremistendatei, Polizei fasst Hunderte Straftäter. Und wer ist eigentlich schuld an allem? Eine Übersicht.
Foto: Rebecca Rütten

Es ist der Montag nach dem G20-Gipfel: Die Teilnehmer sind abgereist, die Autos gelöscht und Pflastersteine wieder verlegt. Fast scheint es, als hätten Teile Hamburgs am Wochenende nicht ausgesehen wie ein Schlachtfeld, wo Molotow-Cocktails flogen und Vermummte Geschäfte plünderten, von dem Rauchsäulen aufstiegen und das am Ende vor allem Fassungslosigkeit umgab. Nach Angaben der Hamburger Polizei gab es insgesamt 476 verletzte Beamte, 186 Menschen wurden festgenommen, 225 in Gewahrsam gesteckt.

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Aber wir sind schließlich Deutschland, hier wird Ordnung großgeschrieben. Und so haben mehr als 10.000 Freiwillige in Hamburg aufgeräumt, die Straßen gefegt und Müll entfernt.

Doch in der Politik lodern die Flammen jetzt erst richtig hoch. Ein Überblick über die Geschehnisse seit dem Ende des Gipfels.

Wer ist schuld – Merkel oder Scholz?

Eine große Frage bleibt nach den Eskalationen des Wochenendes: Wer ist schuld? Die Finger zeigen vor allem auf zwei Personen: Angela Merkel und Olaf Scholz. Die Bundesregierung hatte entschieden, den Gipfel in Hamburg zu veranstalten. Trotzdem ist es weniger die Kanzlerin und mehr der SPD-Bürgermeister der Hansestadt, der nun in der Kritik steht. Grund dafür sind auch Sätze wie dieser, die er vor dem Gipfel sagte: "Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren." Oder auch: "Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus."

Die Opposition, die Deutsche Polizeigewerkschaft und die Bürger Hamburgs greifen ihn dafür an, einige fordern sogar seinen Rücktritt. Er habe die Gefahr unterschätzt und Warnungen ignoriert. "Viele sind sehr erschrocken, ich bin es auch", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz am Sonntag. "Solche Dinge dürfen doch in unserem Hamburg nicht vorkommen."

Angela Merkel wollte die Welt währenddessen vor allem eins wissen lassen – dass der Gipfel "gute Ergebnisse" hervorgebracht habe. Außerdem versprach sie den betroffenen Hamburgern Entschädigungen.

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Härteres Vorgehen gegen Linksextremisten gefordert

Viele kritisieren außerdem Linksextreme und auch Linke generell. So wie der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, der in der Bild-Zeitung schreibt: "Der Linksextremismus wurde zu lange verharmlost. Unter Salonkommunisten gibt es Verständnis für die angeblichen Motive, die Welt besser zu machen. Mit Vulgärkritik am Kapitalismus bereitet man Linksextremen den Boden."

Auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) will stärker gegen Linksextreme vorgehen, die Schließung des autonomen Zentrums Rote Flora in Hamburg "wird zu prüfen sein". Er sagte: "Es sind dort Beweise für Straftaten in großer Menge festgestellt worden. (…) Wir dürfen keine rechtsfreien Räume dulden. Wo zu Gewalt aufgerufen wird, dürfen wir das nicht zulassen." Programme gegen Linksextremismus, die in der Vergangenheit gekürzt wurden, wolle man nun zurücknehmen.

Der Innenausschuss-Vorsitzende des Bundestags, Ansgar Heveling (CDU) forderte in der Mitteldeutschen Zeitung ebenfalls, in Rückzugsorten der Linksautonomen wie der Roten Flora und der Rigaer Straße in Berlin dürfe der Staat keine rechtsfreien Räume zulassen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte währenddessen die gegnerischen politischen Parteien: "Teile der SPD, große Teile der Grünen und total die Linkspartei" hätten in der Vergangenheit nichts von Linksextremismus hören wollen. Schon seit Jahren würden Linksautonome unterschätzt. Und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Jahrelanges Wegschauen und Wegducken, falsche Liberalität gegenüber Rechtsbrechern, hat sich jetzt bitter gerächt."

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Günter Krings, Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, forderte gegenüber der Berliner Zeitung, der Hamburger Senat müsse einen Plan vorlegen, "wie er den rechtsfreien und staatsverachtenden Sumpf in Teilen seiner Stadt trockenlegen will".

Auch der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, meldete sich zu Wort. Er sagte der Funke-Mediengruppe, es habe sich um eine "neue Dimension linksterroristischer und autonomer Gewalt" gehandelt. Deshalb erwarte er Urteile mit abschreckender Wirkung gegen die Gewalttäter.

Hunderte Straftäter bei G20-Grenzkontrollen gefasst

Vor dem G20-Gipfel hatte die Polizei für einen Monat Grenzkontrollen eingeführt, dabei hat sie wohl etliche Straftäter gefasst. Laut einem Bericht von Zeitungen der Funke-Mediengruppe soll sie bis Samstag um Mitternacht 673 offene Haftbefehle für Straftaten vollstreckt haben. Diese standen aber nicht mit dem Gipfel in Zusammenhang. Mit den Kontrollen sollten mögliche Unruhestifter von der Einreise abgehalten werden, noch bis Dienstag werden sie durchgeführt.

Politiker wollen Extremistendatei

Innenpolitiker von SPD und Union verlangen die Einführung einer Extremistendatei. "Dann hätten die Behörden einen besseren Überblick über Gewalttäter und könnten Meldeauflagen auch im Ausland verhängen", sagte Eva Högl, Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber der Rheinischen Post . CSU-Politiker Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, hält eine europäische Kartei für Linksradikale für sinnvoll und unterstützenswert. "Die unfassbaren und brutalen Gewaltexzesse zeigen auf besorgniserregende Weise, dass in Deutschland aber auch in vielen anderen europäischen Ländern eine sehr aktive linksextremistische Szene existiert", sagte Mayer. "Die vor dem G20-Gipfel begonnenen Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen sollten daher fortgesetzt werden." Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sprach sich für die Datei aus.

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