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Rechtsextremismus

Rechte Hooligans greifen Künstler an, damit Köln sicherer wird

Es soll zu Jagdszenen gekommen sein – inklusive Hitlergruß.
Symbolfoto: Rechte Demonstranten am Kölner Hauptbahnhof 2016 | Foto: imago | Eibner

Hotspot für Dealer, Messerstechereien, Totschlag – die Polizei ist mittlerweile täglich präsent am Ebertplatz in Köln. Vor drei Wochen stachen mehrere Männer einen 22-Jährigen bei einem Streit nieder und verletzten ihn tödlich. Eine Woche später griffen zwei Männer mit abgebrochenen Flaschen zwei andere an. Einige Medien reden von einer "No-go-Zone".

Mit einem Festival mit Ausstellungen und Performances wollten Künstler am Samstag ein Zeichen gegen die Kriminalität setzen. Doch gegen 18 Uhr soll eine Gruppe von 15 "rechtsextremen Hooligans" auf dem Platz randaliert haben, schreibt der Kölner Stadt-Anzeiger. Dabei sollen Bierflaschen zersplittert, die Künstler angepöbelt und eine schwarze Frau bedrängt worden sein. "Sie beschimpften uns als Künstlerpack, drohten mit Prügel und riefen, wir bekämen es nicht hin, die Situation auf dem Ebertplatz zu beruhigen, da müssten wohl erst sie kommen", wird ein Augenzeuge vom Kölner Stadt-Anzeiger zitiert. Laut der Seite "Köln gegen Rechts" beschreibt ein Galerie-Betreiber die Lage ähnlich: "Um 14 Uhr kamen Hooligans auf den Ebertplatz, liefen vor unserer Galerie herum und störten die gerade laufende Kunstperformance. Sie warfen Gegenstände um und beleidigten die BesucherInnen." Zudem sollen sie nach "zwei Schwarzen" getreten haben. Die heranrückende Polizei soll sich anschließend "Jagdszenen" mit den Rechtsradikalen geliefert haben.

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Die Stadt Köln überlegt derzeit, wegen der anhaltenden Kriminalität den verwinkelten und teilweise unterirdischen Platz an vier Ausgängen zuzumauern. Zwei afrikanische Bars, ein Kopiergeschäft und vier Kunstvereine müssten dann schließen. Auch dagegen wollten die Künstler protestieren.

Ein Polizeisprecher bestätigte gegenüber VICE die Zeugenaussagen über Auseinandersetzungen. Zwei Männer im Alter von 45 und 55 Jahren wurden demnach "wegen ihres aggressiven Verhaltens" in Gewahrsam genommen. Gegen den Älteren leiteten die Beamten ein Strafverfahren ein wegen "volksverhetzender Äußerungen gegen Schwarzafrikaner". Zudem ermittelt die Polizei gegen einen bislang Unbekannten wegen des Zeigens eines Hitlergrußes. Von acht weiteren Männern wurden die Personalien aufgenommen, alle erhielten einen Platzverweis.

Die Randalierer waren aber nicht die einzigen Rechten, die den Ebertplatz am Samstag zur Selbstdarstellung nutzten. Schon am Vormittag hatte die Kölner AfD eine Versammlung abgehalten, "um Flagge angesichts der jüngsten Vorkommnisse dort zu zeigen". Am frühen Nachmittag versammelten sich dann etwa 60 Männer aus dem "extrem gewaltbereiten Spektrum der sogenannten Bürgerwehren und der Hooliganszene", wie Klaus Lober vom Bündnis "Köln gegen Rechts" erklärt. Dass es sich bei den Männern um Hooligans handele, wisse die Kölner Polizei von den Männern selbst. "Die Männer sagten uns, dass sie Hooligans seien und Präsenz zeigen wollen", so ein Sprecher zu VICE. Er könne aber nicht sagen, ob es eine Verbindungen zwischen AfD-Versammlung und rechten Hooligans gibt, "da das Auftreten beider Gruppen zeitlich versetzt war".

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Die Angreifer vom Ebertplatz sollen vor den Ausschreitungen laut Kölner Stadt-Anzeiger "Frauen angeboten haben, sie zu ihrer Sicherheit nach Hause zu begleiten". Solche Bürgerwehren hatten sich schon nach den Vorkommnissen in der Kölner Silvesternacht in der Stadt zusammengetan und Ausländer attackiert. Bevor es zur Randale kam, filmten sich die Hooligans. Ein Nutzer teilte ein Video auf Facebook, in dem sich die Männer für ein Gruppenfoto aufstellen. Unter dem über 80 Mal geteilten Post schreiben die User rassistische Kommentare wie "Die Säuberung kann beginnen stabil" oder "Da wird sich mal um die Nutella-Bande gekümmert" über die meist afrikanischen Dealer. Die Polizei wird im Video und Kommentaren als "Blaue Funke" bezeichnet, einem Karnevalsbegriff.

"Es steht zu befürchten, dass die Situation am Ebertplatz weiter eskaliert und hier ein Schauplatz rechtsextremistischer Hetze und Gewalt entsteht. Jetzt gilt es dringend zu verhindern, dass sich extrem rechte Gewalt in Köln etabliert", so ein Sprecher der Initiative "Köln gegen Rechts". Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob will in Zukunft gegen solche rechten Treffen vorgehen. "Ich werde weiterhin alles Notwendige veranlassen, damit Rechtsextreme den Ebertplatz nicht für ihre perfide Stimmungsmache missbrauchen können", zitiert ihn eine Pressemeldung der Polizei.

"Wir wollen den Platz zurückerobern" war ein Motto der Künstler am Wochenende. Sollten die Stadt Köln und die Polizei nicht bald handeln, könnten ihnen die Rechten dabei zuvorkommen. Eine No-go-Area bliebe der Ebertplatz dann trotzdem.

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