Schuld an AIDS sind die Kondome, sagen Kreml-Experten

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Schuld an AIDS sind die Kondome, sagen Kreml-Experten

Ein staatliches Institut kennt die Lösung gegen die AIDS-Krise in Russland: Gegen Unzucht kämpfen statt verhüten.

Russland hat ein AIDS-Problem: Im Januar 2016 erreichte die Zahl der HIV-Infizierten eine Million. Und das sind nur die registrierten Fälle—die Dunkelziffer dürfte bei 1,5 Millionen liegen, schätzen AIDS-Experten in Russland. Das ist über ein Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: Ende 2014 gab es in Deutschland etwa 83.400 HIV-Infizierte, also etwa 0,1 Prozent.

Das staatliche Russian Institute for Strategic Research (RISR) weiß, wer an der russischen AIDS-Krise schuld ist: "Die Verhütungsindustrie ist am Absatz ihrer Produkte interessiert und will deshalb möglichst viele Minderjährige zu frühen sexuellen Beziehungen bewegen", sagte Anfang der Woche Igor Beloborodow vom RISR zu Abgeordneten des Moskauer Stadtparlaments. "Bis jetzt wurde keine bessere Verhütung gegen HIV erfunden als eine monogame—und ich betone heterosexuelle—Familie, die treu ist." Das berichtet die russische Zeitung Kommersant.

Um zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis zu kommen, brauchte das staatliche Analyseinstitut fast ein Jahr. 2015 wurde das RISR damit beauftragt, eine Strategie im Kampf gegen die AIDS-Krise in Russland zu erarbeiten. Der russische Präsident hatte das Institut 1992 persönlich gegründet. Laut Homepage forscht es zu Fragen der Nationalen Sicherheit und "Widerstand gegen der Falsifizierung der Geschichte."

Neben Kondomen nennen die Experten vom RISR noch folgende weitere Schuldige der HIV-Ausbreitung: Die Sexspielzeug- und die Porno-Industrie, die Russen zur Unzucht antreiben. Und den "westlichen" Umgang mit dem Problem, der die Rechte "der Risikogruppen wie LGBT und Drogenabhängige" in den Vordergrund stelle und nicht zu der traditionellen russischen Gesellschaft passe.

Bei der Leiterin der Gesundheitskommission des Moskauer Parlaments kam der Bericht gut an: "Wir müssen nicht AIDS bekämpfen, sondern Drogen und moralische Verdorbenheit", sagte sie. "Dieser Bericht wird eine große Bedeutung für unser weiteres Vorgehen haben." Diese Aussage macht Angst: Schon jetzt haben in Russland 70 Prozent der Erkrankten keinen Zugang zu Medikamenten. 2015 haben sich 93.000 Menschen in Russland neu infiziert—so viele wie noch nie. Das russische staatliche AIDS-Center schätzt: Ändert sich nichts, wird die Zahl der Infizierten bis 2019 auf zwei Millionen steigen.