FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

​Der VICE-Guide zur Demo gegen den Akademikerball

Damit ihr am Freitag ohne Bedenken demonstrieren gehen könnt, sagen wir euch, was ihr als Demonstranten dürft und wo die Rechte der Polizei liegen (und aufhören).
Alle Fotos von Florian Voggeneder

Kommenden Freitag steht der Akademikerball an. Der Andrang auf die Demonstration wird auch heuer wieder groß sein—und es werden nicht nur die Sozialistische Antifa (von Strache liebevoll als „SA" bezeichnet) und der Schwarze Block daran teilnehmen, sondern Studenten, Schüler und Bürger, denen es einfach nicht schmeckt, dass die Rechten jährlich in einem prestigeträchtigen Gebäude wie der Hofburg auftanzen.

Anzeige

Dass es auf Demonstrationen trotz guter Absichten aber nicht immer nur friedlich zugeht, wissen wir spätestens seit den Ausschreitungen, die nach dem Akademikerball 2014 im 1. Bezirk einen Sachschaden von 500.000 Euro verursachten. Auch, dass bei uns immer alles glimpflich ausgeht, stimmt seit dem Fall von Josef S. nicht mehr—der Jenaer Student saß nach den letztjährigen Protesten knapp sechs Monate in Untersuchungshaft und wurde wegen dem nicht ganz unumstrittenen Landfriedensbruch-Paragraphen verurteilt.

Fälle wie dieser sind für viele der Anlass, sich zwei Mal zu überlegen, ob man sich denn überhaupt noch auf eine Demonstration trauen kann. Damit ihr am Freitag aber ohne Bedenken demonstrieren gehen könnt, um den selbsternannten „neuen Juden" zu zeigen, was ihr von ihnen haltet, sagen wir euch, was ihr als Demonstranten dürft und wo die Rechte der Polizei liegen (beziehungsweise aufhören).

WAS DIE POLIZEI DARF

Alle Bilder von der Demonstration gegen den Burschenbund-Ball in Linz

In zivil unterwegs sein

Polizisten sind ja bekanntlich unser Freund und Helfer und auch am Abend des Akademikerballs im Einsatz, um die Situation in Schach zu halten, zu überwachen und zu entschärfen. Insgesamt werden rund um den Akademikerball etwa zwischen 2.500 und 2.800 Polizisten und 29 Polizei-Kamerateams im Einsatz sein—auch in zivil. Wie viele in zivil unterwegs sind, ist nicht bekannt.

Mitfilmen von Demonstranten

Heuer werden insgesamt 29 Kamerateams vor Ort sein. Dieses Ausmaß der Beweissicherung rund um den Akademikerball ist neu. Es wird nicht mit Körperkameras, sondern mit an Stäben befestigten Kameras gefilmt, um die Situation zu überwachen und festzuhalten, „wer was getan hat", wie Polizeipräsident Gerhard Pürstl gegenüber der Wiener ZeitungWiener Zeitung festgehalten hat.

Ausweiskontrolle

Die Polizei darf auch nicht grundlos eure Identität überprüfen und vor allem nicht die Taschen eines Demonstranten durchsuchen. Lediglich dann, wenn der Demonstrant festgenommen wurde oder in Verbindung mit einer strafbaren Handlung steht, darf ihn die Polizei durchsuchen und kontrollieren—ein begründeter Verdacht muss jedenfalls bestehen, da in Österreich keine grundsätzliche Ausweispflicht besteht. Genau so wenig kann ein Demonstrant, der keine strafbare Handlung begangen hat, einfach verhaftet werden. Die Ausnahme sind nicht-österreichische Staatsbürger, für die nach dem Fremdenpolizeigesetz Ausweispflicht herrscht.

Strafe wegen Platzverbot

Auch wenn ein Demonstrant sich einem ausgesprochenen Platzverbot widersetzt, kann er wegen einer Verwaltungsübertretung verhaftet werden und eine Geldstrafe von bis zu 360 Euro oder bei Nichtbezahlung alternativ eine Freiheitsstrafe zum Ausgleich verhängt bekommen.

Herausgeben der Dienstnummer

Die Polizisten, die auf der kommenden Demo im Einsatz sein werden, müssen laut Pressesprecher der Wiener Polizei Hahslinger keine Auskunft über ihre Dienstnummer geben. Was im Normalfall Pflicht ist, ist in diesem Ausnahmefall gesetzlich geregelt.

WAS DEMONSTRANTEN DÜRFEN

Vermummungsverbot

Das Vermummungsverbot ist in Paragraph 9 des Versammlungsgesetzes verankert und gilt daher nach wie vor. Das Verbot gilt lediglich nicht für Passanten, die sich in der Innenstadt aufhalten, so wie es im letzten Jahr der Fall war. Das heißt, es ist in jedem Fall gesetzlich verboten, sich zu vermummen und so unkenntlich zu machen, um die Identitätsfeststellung zu verhindern. Genau so wenig darf man Waffen jeglicher Art bei sich tragen—egal, ob man damit einem Menschen oder einem Gegenstand Schaden zufügen könnte.

Ausweispflicht

Wie gesagt besteht für Demonstranten grundsätzlich keine Ausweispflicht, sofern sie österreichische Staatsbürger sind keine strafbaren Handlungen begehen. Denn nur dann muss man seine Identität nachweisen können. Ist das der Fall und man leistet auch noch Widerstand gegen die Staatsgewalt, wird man angezeigt—entweder auf freiem Fuß oder die Angelegenheit wird dem Landesgericht übergeben.

Sich gegen Gefilmtwerden wehren

Wenn Demonstranten das Gefühl haben, sie werden gefilmt, können sie sich wegdrehen oder denjenigen auffordern, sie nicht zu filmen. Genauso wie zivile Polizisten haben aber auch Demobesucher grundsätzlich das Recht, das Geschehen zu filmen.

Landfriedensbruch-Paragraph

Besonders gern wird für Demonstranten der Landfriedensbruch-Paragraph geltend gemacht, da man aufgrund seiner schwammigen Definition und verschwimmenden Grenzen nicht immer eindeutig sagen kann, auf welche Personen und Handlungen er tatsächlich zutrifft: „Wer wissentlich an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, dass unter ihrem Einfluss (…) eine Körperverletzung oder eine schwere Sachbeschädigung begangen werde, ist, wenn es zu einer solchen Gewalttat gekommen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen." heißt es im Gesetzestext. Grundsätzlich sitzt man als Demonstrant am kürzeren Hebel und sollte sich auf einer Demonstration in jedem Fall so verhalten, dass man nicht rechtlich belangt werden kann. Das heißt: Verhaltet euch friedlich und handelt deeskalierend, anstatt aggressiv zu werden. Dann kann euch auch der Landfriedensbruch-Paragraph nichts anhaben, egal, wie er interpretiert wird. Generell ist es nur zu eurem eigenen Vorteil, wenn ihr der Aufforderung der Offensive gegen Rechts nach einer friedlichen Demonstration Folge leistet. Schließlich sollte es im Interesse der Demonstranten sein, dass Burschenschafter euch nicht bequem als wütenden Mob aus Linksradikalen, der die Innenstadt verwüstet, aburteilen können. Werft also keine Mülleimer um, lasst eure Guy Fawkes-Maske daheim, seid nett zu euren Mitmenschen—ja, damit meinen wir auch die Polizisten.

Verena auf Twitter: @verenabgnr