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DIE DIRTY LAUNDRY ISSUE

Überreste aus Gaza

Das, was in Gaza nach einem furchtbaren Krieg noch übrig ist. Eine persönliche Reise in den Nachkrieg.

Ich bin im September nach Gaza gereist, um mir ein Bild über die Traumata der Kinder und die karitative Arbeit vor Ort zu machen. Dort versuchen Wohltätigkeitsorganisationen wie ​Hope and Play und deren lokaler Partner, das ​Canaan Institute, das Leid zahlreicher Familien zu lindern. Meine Reise führte mich hauptsächlich durch Wohngegenden. Ich war schockiert vom Ausmaß der Verwüstungen, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen als „unbeschreiblich" bezeichnete. Die „Operation Protective Edge" der israelischen Verteidigungsstreitkräfte forderte in Gaza mehr als 2.000 Menschenleben und 11.000 Verletzte. Diese Zahlen des Lageberichts des Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten erinnern uns wieder einmal daran, dass es die unschuldigen Zivilisten sind, die am meisten unter Konflikten wie diesem leiden. Das 51 Tage andauernde Bombengefecht war für die 1,8 Millionen Einwohner Gazas der schlimmste der drei Kriege, die sich das Land in der jüngeren Geschichte mit Israel lieferte. Ganze Stadtteile wurden dem Erdboden gleichgemacht und 18.000 Menschen verloren ihr Zuhause.

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Dieser Krieg steht für einen Verlust der Sicherheit in einem Gebiet, das sich ohnehin schon auf Messers Schneide befindet. In Gaza hat das Zuhause einen hohen Stellenwert. Aber an einem Ort, an dem es so wenig Sicherheit und Freiheit gibt, steht das Zuhause für etwas sehr viel Größeres. Es ist ein Ort der Freiheit und des Trosts. Ein Ort der Geborgenheit in einem Land, in dem dieses Gefühl eine Seltenheit ist. Ein Ort, an dem man seine Familie und die nachfolgenden Generationen bei Laune hält und ernährt. Generationen, die hoffentlich eines Tages ihren Frieden finden werden. Wenn ein sechsjähriges Kind bereits drei Jahre Krieg erlebt hat, dann ist das Bedürfnis nach Stabilität in den eigenen vier Wänden größer denn je.

Ich wollte die Verwüstung dieser Wohnungen und Häuser in meiner Fotoserie so darstellen, dass Leute auf der ganzen Welt sich damit identifizieren können. Meine Aufmerksamkeit war auf die Details gerichtet, von dem, was in den Trümmerhaufen übrig geblieben ist. Fragmente aus dem Leben der Menschen füllen die Bombenkrater und säumen die Straßenränder von Suja'iyya und Beit Hanoun, zwei der am schlimmsten betroffenen Viertel in Gaza. Ein Bügeleisen, eine Toilettenbrille, Spielzeug oder ein Glas, gewöhnliche Gegenständen in Millionen von Haushalten auf der ganzen Welt. Ich fotografierte sie genau dort, wo sie lagen, ohne die Motive zu manipulieren. Es war mir unangenehm, inmitten dieser Zerstörung mit meiner Kamera herumzustöbern. Viele der Häuser waren zu Gräbern geworden und an manchen Orten wühlten Leute noch Wochen nach Ende des Kriegs verzweifelt in den Trümmern in der Hoffnung, die Körper ihrer vermissten Familienmitglieder zu finden. Eine Familie, die ich kennenlernte, versuchte in ihrem alten Zuhause die Geschenke auszugraben, die ein Familienmitglied kürzlich zur Hochzeit bekommen hatte. Sie wünschen sich einen Tod in Würde und eine richtige Bestattung. Würde ist aber schwierig zu finden, wenn alle deine Besitztümer zerstört und die Überreste deines Hauses in der ganzen Stadt verteilt sind. Und genau deshalb macht sich bei mir beim Gedanken an diese Bilder ein unangenehmes Gefühl breit. Aber ich hätte diese Fotos nicht gemacht, wäre ich nicht von den Familien, die um mich herum ihre Sachen aufsammelten, dazu eingeladen worden. Und wenn ich mich beim Anblick der Bilder nicht unwohl fühlen würde, dann hätten sie ihren Zweck verfehlt, uns die Zerstörung in Gaza ein bisschen näherzubringen.

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