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Tinder

Die miesesten Überraschungen aus der Online-Dating-Wundertüte

Schlechte Dates kannst du nicht vermeiden. Aber ein schlechtes Gewissen beim Abservieren schon.
Titelbild von Don Hankins

Apps wie Tinder oder Blinq eröffnen neue Welten am Dating-Himmel potenter oder liebeshungriger Singles. Aber sie bringen auch ihre Tücken mit sich. Im Zeitalter von Instagram-Filtern, Photoshop und schnelllebiger Kommunikation gehen nur enorm verzweifelte Zeitgenossen mit ernstgemeinten Ansprüchen ins Blind Date. Wer normal in den oberen Etagen gestrickt ist, bringt zum Date in der Bar vor allem eins mit: Misstrauen. Denn oft sind die Profile nichts weiter als falsche Versprechen.

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Dein Date entpuppt sich als hässliche Cousine achten Grades deines Blinq-Matches

Eine Freundin von mir—wir nennen sie Laura—dachte, die wahre Liebe online gefunden zu haben. Sie erzählte mir von dem Typen, den sie auf einem Dating-Portal kennengelernt hatte und war sich absolut sicher, dass daraus etwas Ernsthaftes werden würde.

Sie zeigte mir Bilder eines gutgebauten, jungen Mannes. Er trug auf den Bildern eine Sonnenbrille oder war vom Gegenlicht so stark überblendet, dass sich sein Gesicht in den Tiefen der Anonymität verlor. Ich wies Laura darauf hin. Laura aber erzählte mir von ellenlangen Mails, die sie hin- und hergeschrieben hatten, ihrer auf der Hand liegenden Seelenverwandtschaft und dem bevorstehenden Date.

Foto von Alijah Villian; Flickr; CC BY-SA 2.0

Da Laura und ihr Sonnenbrillen-Dude auf Romantik und Drama standen, hatten sie ein Erkennungszeichen vereinbart. Beide würden am Zürcher Hauptbahnhof einen grossen, roten Regenschirm unter dem rechten Arm tragen. Als Laura unter der grossen Uhr am vereinbarten Treffpunkt stand und sich suchend umsah, tippte ihr jemand auf die Schulter. Laura drehte sich um und starrte in die dunklen Augen ihres Seelenverwandten. Doch auch genetisch liess sich die Verwandtschaft nicht von der Hand weisen: Ihr zwei Jahre älterer Cousin starrte sie schockiert an. Sein Regenschirm glitt zu Boden.

Ein Kumpel von mir hatte ein ähnlich traumatisierendes Erlebnis. Sein Blinq-Match hiess Marcela und war heiss. Seine Erwartungen waren gross: Die Bilder liessen von einer schlanken, dunkelhaarigen Frau träumen, ihre Nachrichten im Online-Chat von einer unkomplizierten Erwachsenen, die weiss was sie will. Mein Kumpel traf sich also mit Marcela in einer Bar.

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Äusserlich war Marcela scheinbar noch überzeugender, als auf ihren Bildern und mein Kumpel legte sich ordentlich ins Zeug, sie auf einen Schlummertrunk zu sich nach Hause einzuladen. Überreden musste er Marcela kaum und sie war—kaum bei ihm in der Wohnung angekommen—nicht mehr zu bremsen.

Mein Kumpel erwachte mit erschöpften Lenden und leichtem Muskelkater. Als er seine Augen aufschlug, blickte er direkt in Marcelas, die ihn hypnotisierend anstarrte. Mit hypnotisierend meine ich hypnotisierend. Sie wiederholte die Affirmation: „Du wachst nur auf, weil ich es will. Du bist ganz ruhig. Du denkst nur noch an mich. Du liebst mich." Marcela schien sich so sicher zu sein, ihren Aufriss komplett in die tiefen Sphären seines Unterbewusstseins geschickt zu haben, dass sie komplett die Fassung verlor, als dieser in Gelächter ausbrach. Sie lief rot an, rannte zur Toilette und schloss sich dort ein.

Foto von Daniela Brown; Flickr; CC BY-ND 2.0

Mein Kumpel bat sie zu gehen. Die gedämpfte Antwort durch die Badezimmertüre: „Nur wenn wir ab sofort eine Beziehung haben." Mein Kumpel informierte sie, dass er nun zur Arbeit gehen würde. Die Antwort: „Ich bleibe hier. Bis wir eine Beziehung haben." Effektiv losgeworden ist er seine Marcela dann am Abend. Trotzdem taucht sie immer wieder bei ihm zuhause auf, wenn er gerade ein Date hat oder an Veranstaltungen, wenn er diesen auf Facebook beigetreten ist.

Wenn du nicht mit dem pickligen Gesicht deines Dates leben kannst, dann handle.

Als Kind habe ich mir zu Weihnachten einen Experimentierkasten gewünscht, mit dem man Kristalle züchten kann. Die Verpackung versprach farbig funkelnde, faustgrosse Kristalle. Ich züchtete der Anleitung genauestens folgend eine weissgraue Schicht eines salzähnlichen Etwas. So ist es auch mit Blind-Dates. Sie halten selten, was sie versprechen und die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Schlechte Dates kannst du nicht vermeiden, aber den grossen Fehler des falschen Anstands schon.

Foto von Aaron Goodwin; Flickr; CC BY-ND 2.0

Statt dem Justin-Bieber-Verschnitt von den Online-Fotos sitzt du also einem spindeldürren Halbschuh gegenüber, der sich fürs App-Foto Tattoos aufgemalt hat. Du rechnest ihm zwar an, die eitrigen Pickel als hässlich identifiziert und wegretuschiert zu haben, fühlst dich aber ziemlich verarscht.

Sprich den Spargeltarzan auf die Foto-Live-Diskrepanz an. Hör ihm kurz zu und entscheide dich, ob seine intellektuelle Ader ausreicht, um gegebenenfalls doch mit ihm zu schlafen. Wenn Koitus völlig ausgeschlossen ist, schnapp deine Jacke und flüchte. Dein schlechtes Gewissen ist komplett fehl am Platz. Wer dich mit falschen Bildern bescheisst, kann auch deinen Drink bezahlen, den du vor dem Aufbruch unbedingt leeren solltest.


Titelfoto von Don Hankins; Flickr; CC BY 2.0