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Sexueller Missbrauch

Über 300 katholische Geistliche sollen in den USA 1.000 Kinder missbraucht haben

Doch die meisten werden wohl ungestraft davon kommen.
Archivbild von Ronald Gainer, dem aktuellen Bischof von Harrisburg, einer der betroffenen Diözesen || Foto: imago | ZUMA Press

1.356 Seiten. So lang ist der Bericht, den das oberste Gericht des US-Bundestaats Pennsylvania diesen Dienstag veröffentlichte – 1.356 Seiten über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Über 300 Geistlichen wird vorgeworfen, in den vergangenen 70 Jahren mehr als 1.000 Minderjährige missbraucht zu haben. Die Kirche habe die Taten obendrein systematisch vertuscht.

Generalstaatsanwalt Josh Shapiro sagte in einer Pressekonferenz, dass dieser Bericht das Ergebnis einer 18-monatigen Untersuchung in Pennsylvanias acht Diözesen gewesen sei. Zwei weitere Bistümer wurden ebenfalls untersucht, nachdem man auch dort auf Missbrauchs- und Vertuschungsfälle gestoßen war.

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Weil die Taten erst jetzt ans Licht kommen, ist allerdings ein Großteil der Fälle zu alt, um noch vor Gericht gebracht zu werden. Doch es gibt Täter, die jetzt angeklagt werden können.


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Das Geschworenengericht konnte unter anderem den Fall eines Priesters in der Diözese des Bezirks Erie präsentieren, der Kinder innerhalb der vergangenen zehn Jahren missbraucht haben soll, heißt es in dem Bericht. Von der Diözese selbst seien das Gericht auf den Täter hingewiesen worden. "Aber wir sind nicht zufrieden mit den wenigen Anzeigen, die wir machen konnten", sagte Josh Shapiro. "Diese repräsentieren nur einen kleinen Prozentsatz aller Missbrauchsfälle, die wir gesehen haben. Uns wird schlecht in Anbetracht der ganzen Verbrechen, die unbestraft und unentschädigt bleiben. Dieser Bericht ist unser einziges Mittel."

Detailliert listet die Schrift Tausende Fälle auf, in denen minderjährige Jungs und Mädchen, viele noch nicht mal in der Pubertät, manipuliert wurden – etwa mit Alkohol oder Pornografie. Viele Taten dürften Gläubige regelrecht vom Glauben abfallen lassen:

  • Ein Priester gab offen zu: "Ich habe einen Jungen sexuell missbraucht. Bitte, helft mir." Laut dem Bericht "kam die Diözese zu dem Schluss, dass 'die Erfahrung nicht unbedingt ein furchtbares Trauma' für das Opfer werden dürfte. Die Familie solle einfach 'eine Gelegenheit Dampf abzulassen' bekommen. Der Priester durfte mehrere Jahre weiter uneingeschränkt im Amt bleiben, trotz seiner eigenen Beichte."
  • Ein anderer Priester hatte Middle-School-Schüler – entspricht etwa der deutschen Unterstufe – zu Oralsex überredet. Er hatte den Kindern beigebracht, "wie Maria 'die Nabelschnur' von Jesus durchbeißen und ihn nach der Geburt 'sauberlecken' musste". Es sollte 15 Jahre und diverse Missbrauchsvorwürfe brauchen, bevor die Diözese den Priester endlich aus seinem Amt entfernte.
  • Kirchenvertreter wiegelten einen anderen Missbrauchsvorfall ab, weil "der 15-Jährige den Priester zu einer Beziehung 'regelrecht verführt' habe", heißt es in dem Bericht. Der Priester wurde verhaftet. Doch in einer Evaluation, die die Kirche dem Gericht vorlegte, nahm man zwar zur Kenntnis, dass der Priester "sadomasochistische" Aktivitäten mit mehreren Jungs zugegeben habe. Der Sadomasochismus sei aber nur "milde" gewesen und der Priester immerhin nicht "psychotisch".

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Für den Bericht soll eine halbe Million Seiten interner Diözese-Dokumente gesichtet und eine nicht näher genannte Zahl an Personen befragt worden sein. Doch es dürfte noch mehr als die nun bekannten mehr als tausend betroffenen Kindern geben. Das Geschworenengericht schreibt: "Wir gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl – von Kindern, deren Akten verschwunden sind oder die sich nicht getraut haben, vorstellig zu werden – in die Tausende geht."

Den vollständigen Bericht kannst du hier lesen:

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