FYI.

This story is over 5 years old.

Die längste Wahl der Welt

Die FPÖ ist ein schlechter Gewinner und gefährlicher als je zuvor

Die Wahlanfechtung war legitim. Die Reaktion der FPÖ auf den Sieg ist es nicht.

Auf ein Neues also. Der Verfassungsgerichtshof hat die Stichwahl aufgehoben, sie wird wohl Ende September oder Anfang Oktober wiederholt werden. Anders als manche Meldungen behaupteten, ist ein Urteil eines Höchstgerichts, das sich wenig um die politischen Auswirkungen schert, übrigens kein Zeichen für eine Bananenrepublik, sondern eigentlich für das Gegenteil—aber das nur am Rande.

Das kam nicht völlig überraschend; die Parteien hatten sich natürlich seit Tagen darauf vorbereitet. Die Reaktionen waren dementsprechend auch recht professionell. Alexander Van der Bellen kündigte an, die Stichwahl erneut gewinnen zu wollen, Doris Bures als Parlamentspräsidentin versprach Augenmaß bei der interiministischen Vertretung des Bundespräsidenten.

Anzeige

Alle reagierten im Großen und Ganzen besonnen. Alle? Nein. Ein kleines, blaues Dorf beschloss, bei einer Pressekonferenz in der Reichsratsstraße aus diesem beruhigenden Kanon auszuscheren.

FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache begann eigentlich gut. Es sei kein Tag zum Jubel, kein Tag zur Freude. Sondern ein Sieg des Rechtsstaats. Bis dahin konnte man noch eine leise Hoffnung haben, dass sich die FPÖ als guter Gewinner zeigt und auf einen Kurs einschwenkt, der das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen nicht mit Sturmgeschützen unter Feuer nimmt.

Doch das blieb nicht so. Plötzlich bestanden Strache, Wahlkampfleiter Kickl und Hausjurist Böhmdorfer (der die Anfechtung geschrieben hatte) mehrfach darauf, dass der VfGH nicht festgestellt habe, dass es keine Manipulationen gegeben habe.

Das war fast surreal und sorgte bei den anwesenden Journalist für entsetzte Gesichter. Völlig zu Recht. Natürlich hat der VfGH nicht festgestellt, dass es KEINE Manipulationen gab. Genauso wenig wie bisher festgestellt wurde, dass das Universum NICHT auf dem Rücken einer Schildkröte existiert oder KEINE mikroskopisch kleine Teekanne um die Erde kreist.

Die Bereitschaft der FPÖ, Institutionen zu beschädigen, erschreckt immer wieder.

So funktioniert Erkenntis einfach nicht. Die Beweispflicht umzudrehen ist eine beliebte und effektive Methode, um Zweifel zu säen. Aber es ist eben auch Bullshit. Wenn es keine Anzeichen für die Existenz von etwas gibt, kann man davon ausgehen, dass es nicht existiert. Das muss niemand widerlegen.

Anzeige

Um das hier noch einmal klar zu sagen: Der VfGH hat ausdrücklich gesagt, dass es keine Anzeichen für eine Manipulation gab. Das wissen Strache und Kickl natürlich auch. Dass sie jetzt so tun, als sei diese Frage offen, ist pures Kalkül.

Statt sich jetzt als guter Gewinner zu zeigen, sät man völlig ohne Not schon jetzt wieder Zweifel am nächsten Wahlergebnis. Mit der Folge, dass der harte Kern der FPÖ-Wähler Ergebnissen auf die Dauer nur Glauben schenkt, wenn sie auch gewinnen. Das ist gefährlich, grob fahrlässig und demokratieschädigend. Die Bereitschaft der FPÖ, Institutionen zu beschädigen, die sie ja eigentlich erobern will, erschreckt immer wieder.

Die FPÖ ist immer nur dann staatstragend, wenn es ihr nutzt. Das geht nicht.

Die Anfechtung der FPÖ hat dazu geführt, dass bestehende Gesetze bei Wahlen in Zukunft strikter eingehalten werden dürften und auch ein paar mehr oder weniger sinnvolle Änderungen kommen werden, die man sich zur Beurteilung im Detail anschauen muss. Dafür kann man der Partei fast dankbar sein.

Natürlich hat sie das aus egoistischen Gründen getan. Natürlich braucht man keine Sekunde zu glauben, es wäre der FPÖ dabei um die Demokratie gegangen. Aber grundsätzlich können auch Handlungen positive Folgen haben, die aus den falschen Motiven heraus entstehen. Das eine hat mit dem anderen nicht direkt etwas zu tun.

Es war legitim, dass die FPÖ die Wahl angefochten hat. Dass sie gewonnen hat, ist in einem Rechtsstaat hinzunehmen. Aber man kann völlig legitime Siege durch seine Reaktion auch kaputtmachen. Die FPÖ hat am Freitag wieder bewiesen, dass sie nur dann staatstragend ist, wenn es ihr nutzt. Man kann nicht auf Landesebene in Koalitionen sitzen und 2018 auch im Bund in die Regierung wollen und gleichzeitig die Fundamente der Demokratie untergraben. Das kann nicht funktionieren, und das müssen auch die potentiellen Partner SPÖ und ÖVP klar machen. Was die FPÖ am Freitagnachmittag und später auch noch im ORF aufführt hat, ist einer Parlamentspartei nicht würdig.

Jonas auf Twitter: @L4ndvogt