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Du kannst dein Instagram auch einfach löschen

Die Aufregung über die Snapchat-Kopie ist völlig gerechtfertigt. Wenn Plattformen nicht mehr das sind, für das sie stehen, verlieren sie ihren Sinn.
Foto: imago | Zuma Press

Instagram hat Snapchat kopiert. Ja, ihr habt richtig gelesen, sie verbergen das nicht hinter Floskeln, der CEO von Instagram nennt es eine Kopie. Für Silicon-Valley-Verhältnisse ist das wahrscheinlich sogar ziemlich ehrlich und cool. Blöd nur, dass das Feature nicht cool ist, aber dazu gleich mehr.

Immer, wenn sich in sozialen Netzwerken etwas verändert, sind alle erst mal entsetzt und rutschen voller Misstrauen auf das neue Terrain:

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Monsieur Hulot in Jacques Tatis Film "Mon Oncle" | via GIPHY

Nach dem kurzen Schock kommt die Aufregung: Was? Das macht alles kaputt! So war das auch schon, als Twitter—bekannt für die chronologische Timeline—plante, Tweets von Algorithmen sortieren zu lassen. "Genau wie Facebook", regte sich die Twitter-Front auf. Jetzt kommen die Instagram-Storys. Fotos, die in einer Diashow abgespielt werden. Sie können nicht öffentlich kommentiert werden, aber Empfänger können mit einer Nachricht antworten. Jeder kann einstellen, wer die Storys anschauen kann. Und sie verschwinden nach 24 Stunden. "Genau wie Snapchat", heißt es.

Schlage für die reflexhaften Reaktionen auf Updates in sozialen Netzwerken den Satz "Neue Aufregung ist verfügbar" vor #InstagramStories
Neue Version (@neueversion) 2. August 2016

Die Aufregung ist gerechtfertigt, genau wie es die Aufregung um die neue Twitter-Timeline war. Wenn Plattformen versuchen, wie andere zu sein, statt sich auf das zu konzentrieren, für was sie stehen, ist das meistens wie bei Menschen: scheiße.

Warum sind wir auf Instagram?

Vor fünf Jahren hatten nur die hippen Kids ihren Fotoblog mit quadratisch zurechtgeschnittenen Bildern. Facebook hatte Instagram da noch nicht gekauft. Fotos in der Wüste, Eminem-Konzert, wunderschöne Freunde an einem wunderschönen Fluss, in dem sich das Licht spiegelte. Kunst war das nicht, aber in den Augen von 15-Jährigen war es unerreichbar cool. Vor allem waren diese Bilder feinsäuberlich ausgewählt.

Den Selbstdarstellungshelden folgten Künstler, Illustratoren, Models. Dann stießen Normalos dazu. Es folgten verschwommene Party-Bilder mit pseudo-lustigen Insider-Hashtags, so meta, dass die Verfasser sie wahrscheinlich selbst nicht mehr verstanden. Irgendwann verknüpften auch die letzten ihren Instagram-Account mit dem Facebook-Profil, um all den Menschen folgen zu können, an deren Bildern sie doch eigentlich gar kein Interesse haben.

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Der Wunsch nach weniger Schrott in den Feeds ist zwar alt, aber richtig

Nun sollen wir also noch mehr Fotos aus Momenten unseres Lebens hochladen, lustige und nette Bilder, die nur einen Tag lang zu sehen sind. Aber ist Instagram nicht schon längst so flüchtig wie Snapchat? Scrollt irgendjemand wirklich runter bis Bild 476 oder sind diese Fotos quasi verschwunden?

Die Aussage, Mainstream würde die Coolness zerstören, ist zu einfach. Sie sind ja immer noch da, die coolen Menschen mit den perfekten Bildern, die Künstler von Bamberg bis New York. Aber es ist so einfach, Müll zu posten, wenn er sowieso verschwimmt zwischen Foodporn, Lip-Sync-Videos und Sonnenuntergangsbildern in den Timelines, die den Facebook-Freundeslisten gleichen. Der Wunsch nach weniger Schrott in unseren Feeds mag alt sein, er ist aber richtig.

Damit wären wir beim Punkt: Den Ort, um Selfies und alles andere herumzuschicken, und das ungehindert von Zensur, haben wir doch schon. Snapchat.

Anstatt sich daran zu gewöhnen, jetzt auch auf Instagram Diashow-Storys durchzuwischen, die sich später selbst löschen, könnten wir auch einfach sagen: tschüss Instagram! Das wäre konsequent. Vermutlich aber werden wir wieder verweichlichen.