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Kokain

So wirkt sich regelmäßiger, "leichter" Kokain-Konsum auf deine Gesundheit aus

Tätigen du und deine Freunde jedes oder jedes zweite Wochenende einen bestimmten Anruf? Dann erfahrt ihr nun endlich, was ihr eurer Gesundheit damit antut.
Foto: Chris Bethell

Es ist Freitagnacht, im Park wurde es zu kühl und ihr seid wieder bei irgendjemandem in der Wohnung gelandet und macht euch über das mitgebrachte Dosenbier her. "OK, wer ruft an?", fragt einer deiner Kumpels grinsend.

Jeder legt 20 Euro auf den Tisch und du tätigst den Anruf. Eine Stunde später gehst du schnell raus und drückst den zwei düsteren Typen in dem unauffälligen Auto das Geld in die Hand. Im Gegenzug erhältst du ein kleines Tütchen Kokain. Das Ganze passiert dann vielleicht nochmal um 04:00 Uhr und dann nochmal um 07:00 Uhr. Am nächsten Tag kommst du auf jeden Fall nicht vor 14:00 Uhr aus dem Bett. Und wenn du dich dann endlich aus den Federn gequält hast, fühlt es sich so an, als hätte irgendjemand deine Nase von innen mit einer Käsereibe bearbeitet.

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Lass dir jedoch eins gesagt sein: Du bist nicht allein. Anscheinend ist ein solches Verhalten heutzutage keine Seltenheit mehr, wie man am aktuellen deutschen Drogenreport ablesen kann.

Aber welche Folgen hat dieser Kokainkonsum nun für unsere Körper? Man bekommt ja des Öfteren irgendwelche Horrorgeschichten darüber zu hören, was passiert, wenn man sich täglich vier Gramm des weißen Pulvers in die Nase jagt—aufgeblähte Körper, sich auflösende Nasenscheidewände, explodierende Herzen und so weiter. Die meisten Menschen nehmen jedoch nicht so viel Kokain. Wie steht es nun um diese gelegentlichen Konsumenten, also die Menschen, die über mehrere Jahre hinweg alle ein oder zwei Wochen mal ein ganzes oder ein halbes Gramm schnupfen?

Dr. Adam Winstock, ein Facharzt für Psychiatrie und der Kopf hinter der Global Drug Survey, findet klare Worte: "Ein Gramm Kokain pro Wochenende ist weder gesund, noch kann es wirklich als gelegentlicher oder durchschnittlicher Konsum bezeichnet werden. Wir reden hier von einer normativen Fehlwahrnehmung, also wenn jemand denkt: 'Meine Kumpels und ich verhalten uns so und deswegen müssen sich alle anderen Menschen auch so verhalten.' Kokain ist ein Vasokonstriktor. Das heißt, dass die Droge das Herz schneller schlagen lässt und gleichzeitig die Blutgefäße verengt—so als würde man das Gaspedal voll durchdrücken, während man die Benzinleitung zusammenquetscht. Außerdem vergessen die Leute schnell, dass ein zusammengerollter Geldschein, der in blutige Nasenlöcher gesteckt wird, Hepatitis C übertragen kann. Und dieser Virus überlebt außerhalb des Körper wochenlang."

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Dr. Henry Fisher, ein Chemiker und der Richtlinienverantwortliche bei VolteFace, führt das Ganze noch weiter aus: "Wenn man jedes Wochenende Kokain nimmt, dann ist das gefährlicher als eine Chemikalie wie etwa MDMA. Kokain strengt das Herz richtig intensiv an und verursacht auf den Herzmuskeln so winzige Risswunden. Diese Wunden werden mit der Zeit dann immer schlimmer und verwandeln sich im Alter in Narbengewebe. Dazu kommt dann kommt noch das ganze Problem mit der Arteriosklerose."

Arteriosklerose bedeutet, dass sich die Gefäßwände verhärten und sie irgendwann einem fettigen, durchwachsenen Steak gleichen. Klingt nicht wirklich nach Miami-Beach-Glamour, oder?

Dr. Winstock warnt eindringend davor, dass es noch weitere verkomplizierende Faktoren gibt: "Im Herz eines übergewichtigen und rauchenden 50-Jährigen herrscht natürlich mehr Druck als in dem eines 20-jährigen Athleten. Aber selbst hier liegt die Gefahr im andauernden Konsum. Außerdem kommt es noch darauf an, wie man das Kokain überhaupt nimmt. Die Ergebnisse des Global Drug Surveys, bei dem im Laufe von mehreren Jahren über 50.000 Drogenkonsumenten mitgemacht haben, zeigen uns, dass sich durchschnittlich 0,5 Prozent der Kokainkonsumenten im Krankenhaus behandeln lassen müssen, weil sie so extrem auf die Droge reagieren. In den meisten Ländern kommt man pro Gramm auf zehn Lines. In Brasilien sind es jedoch nur sechs Lines pro Gramm und die Rate der Krankenhausbehandlungen liegt dort auch bei 3,5 Prozent. Es ist also ziemlich offensichtlich, dass sich kleinere und häufigere Dosen nicht so sehr auf das Herz auswirken wie massive Lines."

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Dr. Winstock und Dr. Fisher sind der Meinung, dass sich die Gefahren des längerfristigen Kokainkonsums nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die psychische und emotionale Gesundheit beziehen. "Wenn man über einen längeren Zeitraum hinweg immer größere Mengen des weißen Pulvers nimmt, können Beziehungen in die Brüche gehen", erklärt Dr. Winstock. "Die Konten leeren sich, die Leistung am Arbeitsplatz geht den Bach runter, Beziehungspartner werden sauer und Freunde distanzieren sich immer mehr. Deswegen fühlen sich die Konsumenten schnell einsam und isoliert. Genau das führt dann oftmals dazu, dass sie nur noch mehr Kokain nehmen, um eine falsche Selbstbestätigung zu bekommen."

Dr. Fisher bringt es noch prägnanter auf den Punkt: "Eine der offensichtlichsten Folgen von Kokain ist, dass es die Leute zu Arschlöchern werden lässt." Dann wird sein Ton jedoch wieder ernster: "Den Konsumenten ist einfach nicht klar, auf welches Wagnis sie sich da einlassen. Irgendwann können sie ohne dieses falsche Selbstvertrauen, das das Kokain ihnen gibt, einfach nicht mehr leben. Es beginnt also mit dem wöchentlichen Konsum, aber irgendwann verspüren sie diesen Drang nach dem Schub schon am Donnerstag. Dann schon am Mittwoch etc. Und schon hat man ein ernsthaftes Problem."

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Neil Woods, ein ehemaliger Polizeibeamter mit 14 Jahren Undercover-Erfahrung im Drogenmilieu, engagiert sich inzwischen für LEAP UK, einer Organisation von aktiven und ehemaligen Polizisten, die sich gegen die Prohibition aussprechen. Er erwähnt noch einen weiteren Faktor: "Viele Gefahren des Kokain-Konsums basieren auch darauf, in welcher Kombination das Pulver genommen wird. Viele Menschen konsumieren zum Beispiel Kokain, wenn sie Alkohol trinken. Das hat zur Folge, dass sie mehr trinken können als normal. So steigt dann nicht nur das Risiko von launischem und aggressivem Verhalten, sondern die beiden Drogen reagieren in der Leber zusammen auch noch zu einer neuen chemischen Verbindung, nämlich Cocaethylen. Diese Verbindung verstärkt und verlängert die Auswirkungen beider Substanzen."

Aber hier hört es noch nicht auf. Man darf bei dieser ganzen Diskussion nicht vergessen, mit welchen Dingen das von uns gekaufte Kokain gestreckt wird.

"Kokain kann mit bis zu 16 Chemikalien vermischt werden. Die Reinheit variiert beträchtlich und in Großbritannien liegt sie grob geschätzt bei 10 Prozent [in anderen EU-Ländern sind es zwischen 30 und 40 Prozent]", fährt Wood fort. "Am Anfang des Herstellungsprozesses wird die Chemikalie Levamisol beigemischt. Eigentlich war Levamisol mal als Entwurmungsmittel für Rinder gedacht. Es schadet auf jeden Fall den menschlichen, weißen Blutkörperchen. Ein weiteres beliebtes Streckmittel ist das dentale Betäubungsmittel Lidocain, von dem man annimmt, dass es bei regelmäßiger Einnahme krebserregend wirkt. Solchen Aspekten könnte man schnell entgegenwirken, wenn Kokain auf einem ordentlich regulierten Markt verfügbar wäre."

Da haben wie ein perfektes Beispiel dafür, wie eine Regierung das Drogenproblem nur noch weiter verschärft, indem sie ein Verbot durchpeitscht.

Ich hoffe, dass es euch nun besser geht, weil ihr jetzt wisst, was mit eurem Körper passiert, wenn ihr euch ein Gramm Koks in die Nase jagt. Ich hoffe auch, dass euch der Gedanke an verschrumpelnde Arterien und Rinder-Entwurmungsmittel nicht allzu sehr runterzieht.