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Asyl

Dieser Geflüchtete erklärt, warum Deutschland ohne Merkel nicht geht

"Das ist wie Brot ohne Butter", sagt Aras Bacho, 20, aus Syrien.
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Screenshot: Tagesschau.de | NDR

Dass Angela Merkel am Montag verkündet hat, nicht mehr als Vorsitzende der CDU und bald auch nicht mehr als Kanzlerin zu kandidieren, hat mich zerschlagen. Deutschland ohne Merkel? Geht das? Viele Flüchtlinge, auch ich, haben in Merkel eine große Liebe gefunden.

In Syrien war das Leben sehr schön mit meiner Familie im Dorf. Es war wie ein Paradies. Wir hatten Schafe, Hühner und Ziegen. Bis sich irgendwann der Krieg ankündigte und wir, meine Schwester und ich, flüchten mussten. Mit einem Van, dessen Scheiben getönt waren, damit niemand uns sah, sind wir zur türkischen Grenze gefahren. Dort sind wir mit ungefähr 50 Personen in einen kleinen LKW gestiegen und zur türkisch-griechischen Grenze gefahren.

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Im LKW waren auch andere Kinder. Zwei Stunden dauerte die Fahrt und wir konnten fast nicht ein- und ausatmen. Es war heiß, dunkel und wir schwitzten. Als wir ankamen, stiegen wir in ein Schlauchboot und fuhren über einen Fluss. Überall schwammen Leichen. Es waren die Leute, die es nicht geschafft hatten.


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Auf der anderen Uferseite wurden wir festgenommen und wir saßen drei Monaten im Knast. Danach holte uns der Schleuser ab und wir sind nach Deutschland gefahren, nach Düsseldorf. In Köln haben wir uns der Polizei gestellt, um Asyl zu bekommen.

Meine Schwester blieb für drei Jahren in einem Erwachsenenheim, ich im Kinderheim – eine Leidenszeit. Wir durften weder ein Handy benutzen noch für länger rausgehen. Dort habe ich mit Rassismus zu tun gehabt. Ein Erzieher mochte keine Flüchtlinge und bestrafte mich jedes Mal, andere Kinder nicht. In einem anderen Heim wurde es besser, dort habe ich Deutsch gelernt. Im Zimmer machte ich mir das Radio an, während ich im Bett lag, um mich zu informieren. So habe ich Angela Merkels Politik kennengelernt. Wie human sie ist und was sie alles für Flüchtlingen tut.

Sie verkündete die Aufnahme von Hunderttausenden Flüchtlingen. Es war eine tolle Nachricht, kein anderer Politiker hätte so moralisch gehandelt. Ich denke auch nicht, dass ich nach Deutschland geflüchtet wäre, wenn Merkel nicht die Kanzlerin gewesen wäre. Diese Frau hat etwas Anziehendes. Ich denke, es ist ihre große Liebe zu den Menschen. Mit Merkel fühle ich mich sicher und willkommen, nicht wie bei anderen Politikern. Kein anderer Politiker ist so souverän, wie sie es ist. Sie kontert jede Frage und gibt die richtigen Antworten.

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Sie ist wie ein Schutzschild. Ein anderer Kanzler hätte sich nie für Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet sind, geopfert. Ihre Zukunft hat sie für uns geopfert, dafür wird Merkel bis heute von der Minderheit, die gegen uns ist, gehasst.

Ich liebe Angela Merkel, weil sie eine gute Politik macht. Sie ist für mich und uns Flüchtlinge wie eine Mutter, die auf ihre Kinder aufpasst. Weil es den Deutschen so gut geht, passt sie auf uns Flüchtlingen auf, Merkel hat alles richtig gemacht. Für ihre Souveränität, Liebe, Intelligenz, Barmherzigkeit und Menschlichkeit liebe ich diese Frau.

Für ihr moralisches Vorgehen, Hunderttausende Flüchtlinge aufzunehmen, verdient sie in meinen Augen den Friedensnobelpreis. Ich bin gerade über Merkels Entscheidung sehr traurig. Die Frau, die mir eine Hoffnung und Zukunft gegeben hat, will einfach gehen? Das ist unvorstellbar und ich halte andere Kanzlerkandidaten für unqualifiziert. Ich hoffe, dass ich morgen aufstehe und dass alles nur ein Traum war. Für mich ist Deutschland ohne Merkel wie Brot ohne Butter.

Aras Bacho ist jesidischer Flüchtling aus Nordsyrien. Er kam 2010 nach Deutschland, kurz vor Ausbruch des Krieges, und hat bereits Artikel bei Huffington Post und Oe24 veröffentlicht.

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