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Trolling gegen Rechts

Jan Böhmermann gründet seine eigene Troll-Armee gegen Rechts

"Wenn einer den Anspruch hat, einen Haufen lichtscheuer Dauer-Onanisten vor dem Bildschirm zu mobilisieren, dann bin das immer noch ich!"
Screenshot vom Youtube-Kanal des NEO MAGAZIN ROYALE 

"Es ist mit den Trollen im Internet ein kleines bisschen wie Jurassic Park", erklärt Jan Böhmermann am Anfang seines Segments über rechte Troll-Kampagnen im Neo Magazin Royale am Donnerstag. "Dinosaurier waren am Anfang ja auch noch lustig und interessant – bis sie irgendwann ein Wir-Gefühl und eine politische Agenda entwickelt haben."

Das fasst es eigentlich ganz gut zusammen: Online-Trolle waren zwar von Anfang irgendwie schleimig und abstoßend, aber die anarchistische Grundhaltung konnte durchaus erfrischend sein – solange man sie nicht wirklich ernst nehmen musste. Das hat sich in den letzten Jahren gründlich geändert, als die Rechten das Trolling als Methode entdeckt haben. Das beste Beispiel aus Deutschland: Die Marke "Anonymous", die früher für anarchistische Aktionen gegen mächtige Organisationen stand, und die in Deutschland von einem Rechtsradikalen so erfolgreich gekapert wurde, dass man sie jetzt vor allem mit Verschwörungstheorien und Hetze gegen Flüchtlinge verbindet.

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Aber: Warum sollen eigentlich nur Rechte trollen können? Das dachte sich wohl auch Böhmermann – und hat deshalb jetzt kurzerhand seine eigene Troll-Armee gegründet.


Mehr dazu auf Radio Motherboard:


Auslöser dafür war die Doku Lösch Dich! von Rayk Anders und Funk, in der unter anderem auch die Arbeitsweise einer neurechten Trollgruppe namens "Reconquista Germanica" beleuchtet wird. Die Gruppe hat sich kurz vor der letzten Bundestagswahl gegründet und bezeichnet sich selbst als "Bewegung", die "ein deutschlandweites Netzwerk" aufgebaut habe, um rechte Inhalte zu verbreiten und Wahlen zu beeinflussen. Besonders viel Erfolg hatten sie damit bisher nicht: Wie eine Recherche von Motherboard herausgefunden hat, konnten die rechten Trolle trotz aller Angeberei weder die Wahlen noch die öffentliche Debatte irgendwie beeinflussen. Was Böhmermann aber nicht davon abhält, sie mit den eigenen Mitteln anzugreifen.

"Wir sind die Wichser, die den Wichsern, die uns den Spaß am Internet verderben, den Spaß am Internet verderben!"

"Wenn einer den Anspruch hat, einen Haufen lichtscheuer Dauer-Onanisten vor dem Bildschirm zu mobilisieren, dann bin das immer noch ich!", erklärt der Moderator grinsend – und tauft seine eigene Troll-Armee auf den schönen Namen "Onanista Germanica" bzw. "Reconquista Internet".

Das Prinzip ist einfach: Jeder, der sich "an die strengen Regeln dieses geheimen Manifests" (das Grundgesetz) hält, kann bei den Onanisten mitmachen. Man muss sich nur das Chatprogramm "Discord" herunterladen – auf dem auch Reconquista Germanica agiert – und dort Böhmermanns Channel folgen. Den "geheimen Link" dazu gibt es praktischerweise auf Twitter:

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Die Mission ist ebenfalls mehr oder weniger klar: "Wir sind die Wichser, die den Wichsern, die uns den Spaß am Internet verderben, den Spaß am Internet verderben!", ruft Böhmermann. Und er scheint das ernst zu meinen: In der Sendung kündigt er an, auf dem Discord-Channel Informationen über die rechten Aktivisten von "Reconquista Germanica" zu veröffentlichen – zum Beispiel Listen, die die Pseudonyme mit den echten Facebook-Profilen verbinden. "Damit könnt ihr machen, was ihr wollt: blocken, melden, mit Liebe überschütten!"

Das Konzept scheint aufzugehen: Noch gestern Abend meldete Böhmermann auf Twitter, dass sich schon 11.400 Leute auf dem Channel angemeldet hätten. Was genau er mit seiner wachsenden Gefolgschaft vorhat, werden wir wohl erst in ein paar Tagen erfahren: Am 1. Mai um 23:55 Uhr will Böhmermann seine "Antrittsrede" auf dem Channel halten. Bis dahin kann man der "Reconquista Internet" auch noch beitreten.

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