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Kinderpornografie

Jugendliche, die Nacktfotos verschicken, können sich der 'Kinderpornografie' strafbar machen

Im Kanton Zürich wurden in den letzten drei Jahren 54 Minderjährige angezeigt, weil sie Nacktfotos verschickten. Ein Anwalt erklärt, was dieses Verbot konkret bedeutet.
Zwei Jugendliche schauen auf ihre Handy-Displays

Wer noch vor der Zeit der Smartphones seine Jugend verbrachte, hatte oft den ersten Kontakt zu Nacktfotos beim Durchblättern der Bravo. Kichernd sah man sich gemeinsam mit der besten Freundin die Penisse und Vulven an. Auf die Idee selbst solche Bilder zu machen, kamen wahrscheinlich die Wenigsten. Wie denn auch, ohne Smartphone? Heute besitzen laut einer Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften 97 Prozent der 12- bis 19-Jährigen ein Smartphone. Theoretisch können sie damit in Sekunden pornografische Inhalte aus dem Internet herunterladen und weitersenden. Bei manchen bleibt es nicht nur bei Inhalten aus dem Internet, sie machen auch Nacktfotos oder Videos von sich selbst und senden sie weiter. Und wenn sie minderjährig sind, können sie sich strafbar machen.

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Die Jugendanwaltschaft des Kanton Zürich eröffnete in den letzten drei Jahren gegen 54 Minderjährige Strafverfahren, weil sie Nackt-Selfies gemacht und verschickt hatten. Darunter waren 34 Jungs und 20 Mädchen, berichtet der Tagesanzeiger (Bezahlinhalt). Mehr als die Hälfte der Mädchen waren unter 15 Jahre alt, von den Jungs war die knappe Mehrheit über 15 Jahre alt und älter. Der jüngste der männlichen Beschuldigten war erst 11 Jahre alt.

Auch wenn man selbst noch ein Teenie ist, kann es strafbar sein, Nacktfotos von Minderjährigen zu machen, zu besitzen, oder weiterzuleiten. Der Hauptgrund dafür ist, dass diese Aufnahmen als sogenannte Kinderpornografie gelten, auch wenn sie unter Jugendlichen verschickt werden. Wir haben Rechtsanwalt Martin Steiger gefragt, mit welchen Strafen man rechnen muss.


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Im allerschlimmsten Falle drohe sogar Freiheitsentzug, sagt Steiger. Dies sei aber nur der Fall, wenn jemand eine besonders schwere Straftat begangen habe. Meistens müsse man eine persönliche Leistung vollbringen, wie der Besuch eines Medienkompetenzkurses. Ab 15 Jahre müsse man zudem mit einer Busse von bis zu 2.000 Franken rechnen.

Rechtsanwalt Steiger hat uns auch erklärt, was das Verbot genau bedeutet. Wenn du trotzdem sexten/sexy Nachrichten verschicken willst, solltest du folgende Punkte beachten:

Mach keine Nacktfotos von dir (oder lösche sie gleich wieder)

Jugendliche, die Nacktfotos von sich selbst machen, stellen pornografische Bilder von Kindern her. Und das kann strafbar sein, egal ob sie es "freiwillig" tun, oder dazu gedrängt wurden. Denn selbst wenn es völlig normal ist, dass Jugendliche ihre Sexualität und ihren Körper erforschen, im juristischen Sinne gelten sie bis zu einem Alter von 16 Jahren als besonders schützenswert.

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Es kann sogar schon strafbar sein, wenn man das Bild nur auf dem eigenen Handy abspeichert. "Auch ein Nackt-Selfie, dass nicht verschickt wird, kann als Herstellung von 'Kinderpornografie' strafbar sein. Da die Tatfolgen in solchen Fällen aber oft sehr gering sind, ist es teilweise möglich, eine Bestrafung zu verhindern", sagt Rechtsanwalt Martin Steiger.

Verschicke keine Nacktfotos von dir

Geht ein Teenager noch einen Schritt weiter und verschickt das Nackt-Selfie, kann er sich sogar doppelt strafbar machen, wie Steiger erklärt: "Einmal für die Herstellung und einmal für die Verbreitung von 'Kinderpornografie'. Eine Ausnahme besteht für Jugendliche ab 16 Jahren, die im gegenseitigen Einvernehmen handeln."

Speichere keine Nacktfotos von Jugendlichen auf deinem Handy

Wenn man ein Nacktbild einer minderjährigen Person zugesendet bekommt, ist es illegal, dieses zu speichern. "Man kann sich damit wegen des Besitzes von 'Kinderpornografie' strafbar machen", erklärt Steiger. Am besten verzichtet man also ganz darauf, Nackt-Selfies zu verschicken, auch mit dem Partner oder der Partnerin. Bekommt man ein Nacktfoto von einer Person, die nichts davon weiss, oder nicht darin eingewilligt hat, sollte man damit sofort zur Polizei gehen. Oft leiden Betroffene extrem unter den psychischen Folgen, wenn jemand ihre Fotos verbreitet.

Sende keine Nacktfotos von Jugendlichen weiter

Versendet man Nacktbilder von Jugendlichen, macht man sich ebenfalls strafbar, wie uns Martin Steiger erzählt: "Jugendliche können sich damit unter anderem wegen der Verbreitung von 'Kinderpornografie' strafbar machen." Auch hier gibt es eine Ausnahme für Jugendliche ab 16 Jahren, wenn beide einvernehmlich handeln. Es ist also grundsätzlich eine schlechte Idee, Nacktfotos von Minderjährigen zu versenden, auch von sich selbst. Nicht nur, weil man sich dabei strafbar machen kann, sondern weil man nie weiss, wo diese Bilder landen. Im schlimmsten – und gar nicht so seltenen – Fall verbreiten sich solche Fotos im Netz und die Betroffenen müssen mit den Folgen leben.

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