Drogen

Beruf Koks-Taxifahrer: Ermittlungen zeigen den Joballtag von Dealern

Urlaubsvertretung, Sparangebote, Mengenrabatt: Koks-Taxis funktionieren fast wie Pizza-Lieferdienste.
Eine Hand hält ein Handy
Collage bestehend aus: Kunststoff-Gefäße: Grey Hutton || HintergrundPiqsels

| Public Domain

Natürlich ist es kein normaler Job, sich in ein Auto zu setzen, um Drogen an Kunden zu liefern. Sogenannte Koks-Taxis, die Kokain und andere Drogen bis vor die Haustüre bringen, fahren oft im Auftrag von organisierten Kriminellen. Aber in mancherlei Hinsicht ähnelt dieser Job erstaunlich stark einer konventionellen Erwerbstätigkeit.

Koks-Taxifahrer organisierten Urlaubsvertretungen

Zwischen 2017 und 2018 bestritt das Berliner Landeskriminalamt (LKA) ein Verfahren gegen Täter aus dem Umfeld der Hells Angels MC Berlin Central, beziehungsweise deren Support-Clubs MP 81 Berlin Central und Red Devils Berlin Central. Der Fall vermittelt einen guten Eindruck davon, wie bürgerlich und ordnungsbewusst kriminelle Organisationen agieren können. Die Gruppe um das Berliner Hells-Angels-Chapter hatte einen Koks-Taxiservice aufgebaut, dessen Struktur an einen Pizza-Lieferdienst erinnert.

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Die Täter wurden im Dezember 2018 rechtskräftig verurteilt und hatten die Aufgaben im Koksverkauf untereinander aufgeteilt oder delegiert, schreibt das LKA Berlin in seinem kürzlich veröffentlichten Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK). Dass Kriminelle "unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen" Straftaten begehen, ist Teil der offiziellen OK-Definition des Bundeskriminalamts. In dieser Hinsicht waren die Leute aus dem Umfeld des Hells-Angels-Clubs regelrechte Streber.


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Die Täter hätten sich mehrere Handys und einen Fuhrpark aus verschiedenen Fahrzeugen geteilt. "Weiterhin bot man sich gegenseitig einen Ort zum Portionieren und Strecken des Kokains an", beschreibt das LKA den Berufsalltag in dem Berliner Kriminellenbetrieb. Und das solidarische Miteinander ging noch weiter. Im Sommer habe die Organisation eine Art gegenseitiger Urlaubsvertretung eingerichtet.

Kokaindealer werben Kunden mit Rabattaktionen

Wenn der Koks-Nachschub für die Kunden knapp wurde, hätten sich die Fahrer untereinander mit Ware ausgeholfen, schreibt das LKA. Und sie machten Werbung, um ihr Geschäft anzutreiben. Rabattaktionen, wie man sie von Pizza-Lieferdiensten kennt, funktionieren offenbar auch bei illegalen Drogengeschäften. Im Juli lockten die Täter neue Kunden mit einer Sparaktion und verkauften eine Portion für 40 statt 50 Euro. Wie viel man dafür bekam, schreibt das LKA nicht. Es habe aber noch weitere Angebote gegeben. Konsumierende konnten sich demnach über eine "Buy 4 get 1 free"-Aktion freuen und Stammkunden seien teils auf Kommission beliefert worden.

Die Bestellungen selbst liefen nach bewährtem Muster ab: Kontakt per Nachricht oder Anruf, codierte Bestellung, Angabe der geschätzten Ankunftszeit durch den Fahrer und Lieferung an die Tür. Auch hier ähnelt das Verfahren einem Essens-Bringdienst. In einem Aspekt aber weicht der Rockerbetrieb erheblich vom normalen Geschäftsgebaren ab: der Mitarbeitermotivation. "Zur Einschüchterung und Disziplinierung innerhalb der Tätergruppierung kam es zu Gewaltanwendungen", schreibt das LKA.

Dieser Punkt ist wichtig. Auch in Zeiten, in denen Kokain mancherorts schneller geliefert wird als Pizza und Dealer Visitenkarten verteilen, bleibt ihr Geschäft illegal und gefährlich – auch für Kundinnen und Kunden. Der Innenraum eines Kokstaxis ist ein rechtsfreier Raum. Egal, ob der Fahrer eine Urlaubsvertretung hat und Rabatte verteilt.

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