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Die Pizzeria wird geräumt: „Wir sind für alle Eventualitäten gerüstet“

Nach 2 Jahren sollen die Bewohner der besetzten Pizzeria Anarchia nun per Räumungsbescheid vertrieben werden. Polizei und Besetzer errichteten Sperren. Wir haben die vergangene Nacht vor dem Haus übernachtet und sind bei allem direkt dabei.

Fotos von VICE Media, David Bogner

Am Sonntag Abend haben wir uns mit dem Plan, in der Pizzeria Anarchia zu übernachten, auf in den 2. Bezirk gemacht. Für alle, die nicht in der Nähe wohnen und den Polizei-Einsatz heute Morgen mitbekommen oder auf Twitter unter #pizzableibt die Sache verfolgt haben: Dabei handelt es sich um eins von Wiens wenigen besetzten Häusern, das Montag Morgen von der Polizei geräumt werden sollte. Bereits am Samstag haben wir die Besetzer ihre Sicht der Dinge erzählen lassen.

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Als wir gestern Abend angekommen sind, war die Stimmung daher schon sehr angespannt. Die pizzeria Anarchia wo die meisten Bewohner die letzten 2 Jahre verbracht hatten, hat einen Räumungsbescheid bekommen. Nachdem wir beim plenum vorgesprochen hatten, bekamen wir die Erlaubnis, die Geschehnisse der Nacht zu dokumentieren.

Um 3:00 Uhr wurden die Zugänge von innen wie von außen endgültig verbarrikadiert und es gab weder ein rein, noch ein rauskommen. Die Stimmung draußen war sehr friedlich. Es wurde Bier getrunken und gekifft. Die Menschen hier erzählen uns, dass sie sich darauf geeinigt hätten, passiven Widerstand zu leisten, Menschenketten zu bilden und mit Sitzblockaden den Weg zu blockieren.

Wir warten alle gemeinsam auf die Polizei, aber in Wahrheit ist alles schon geplant: Pünktlich um 5:00 Uhr beginnt eine Gruppe Vermummter, Straßensperren aufzubauen. Aus dem obersten Stock der Pizzeria fragen die Bewohner immer wieder nach der Uhrzeit. Sie haben Masken vor dem gesicht und schauen mit nacktem Oberkörper aus dem Fenster.

Aus einem benachbarten Innenhof werden Unmengen an alten Möbeln, Türen und Brettern rausgeräumt. Um 6:23 Uhr macht die Polizei eine Durchsage, dass ein Platzverbot besteht, „dass zwangsweise durchgesetzt“ wird. Es geht los! Okay, es geht doch nicht los. Mittlerweile scheinen überall Polizeisperren errichtet zu sein. Polizisten werden in Bussen angekarrt—Unmengen stehen in einen Hof in der Fugbachgasse. Es gab eine zweite Durchsage, ein langsames Herantasten, aber sonst nur Warten.

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Kurz haben die Bewohner sogar gesungen, sonst ist es aber gespenstisch still. Die Symapthisanten sitzen am Straßenrand. Kurz hat es zu regnen begonnen. Gerüchte kursieren, denen zufolge die Polizei über das Dach der Pizzeria kommen könnte—aber dafür gibt es abseits vom Lauffeuer der Gerüchte keine Hinweise. Sicher ist, dass die Polizei einen WC-Wagen dabei hat und immer mehr schweres Gerät anschleppt. Sie richten sich definitiv auf eine längere Angelegenheit ein. „Wir sind für alle Eventualitäten gerüstet“, heißt es.

Das hier wird gerade hineintransportiert. Keine Ahnung was es ist. #PizzeriaAnarchia pic.twitter.com/Xpwl8Ci5M5

— Christoph Weiss (@Burstup) July 28, 2014

Während wir das hier tippen, erfolgt gerade der Bescheid, dass wir nun geräumt werden … Die Besetzer und Sympathisanten skandieren „Die Häuser denen, die drin wohnen!“ Journalisten werden alle des Platzes verwiesen.

Kurz, nachdem die Polizei die Straße von beiden Seiten verstellt hat, macht sie sie auch schon wieder frei—obwohl noch unklar ist, weshalb. Wenig später kommen Wasserwerfer und Panzer zum Einsatz. Die Polizei wird aus dem Gebäude beworfen. Die Panzer räumen die Barrikaden der Besetzer mit Leichtigkeit aus dem Weg.

Es erfolgt die polizeiliche Aufforderung, das Haus zu verlassen. Die Räumungsaufforderung wird sehr laut verlesen; anschließend wird an die Vernunft der Besetzer appelliert. Da die Besetzer die Pizzeria Anarchia nicht einfach freigeben, zapft die Polizei nun die Hydranten an, um Wasserwerfer einzusetzen. Exekutive versucht, ins Haus zu kommen.

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Der Platz ist immer noch nicht geräumt. Die Polizei fährt immer wieder mit ihrem gepanzerten Wagen an und versucht, mittels Rammbock vorzustoßen. Bislang scheitert die Polizei aber mit ihrem Vorhaben. Rundherum versammeln sich immer mehr Schaulustige—nicht alle davon Pro-Pizzeria.

Vom Haus gegenüber wird „Sprengt's as!“ geschrien; Markus Huber vom Fleisch Magazin berichtet auf Twitter, dass in der Nachbarschaft auch „Hauts Tränengas eini, damit de Oaschlächa in Oasch gehen!“ zu hören ist. Aus dem Haus ist als Antwort ein lautes „Haut ab!“ zu hören.

Die Polizei scheitert währenddessen weiter an den Türen. Die Pizzeria Anarchia kündigt über Twitter an, dass sie ab sofort das Twittern bleiben lassen, da die Polizei dem Anschein nach Mitglieder über gesendete Tweets ortet beziehungsweise die Besetzer dies vermuten.

Updates folgen laufend.

David auf Twitter: @rznr