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Verbrechen

Der "Satanist von Witten" soll einen neuen Mord geplant haben

2001 brachte er mit seiner Ehefrau einen Bekannten mit insgesamt 66 Hammerschlägen und Messerstichen um – auf "Befehl des Satans".
Titelfoto: Daniel Ruda beim Prozess 2002 | imago | sepp spiegl

Morde, die aus Satanismus und Okkultismus heraus entstehen, landen heute selten in den Schlagzeilen. Zwischen 1980 und Anfang der 2000er war das anders. Damals machten Mörder und Gewaltverbrecher Satan höchstpersönlich für einige der grausamsten Taten überhaupt verantwortlich.

So auch beim sogenannten "Satansmord von Witten", der in den letzten Tagen wieder ins Gedächtnis der Deutschen zurückgeholt wurde. Denn der damals verurteilte Mörder, Daniel Ruda, steht kurz vor seiner geplanten Entlassung erneut vor Gericht. Dem 41-Jährigen wird die versuchte Anstiftung zum Mord vorgeworfen. Er soll 2010 versucht haben, eine Brieffreundin zum Mord an seiner Ex-Frau anzustiften. Die Frau weigerte sich jedoch und ging zur Polizei. "Das ist Unsinn", sagte Ruda zum Prozessbeginn vor dem Schwurgericht in Bochum am Montag. Er wies alle Vorwürfe zurück. Dafür zeigte er sich aber bei einer anderen "Sache" erstmals einsichtig.

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"Die Sache von damals"

"Die Sache von damals ist vollkommen zu Recht abgeurteilt worden", sagte Daniel Ruda am Montag. Damit gestand er zum ersten Mal öffentlich die Tat, für die er seit 15 Jahren im Gefängnis sitzt. Mit "damals" meint er 2001. Genauer meint er den 6. Juli, den Tag, als das Ehepaar Daniel und Manuela Ruda in Witten im Ruhrgebiet einen brutalen Ritualmord an einem Bekannten vollzog.

Manuela Ruda beim Prozess 2002 | imago | sepp spiegl

Durch die Prozessberichterstattung von damals erfahren wir: Das Paar lernt sich im Herbst 2000 durch eine Kontaktanzeige im Metal Hammer kennen, einem Metal-Magazin. "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis, die Alles und Jeden hasst", schreibt Daniel Ruda dort. Manuela ist einsam, sie antwortet, die zwei treffen sich und fühlen sich wie füreinander geschaffen. Sie schneiden sich die Haut auf, trinken gegenseitig ihr Blut, beten den Teufel an. Manuela lässt sich als Domina fotografieren, verbringt ihre Tage schlafend in einem Sarg, während Daniel als Autoteileverkäufer arbeitet. Sexuell läuft zwischen den beiden nichts.

Im März 2001 hört Daniel Ruda in seinem Kopf "Befehle" des Satans: 666, dazu die 7. Er deutet die Zahlen: Am 6.6. soll er Manuela heiraten, am 6.7. soll er dem Satan eine Seele opfern. Das Paar plant daraufhin auch seinen Suizid – ihre Erlösung.


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Daniel Ruda kündigt seinen Job. Die beiden heiraten. Seinen Arbeitskollegen "Hacki" lädt Ruda für den 6. Juli zu einer Party ein. An dem Tag holt er den 33-Jährigen mit dem Auto ab und fährt ihn zur Wohnung von Manuela Ruda, wo die drei rumsitzen und plaudern. Um halb acht geht Daniel Ruda dann ins Schlafzimmer, holt einen Zimmermannshammer und schlägt seinem Kollegen von hinten gegen den Kopf. Das bringt diesen nicht um. Ruda schlägt erneut zu und befiehlt Manuela dann, dem Bekannten mit einem Messer ins Herz zu stechen. Sie sticht immer wieder zu, bis "Hacki" tot ist. Dann schlägt sie ihm mit einer Machete ins Gesicht und schneidet ihm ein Pentagramm in den Bauch. Ein Skalpell steckt sie daneben. Später werden insgesamt 66 Schläge und Stiche gezählt. Zum Suizid können sich die beiden nicht überwinden.

Das Ehepaar schreibt 15 Namen von Bekannten, Arbeitskollegen, Ex-Freundinnen an die Wand: "Freut euch – ihr seid die Nächsten". Dann flüchten sie im Opel Vectra Richtung Osten. Auf ihrer Flucht haben sie zum ersten Mal Sex, in Magdeburg – ein Ritual, mit dem sie ihre Kraft für die Flucht vereinen wollen, wie sie später sagen. Sie versuchen, sich die Pulsadern aufzuschlitzen, überfallen eine Apotheke und schlucken Schlaftabletten. Doch der Suizid gelingt nicht. Sechs Tage nach der Tat werden sie an einer Tankstelle in Jena entdeckt und festgenommen. Vorher hatte Daniel Ruda noch für 539 Mark eine Kettensäge bei Obi erstanden. Er plante, durch die Gegend zu laufen und Leute zu halbieren.

2002 endet der Prozess. Das Ehepaar wird wegen Mordes im Zustand verminderter Schuldfähigkeit verurteilt. Daniel Ruda zu 15 Jahren Haft, seine Frau zu 13 Jahren. Das Paar lässt sich kurz nach dem Prozess scheiden. Beide verbringen einen Teil der Haftstrafe im Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter. Der psychiatrische Gutachter attestiert Ruda eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Rudas zweiter, freiwilliger Aufenthalt in der Psychiatrie wird nicht auf die Haft angerechnet, weswegen er immer noch sitzt. Manuela Ruda ist heute unter geändertem Namen wieder auf freiem Fuß.

Daniel Ruda schrieb in den ersten Jahren seiner Haft ein Buch: Er habe die Stimme des Teufels vor Gericht erfunden. Die Schuld habe er auf sich genommen, um seine Frau zu schützen. Dabei habe er nichts mit dem Mord zu tun. 16 Jahre später gesteht er aber alles. Sollten sich bei dem Prozess vor dem Landgericht Bochum auch die neuen Anschuldigungen gegen ihn bestätigen – dass er seine Ex-Frau Manuela Ruda aus der Haft heraus umbringen lassen wollte –, wird der "Satanist von Witten" wohl noch viele weitere Jahre im Gefängnis verbringen.

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