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Über Betrunkene kann man ruhig lachen, ist halt nur scheiße

Ein Berliner Postbeamter hat betrunken seinen Paketlaster in einen Graben gefahren. Irgendwie witzig sind sie ja schon, die alkoholbedingten Eskapaden, traurig aber auch.

Es ist schwer, wirklich schwer, die Fassung nicht vor Lachen zu verlieren, wenn man sieht, wie da jemand vom Feuerwasser angeschossen gegen seine Schlagseite und die Gravitation ankämpft. Und wie er eisern seine Aktentasche festhält, bis zu dem Moment, wo er seine Hose verliert und sein Gesicht mit dem Straßenasphalt eine Symbiose eingeht:

Eine Ambivalenz tut sich in unserem Innern auf, weil irgendwie witzig sind sie ja schon, die alkoholbedingten Eskapaden, traurig aber auch. Es ist ähnlich wie mit all den TV-Trash-Formaten: Man lacht über Bauern, die Frauen suchen, oder lacht über Maria, die auch mal Klopapier isst, wenn sie keine Eimer voll Eukalyptus-Bonbons mehr im Haus hat. Gleichzeitig schwingt immer das Bewusstsein mit, dass es vielleicht besser wäre, doch nicht zu lachen.

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Ähnlich verhält es sich mit Meldungen, wie der vom am Mittwoch umgekippten Post-LKW—wie sich rausstellte, war der Fahrer voll wie 'ne Hupe; er hatte sich auf 2,4 Promille hochgetankt.

Falls die — Berliner Zeitung (@berlinerzeitung)21. Juli 2016

Zum Glück war es nur ein Baum, auf dem er seine Karre geparkt hatte und keine Mutter mit Kind.

— Polizeireporter-BM (@PolReporter)20. Juli 2016

Neben Zucker, Internetpornos und Facebook ist Alkohol die wohl größte Volksdroge—auch deshalb werden Meldungen über neue Promillerekorde neben der Entrüstung mit einem Schmunzeln wahrgenommen; es wird das weggelacht, was man selbst nur zu gut kennt. Aber auch da gibt es ein Gefälle vom maximal Humorvollen bis hin zum ausschließlich Tragischen.

Amüsant ist zum Bespiel die Anekdote vom polnischen Hammerwerfer Pawel Fajdek: Nachdem er bei den Olympischen Spielen in Peking mit 80,88 Metern die Goldmedaille gewonnen hatte, ist er zur Feier des Tages erstmal einen trinken gegangen. Als er schließlich völlig dicht zurück ins Hotel fahren wollte, hat er den Taxifahrer mit seiner Goldmedaille bezahlt.

Und vielleicht ließe sich mit viel Mühe auch noch etwas Humoristisches im dem Vorfall des OP-Arztes an der Ulmer Fachklinik finden, der sich mit 2,4 Promille im Operationssaal an die Arbeit machte und sein Zustand nur deshalb bemerkt wurde, weil er irgendwann einfach zusammengebrochen ist—bis zu dem Moment muss er sich ziemlich beachtlich im Griff gehabt haben. Wenn man dann aber erfährt, dass er kurz vor dem anlaufenden Gerichtsprozess Suizid begangen hat, wird es schwer, über den Mediziner zu lachen.

Promillerekorde im Verkehr sorgen auch regelmäßig für bedächtigen Beifall. In Russland klemmte sich ein Mann mit 12 Promille ans Steuer, und nein, es war nicht dieser Vollprofi hier:

Der angebliche Weltrekord liegt übrigens nicht viel höher darüber: 12,3 Promille. Aufgestellt im zentralpolnischen Dorf Skierniewice. Wäre nie gemessen worden, wenn der Betrunkene nicht von einem Auto angefahren worden wäre und die Ärzte im Krankenhaus eine Blutentnahme vorgenommen hätten.

Wo aber jegliche Ambivalenz zwischen Humor und Tragik in ausschließlich Trauriges übergeht, ist der Fall eines betrunken auf die Welt gekommenen Babys. In der Universitätsklinik im polnischen Lodz brachte eine Mutter ihr Kind mit 4,5 Promille auf die Welt. Sie selbst war kurz zuvor mit 2,6 Promille in einem Schnapsladen zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden. Bedarf keiner weiteren Worte.