Titelfoto: Uri Tours | Flickr | CC BY-SA 2.0Am Dienstag, als die USA ihren Unabhängigkeitstag feierten, beteiligte sich Kim Jong-un am Feuerwerk: Angeblich kommt Nordkorea nun mit der Interkontinentalrakete Hwaseong-14 bis nach Alaska. Der nordkoreanische Diktator nannte die Rakete ein "Geschenk" an "amerikanische Bastarde". Südkorea und die USA reagierten mit eigenen Raketenübungen und Drohungen gegenüber Nordkorea. Der Kommandant der US-Streitkräfte in Seoul, General Brooks, warnte ausdrücklich, man könne jederzeit die "Selbstbeherrschung" ablegen, die aktuell noch den Waffenstillstand sichere.
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Seit mehr als zwei Jahrzehnten gibt es erfolglose diplomatische Bemühungen und Sanktionen, um die Atombewaffnung Nordkoreas zu unterbinden. Doch eines Tages könnte die isolierte Diktatur zu einem Atomschlag gegen die USA fähig sein. Angesichts der schwierigen Lage und des verschärften Tons der US-Regierung verwundert es nicht, dass manche Menschen über die Möglichkeit eines Präventivschlags nachdenken. Trump selbst hat einmal gesagt, dass er einer Bombardierung nordkoreanischer Atomreaktoren offen gegenübersteht – das war allerdings vor 18 Jahren.Rodger Baker ist ein Nordkorea-Experte des amerikanischen Militär-Informationsdienstes Stratfor. Er hat uns durch ein wahrscheinliches Szenario für einen US-Angriff auf Nordkorea geführt.Zum besseren Verständnis habe ich diese Google-Map erstellt:Wenn Nordkorea eine Rakete testet, setzt es die Welt darüber aus zwei Gründen in Kenntnis: Erstens ist es eine hochprovokative Zurschaustellung der eigenen Militärtechnik, die seit Jahren immer wieder alle nervös macht, selbst China und Russland. Zweitens wird bei so einem Test ein Haufen Metall und Sprengstoff in die Nähe bevölkerungsreicher Gebiete geschossen. Nordkorea drängt auf die Entwicklung von Langstreckenraketen mit Atomsprengköpfen, ohne dabei die Ressourcen eines weiter entwickelten Landes zu haben. "Das gesteigerte Tempo führt dazu, dass es einen Haufen Fehler gibt", sagt Baker.Selbst ein verhältnismäßig harmloser Test könnte zur Folge haben, dass die Rakete über Japan auseinanderbricht; oder ihr Leitsystem versagt und sie in Richtung Südkorea rast. Wahrscheinlich ist auch, dass ein fehlerhafter Raketentest den Eindruck erweckt, als würde das Geschoss auf eine Basis der US-Marine abzielen – in den Augen der USA könnte das aussehen wie ein versuchter Erstschlag.
Schritt 1: Nordkorea versaut einen Raketentest
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Baker zufolge könnte jedes dieser Szenarien zu einer Situation führen, in der sich die USA in die Ecke gedrängt fühlen. "Sie müssten dann ein klares Zeichen gegen die anhaltenden Raketentests der Nordkoreaner setzen", so Baker. In diesem Fall könnten die Amerikaner das Raketenabwehrsystem Aegis einsetzen, das Raketen vor dem Einschlag abschießt. Ein weiteres mögliches Szenario wäre, dass sie "mit einem Marschflugkörper eine Rakete noch am Boden zerstören".So fangen laut Baker Kriege an: "Eine Verkettung von Ereignissen, bei denen in einem Augenblick erhöhter Spannung eine oder zwei Entscheidungen getroffen werden, die die Lage zu etwas Größerem zuspitzen."Die gefährlichste Möglichkeit von allen wäre, wenn sich die USA noch vor dem Raketenstart bedroht fühlen und vom Meer aus einen Marschflugkörper nach Nordkorea schießen. Damit würden sie nicht nur die nordkoreanische Startrampe zerstören, sondern auch mindestens eine Handvoll Nordkoreaner töten. Und schon hat es einen Angriff auf nordkoreanischem Boden gegeben. Jetzt passiert eine ganze Menge auf einmal.Die USA, sagt Baker, würden "sofort demonstrativ in volle Kampfbereitschaft gehen, weil sie eine Antwort der Nordkoreaner erwarten müssen". Mit ihrem demonstrativen Auftreten würden sie die Nordkoreaner von dieser Antwort abschrecken.Das hier sei die Gelegenheit für alle, die Gefechtsbereitschaft wieder aufzuheben, sagt Baker. Die USA können damit eine klare Nachricht an Nordkorea schicken: Wir habe uns provoziert gefühlt, wir haben Gegenmaßnahmen ergriffen, aber jetzt können sich alle wieder beruhigen.
Schritt 2: Die USA zerstören eine Startrampe
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Nordkorea muss jetzt innerhalb kürzester Zeit die richtige Entscheidung fällen.Nordkorea kann natürlich nicht einfach untätig bleiben, allerdings könnte es das Land beim "Frontposen" belassen, wie Baker es nennt. Das heißt, sie würden ebenfalls alle Truppen in Gefechtsbereitschaft versetzen und an strategischen Punkten in Stellung bringen. Ein Haufen Nordkoreaner, die ihre Waffen auf die Gegenspieler jenseits der Grenze richten, ist in diesem Fall noch das Best-Case-Szenario.Aber die nordkoreanischen Generäle werden sich fragen, ob weitere Angriffe folgen. Nordkorea ist offensichtlich auf einen schnellen Kriegsbeginn (viel mehr eine Kriegsfortsetzung) vorbereitet. Die Streitkräfte wissen, dass sie nur ein kleines Zeitfenster haben, um den USA zu schaden, bevor ihnen die Möglichkeiten dazu fehlen. Wenn in Pjöngjang nicht schnell die kühleren Köpfe die Oberhand gewinnen, ist ein richtiger Krieg vorprogrammiert.
Schritt 3: Nordkorea fällt die falsche Entscheidung
Schritt 4: Nordkorea fügt den USA und Südkorea größtmöglichen Schaden zu
Artilleriebeschuss, eine Taktik, die Baker "ziemlich wahllos" nennt, ist die wahrscheinlichste direkte Reaktion. Laut einem Stratfor-Bericht von 2016 kann ein Großteil von Nordkoreas Artillerie nur Ziele in Grenznähe erreichen – eventuell auch Vororte von Seoul. Einige von Nordkoreas schwersten Geschützen allerdings, darunter auch die auf Panzern befestigte Koksan 170-mm (siehe Video), könnten mit ihren 240- und 300-Millimeter-Raketenwerfen Seoul selbst beschießen.
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Bei guter Wetterlage könnte die nordkoreanische Luftwaffe mit ihren Mittelstreckenraketen vielleicht sogar jeden US-Luftwaffenstützpunkt in Südkorea angreifen. Die Osan Air Base 64 Kilometer südlich von Seoul stellt ein mögliches Ziel dar. Das Ausschalten zumindest eines US-Luftwaffenstützpunkts würde den Nordkoreanern laut Baker etwas Luft verschaffen.Wenn sie über einsatzbereite Marschflugkörper verfügen, können die Nordkoreaner eventuell sogar ein paar US-Basen in Japan treffen. Ein Angriff auf Okinawa hätte laut Baker zwar keinen großen strategischen Wert, wenn es ihnen aber gelingt, den US-Stützpunkt in Yokosuka nahe Tokio zu zerstören, "könnten sie die Nachschubkanäle der Amerikaner in Japan stören".Dieser Krieg würde sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur zwischen den beiden Koreas und den USA abspielen. Die Region ist schließlich dicht bevölkert.Wenn wir soweit gekommen sind, dürfen wir davon ausgehen, dass China nicht versucht hat, Nordkorea präventiv zu stabilisieren. Vergessen wir jedoch nicht, dass China letztendlich kein Interesse an einem vereinten Korea hat, das wahrscheinlich ein Verbündeter der USA werden würde. "China muss als absolutes Minimum Truppen an der nordkoreanischen Grenze aufstellen sowie die Luftabwehr und Luftkapazitäten in der Gegend aufstocken", sagt Baker.Russland würde ebenfalls seine Präsenz geltend machen, erklärt Baker. Russland hat eine gemeinsame Grenze mit Nordkorea und Kriegsschiffe und Flugzeuge in der Gegend. "Es würde alles in seiner Macht stehende tun müssen, um zumindest die Grenze und die umliegenden Gewässer zu schützen", so Baker und ergänzt, dass Russland bereits am ersten Tag, "schnell in den Konflikt hineingezogen wird, selbst wenn es selbst nicht direkt beteiligt ist".
Schritt 5: China und Russland treten auf den Plan
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Schritt 6: Die USA gehen auf die nordkoreanische Eskalation ein
Schritt 7: Nordkorea hält sich nicht an die Spielregeln
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Die USA werden sehr sicher ihren eigenen Cyberangriff starten. Allerdings verfügt Nordkorea kaum über Internetzugänge. Eine Priorität dürfte das damit also nicht sein.
Zum Thema: Unsere Dokumentation 'Cash for Kim – Warum nordkoreanische Zwangsarbeiter sich in Polen zu Tode schuften können'
Etwa die Hälfte der südkoreanischen Bevölkerung lebt in der Metropolregion Sudogwon um die Hauptstadt Seoul herum, etwa 56 Kilometer südlich der Grenze. Nordkorea dürfte kein Problem damit haben, Zivilisten anzugreifen. Je hitziger dieser Krieg geführt wird, desto mehr Gräueltaten wird es auch geben. Gleichzeitig werden Baker zufolge auch nordkoreanische Zivilisten als Kollateralschäden in Kauf genommen werden. "Wenn du es auf die Führung abgesehen hast, musst du Pjöngjang angreifen", sagt er. "Und es ist nicht unüblich für Nordkorea, dass sich auf und um ihre Militärstützpunkte Landwirtschaftsbetriebe oder kleine Dörfer befinden."In Südkorea werden sich dank der sozialen Medien schnell Schreckensbilder von zivilen Opfer ausbreiten. "So schnell wie heute haben sich Informationen noch nie verbreitet. Bilder von Gewalt wurden schon immer eingesetzt, aber oftmals mit großer Verzögerung. Es hatte früher nicht diese überwältigende Unmittelbarkeit", sagt Baker."Natürlich nur, wenn der Norden nicht besonders effektiv darin ist, die Medienkommunikation des Südens zu stören", fügt er hinzu.
Zum Thema: Unsere Dokumentation 'Cash for Kim – Warum nordkoreanische Zwangsarbeiter sich in Polen zu Tode schuften können'
Schritt 8: Die Welt erfährt von den ersten zivilen Opfern
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