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Astrologie

Laut Wirtschaftskammer kann man die Stärken eines Bewerbers mit Astrologie erkennen

"Mit dem Unerklärlichem zum Erfolg." Ja, genau.
Foto: ZVG / WKNOE

Alle Jobsuchenden in Niederösterreich sollten mal lieber schnell ihre Geburtsuhrzeit checken. Wenn es nämlich nach der Wirtschaftskammer, Bezirkstelle Mödling, geht, kann man anhand des Horoskops die Stärken und Schwächen eines Bewerbers in der Sternenkonstellation zum Zeitpunkt der Geburt ablesen.

Das geht aus einem Vortrag hervor, den die WKO-Organisation "Frau in der Wirtschaft" im Mai 2017 veranstaltete. Dort referierte "AstroCoach" Gabriela Steiner über die Themen Wirtschafts-, Personal- und Finanzastrologie.

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Zusammengefasst erklärte sie, dass man dank des Geburtshoroskops nicht nur den richtigen Bewerber, sondern auch den optimalen Zeitpunkt für eine Firmengründung oder Marketingmaßnahme finden könne.

"Wir erkennen die persönlichen Erfolgsfaktoren im Horoskop von Bewerbern, unterstützen bei der optimalen Teamzusammenstellung und steigern die Effizienz von Trainingsmaßnahmen durch optimales astrologisches Timing", so Gabriela Steiner in einer Aussendung der WKO Niederösterreich. Heißt das, dass die Geburtsuhrzeit ein Einstellungskriterium ist?

Bei der WKO Niederösterreich wollte dazu niemand inhaltlich Stellung beziehen. Die Landesvorsitzende von "Frau in der Wirtschaft" antwortete nicht, die Geschäftsführerin verwies auf die Bezirksvorsitzende. Diese machte bloß Angaben zu den Modalitäten des Vortrags. So sei die Veranstaltung für die Unternehmerinnen gratis gewesen – und auch der WKO sei aufgrund von Sponsoren keine Kosten entstanden.

"Steht die WKO hinter dem Inhalt des Vortrags? Glauben Sie, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens in den Sternen festgeschrieben ist?", waren unsere Fragen, die bis zu dieser Veröffentlichung unbeantwortet blieben. Bei fachlichen Fragen solle ich mich an die WKO-Berufsgruppe Astrologie wenden (was die Frage in keiner Weise beantworten würde). Die Vortragende wirbt übrigens damit, die Entwicklung einer Aktie oder des Umsatz vorhersagen zu können.

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Die Presseaussendung der WKO, die fast wortwörtlich auch in der WKO-Zeitung erschienen ist, wurde übrigens kurz nach der VICE-Anfrage von der Homepage entfernt (hier ein PDF davon). Kann man das als Distanzierung oder Dementi verstehen? Wohl kaum. Das sieht mehr nach Schadensbegrenzung durch die Hintertür aus.

Dabei wäre ein klares Bekenntnis der WKO zur Wissenschaft sehr wichtig. Immerhin genießt die WKO als gesetzlich-verpflichtende Interessensvertretung – ähnlich wie der ORF – hohe Glaubwürdigkeit und eine breite, mediale Wirkung. Sie sollte Wirtschaftstreibenden nicht einreden, dass die wirtschaftliche Entwicklung oder das richtige Personal vom Horoskop abhängt. Sie sollte sich klar von unwissenschaftlichem, esoterischem Bullshit distanzieren.

Christoph freut sich über weitere Hinweise zu diesem Thema – auf Facebook und Twitter: @Schattleitner.