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Ein Schweizer bastelt sich einen SS-Jeep und wird dafür verteidigt

Oder ist er vielleicht wirklich bloss ein KISS-Fan?
Foto: Facebook

Stell dir vor, du fährst mit deinem Auto einkaufen, zur Bank oder zu deiner Oma ins Altersheim. Wie immer parkst du in deinem gewohnten Parkfeld und steigst aus. Doch dieses Mal ist etwas anders. Die ländliche Idylle wird durch eine Menschentraube gestört, die vor sich hinschimpft.

So ging es einer Betreiberin der Facebook-Seite Aktion gegen Fremdenhass in der Schweiz, die zum Selbstschutz anonym bleiben möchte. Sie fotografierte das Auto mit der Aufschrift "Ich bi än WalliSSär" und einem SS-Division-Totenkopf-Aufkleber und stellte das Foto auf Facebook. "Ich stieg am Sonntag in Einsiedeln in Schwyz aus dem Auto und hörte, wie ein paar Jugendliche 'Drecks Nazi' schimpften", erzählt sie VICE. "Zuerst dachte ich, sie meinen mich (zwinker), doch dann sah ich die Heckscheibe des Nachbarautos und war total geschockt."

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"Der Mensch, der dieses Auto fährt, muss meiner Meinung nach voller Hass sein und ist auch noch stolz darauf", sagt sie weiter und schliesst das Gespräch mit: "Ausserdem ist es auch extrem unterbelichtet, sich in der Öffentlichkeit so zu outen, unabhängig von den möglichen Konsequenzen … schlimm!".

Ähnlich sehen das auch manche Kommentatoren auf ihrer Facebook-Page. Sie empfehlen dem Fahrer, doch einen Ausflug nach Deutschland oder Österreich zu machen, um so in den Genuss der dortigen Rechtsgebung zu kommen. Im Gegensatz zur Schweiz stehen neonazistische Symbole dort eindeutig unter Strafe.

Trotz der eindeutigen Symbolik der Heckscheibenaufkleber, tauchten jedoch auch einige Fragen auf. So spekulierte eine Facebook-Nutzerin, ob mit den SS-Runen nicht bloss die Liebe zur Band Kiss zum Ausdruck gebracht wird, die wohl mindestens so gross sein müsste wie jene zum Wallis.

In den Folgekommentaren wurde die Kiss-Theorie zwar rasch widerlegt und sogar von ihrer Urheberin als naiv abgetan. Doch die Kommentarspalte machte, was die Kommentarspalte eben macht und die KISS-Theorie fand rasch weitere Anhänger. Die grösste Frage dabei: Ist auch der SS-Totenkopf im Kiss-Fanshop erhältlich?

Wenig überraschend nahm die Diskussion anschliessend eine steile Rechtskurve und so mancher driftete dabei meilenweit an logischen Zusammenhängen vorbei. So wird alles durcheinander gemischt, was nicht zusammengehört: SS mit Beschimpfungen von Schweizer Schulkindern, Beschimpfungen von Schweizer Schulkindern mit Forderungen der JUSO, Forderungen der JUSO mit "Wir sind so arm, weil die anderen böse sind"-Sentimentalitäten.

Des Weiteren kritisieren manche das Posten des Fotos generell als Hetze, obwohl auf diesem alle Daten zensiert sind. Dem Besitzer des Jeeps dürfte die ganze Facebook-Debatte reichlich egal sein. Wer sein tägliches Gefährt mit Heckscheibenaufklebern zu einem Möchtegern-SS-Panzer aufmotzt und damit "Ich bin ein Rassist, ja und?!" schreiend durch die Gegend fährt, dürfte andere Sorgen haben als eine Facebook-Diskussion – spätestens wenn er die deutsche oder österreichische Grenze überqueren muss.

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