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Wahlen 2015

Die Wahlkampf-Fails der Woche

Eine ÖVP-Kandidatin solidarisiert sich mit einer Anti-Homo-Ehe Aktivistin, das Team Stronach lädt Akif Pirinçci ein, in der Inneren Stadt kämpft man gegen „Tingeltangel" und ein geiler Julian Schmid ist „Öffi für alles".

Beschmiertes Wahlplakat. Foto: VICE Media

Langsam geht der Wahlkampf in die heiße Phase. Und wie bei allem, das heiß ist und aus etwas Ungesundem herauskommt, bedeutet das einen ganzen Schwall an Dingen, die Übelkeit verursachen und nicht gerade leicht wegzukriegen sind.

Genau heute in einem Monat wird in Wien gewählt, in Oberösterreich bereits am 27. September. Deshalb haben wir diese Woche sogar den Luxus, einmal gänzlich auf die FPÖ zu verzichten, die in den letzten Wahlkampf-Fails eher omnipräsent war. Auch, wenn es eigentlich nicht weiter verwunderlich sein sollte, sind wir angesichts der Mühe, die sich alle anderen Parteien gerade geben, doch ein bisschen überrascht.

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Zuerst aber zu den Ergebnissen aus der Vorwoche:

Umfrage via poldaddy

Der Wechsel des „politischen Animals" Ursula Stenzel zur FPÖ hat bei euch in der letzten Woche, vollkommen zu Recht, für die größten Irritationen gesorgt. Dahinter liegt das freiheitliche Musikvideo vom Großglockner. Die missglückten Werbe-Schmähs der oberösterreichischen ÖVP waren euch dagegen eher egal—auch nicht ganz zu Unrecht, weil Josef Pühringer ohnehin so urgesteinig ist, dass ein 1:1 kopiertes Video auch keinen mehr überrascht.

Für diese Woche haben wir aus dem dampfenden Haufen halbverdauter Ideen folgende Kandidaten für euch ausgesucht:

Julian Schmid, der geile, grüne Posterboy

Foto: facebook.com/diegruenenwien

Zugegeben, wir verstehen Kunst einfach nicht. Das haben wir bereits in diesem Artikel mit dem Titel „Wir verstehen Kunst einfach nicht" erläutert. Und weil wir immer versuchen, zugunsten der Politiker zu denken—nach dem Motto: Die werden sich sicher was gedacht haben—, gehen wir in dem Fall im Interesse von Julian Schmid und der Grünen davon aus, dass auch dieses Plakat wahrscheinlich mit Kunst zu tun hat.

Immerhin kennen wir ähnliche Bilder von Oscar Wildes Grabstein am Pariser Friedhof Père Lachaise: Dort ist auch der gesamte Marmor mit Lippenstift-Bussis bedeckt. Was jetzt nicht heißen soll, dass Julian Schmid sowas wie Pariser Marmor ist. Oder dass die Grünen bereits beerdigt wurden. Ehrlich gesagt wissen wir nicht genau, was es heißen soll, womit wir wieder am Anfang wären.

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Wir könnten an dieser Stelle natürlich noch viele Fragen stellen—wie zum Beispiel: Ist Julian Schmid der Posterboy der Promiskuität? Wofür genau ist er als Politiker tatsächlich öffi? Muss man sich Bussis heutzutage mit der Jahreskarte abholen? Bekommt man sie sogar gratis dazu, wenn man 365 Euro an die Wiener Linien zahlt? Und wie sexy kann man sich auf einer Skala von 0 bis Grün eigentlich selber finden?—, aber damit würden wir uns nur weiter in den Wahlkampf-Dung hineinreiten.

Stattdessen sagen wir nur: „Hier wird die Ästhetik der Postmoderne auf spannende Weise anhand von barocken Farbkompositionen und vor dem Hintergrund einer ephemer gewordenen Geschlechter-Diktion verhandelt", weil Leute, die mit Kunst zu tun haben, solche Dinge sagen. Und weil wir uns auch weigern, das als Politik zu betrachten.

Im ersten Bezirk tritt eine Liste gegen „Tingeltangel" an

Als uns dieses Plakat über Twitter angespült wurde, waren wir zunächst ziemlich ratlos. Offenbar tritt zur Wien-Wahl eine neue Bürgerliste in der Inneren Stadt an, die sich zum Ziel genommen hat „den Ersten" zu retten. Der Spitzenkandidat will mit dem Posieren vor einer Graffitiwand wohl die nötige Street Credibility dafür beweisen—die Street Credibility, die man für den Ersten halt braucht. Außerdem will der Mann gegen die Flut an „Tingel Tangel" ankämpfen.

Das Wort Tingel Tangel kannten wir bisher eigentlich nur von Sideshow Bob aus den Simpsons, dem gleichnamigen Flohmarkt und dem Wiener DJ-Kollektiv und mussten deshalb erst mal googlen, was zur Hölle hier damit gemeint sein kann. Wikipedia verrät: Tingel Tangel „ist ein meist abwertend gebrauchtes Wort für ein Varieté, billiges Tanzlokal".

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Das lässt unweigerlich an die Rhetorik von Uschi „Stress ned" Stenzel denken. Vielleicht fühlen sich die alteingesessenen Innerstädtler ja von ihr verraten, weil sie zum Proleten-Verein FPÖ übergelaufen ist und machen nun ihr eigenes Ding, weil auch die ÖVP nicht mehr ernst zu nehmen ist. Und irgendwer muss ja gegen den öffentlichen Verdrängungsprozess durch japanische Fototouristen und saufende 14-Jährige auftreten.

Wir sind jedenfalls gespannt, was die politischen Umbrüche im Ersten Bezirk noch alles an dramatischen Entwicklungen bringen werden.

Das Team Stronach lädt Akif Pirincci ein – und wieder aus

Der deutsch-türkische Schriftsteller Akif Pirinçci veröffentlicht im Oktober sein neues Buch mit dem klingenden Namen „Die große Verschwulung—Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer". Niemand geringeres als die Team Stronach Akademie (!) hat den Autor deshalb zu einer Buchpräsentation für diese Woche nach Wien eingeladen. Gerne wären wir am Donnerstag selbst dabei gewesen, doch kurzerhand wurde die Veranstaltung noch abgesagt.

Akif Pirinçci, der in der Vergangenheit schon von der FPÖ und der Burschenschaft Teutonia eingeladen wurde, ist sozusagen der neue Held der politische Unkorrekten, eine freche, hippe Variante von Thilo Sarazzin oder Andreas Mölzer. Er selbst ist dabei voller Widersprüche—obwohl er aus der Türkei stammt, wettert er gegen Migranten und verherrlicht das „alte Deutschland", das mittlerweile zum „größten Hosenscheißer-Volk" verkommen sei. Und sein Hassobjekt Nummer Eins sind die sogenannten „Lesbenfotzen", obwohl er—wir können uns nicht helfen—äußerlich selbst irgendwie was Transsexuelles an sich hat.

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Klingt jedenfalls nach jemanden, der sich bestens mit Marcus Franz verstehen würde. Womit wir wieder bei der Frage wären, wieso der Mann doch noch ausgeladen wurde. Vielleicht stammt die Einladung ja wirklich noch aus den Zeiten des Homosexuellen-Heilers Marcus Franz, mit dessen Schweinereien man nun nichts mehr zu tun haben will. Oder es war die späte Erkenntnis, dass dieses Event und die dafür verwendeten Steuergelder dem sterbenden Team Stronach wohl einen weiteren, tödlichen Shitstorm eingebracht hätte.

Eine ÖVP-Kandidatin solidarisiert sich mit Anti-Homo-Ehe Aktivistin

Wien war politisch mal eine bürgerlich-konservative Stadt. Das liegt halt nur schon circa 150 Jahre zurück. Bei der kommenden Wien Wahl wird es für die ÖVP knapp, 10 Prozent zu erreichen. Ihre „Hochburgen" liegen in ein paar wenigen Bezirken und das Klientel der Stadtpartei ist mittlerweile ein recht überschaubare Truppe aus Hietzinger Villenbesitzer, Gymnasiumsfetischisten und last but not least—Kirchgängern.

Aus dieser Fraktion stammt auch Gudrun Kugler, Theologin, Juristin und Listenerste im Bezirk Penzing. Die fromme Kandidatin setzte sich auf Facebook jüngst vermehrt mit dem Hashtag #FreeKimDavis für die in den USA kurzzeitig inhaftierte, gleichnamige Standesbeamtin ein, die sich geweigert hatte, den neuesten Gesetzen entsprechend, ein schwules Paar zu trauen. Ihre Freilassung feierte Kugler mit den Worten „Bravo, Kentucky!"

Neben diesem Anti-Homo Engagement fällt Kugler ansonsten mit Posting-Zitaten wie „Die vernünftigen Menschen passen sich der Welt an, die Unvernünftigen versuchen sie zu verändern" auf. Wenn das mal nicht ein Statement zu reformorientierter Politik und dem aktuellen ÖVP-Motto „Kurswechsel jetzt!" ist.

Und hier gehts zur Abstimmung: