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Wahlen 2015

Die Wahlkampf-Fails der Woche

Ursula Stenzel bezeichnet sich als „politisches Animal" und wechselt zu Strache, die ÖVP wirbt mit Minions und die FPÖ liefert den schlechtesten Song seit der „Blauen Lady".
Screenshot via YouTube

OK, ganz ehrlich: Angesichts der aktuellen Situation in der Mitte Europas, wo Flüchtlinge wie Poker-Chips hin und her und vor allem abgeschoben werden, als ob es sich um den Einsatz in einem ziemlich perversen Spiel namens „Vergesst nicht auf die nächsten Wahlen" handeln würde, können wir nicht unbedingt sagen, dass wir Politik im Moment besonders lieben.

Politik ist alles, was gerade schiefläuft. Politik ist der Grund und die Ausrede für jedes aktuelle Versagen in der Flüchtlingsthematik. Politik ist der Teil unserer Gesellschaft, der vergangene Woche im Gegensatz zur Zivilbevölkerung nicht geholfen oder für Ordnung gesorgt sagt, als genau diese Hilfe und Ordnungam Westbahnhof dringend benötigt worden wäre.

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Aber Politik ist eben auch das Aufregen über und das Eintreten gegen solche Missstände. Politik sind nicht nur Politiker, die scheiße bauen, sondern auch die Zivilbevölkerung, die sie dafür abstraft. Womit wir einerseits bei den nächsten Wahlen und auch wieder bei den Wahlkampf-Fails wären. Auch vergangene Woche habt ihr ziemlich fleißig abgestimmt. Hier das Ergebnis:

Umfrage via Polldaddy

Gratulation, liebe FPÖ—der Linksschmäh mit der Oktoberrevolution führt maximal dazu, dass sich die tatsächlichen Oktoberrevolutionäre links herum im Grab umdrehen. Ein ehrenhafter zweiter Platz gebührt Robert Lugar, dem jahrzehntelang gedienten Politiker, der sich selbst als unpolitisch bezeichnet und damit zumindest seinem Ideenreichtum Ausdruck verleiht.

Und hier sind die Kandidaten für diese Woche:

Ursula Stenzel bezeichnet sich als „politisches Animal"

Foto: Franz Johann Morgenbesser | Wikimedia Commons | CC BY-SA 2.0

Es gibt wenig, was dazu noch nicht auf Twitter gesagt wurde . Ursula Stenzel sei eine weltfremde Möchtegern-Adelige, wäre sicher besoffen gewesen, habe die Figur von Kreisky und sollte sich besser aufs Stricken konzentrieren. Für uns ist sie vor allem das lebende Offline-Beispiel dafür, dass es das Filterblasen-Phänomen nicht nur auf Facebook, sondern auch im echten Leben geben kann—wenn sich das echte Leben im ersten Bezirk abspielt und man unter „Flüchtlingsunterkunft" alles versteht, was kein Luxushotel ist.

Wir finden jedenfalls, dass der Wechsel ziemlich wurscht ist, weil Stenzel weder das Volk (wie in selbsternannte „Volkspartei") noch die Arbeiter (wie in selbsternannte „Arbeiterpartei") irgendwie vertritt. Oder zumindest war das unsere Position, bis sie in einem Presse-Interview nachlegte und in bester „Die anderen waren auch böse!"-Manier alle Vorwürfe gegen die FPÖ damit abzuschmettern versuchte, dass es auch bei den Grünen Antisemitismus geben würde.

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Im selben Interview bezeichnete sich das Club-Öffnungszeiten-Cowgirl außerdem als „politisches Animal". Wir sind uns zwar fast sicher, dass Stenzel Animal deutsch ausgesprochen hat, was es wieder ziemlich nobel und passend altmodisch macht, aber gleichzeitig ist die Vorstellung einfach viel zu lustig, dass die Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt in bestem Moneyboy-Sprech von sich selbst „1 naisen politischen Animal" geredet haben könnte. Wir werden es wohl nie erfahren. Vor allem, weil wir uns nach Beendigung dieses Satzes nie wieder mit dieser Sache beschäftigen wollen.

LANDESHAUPTMANN PÜHRINGER KOPIERT EIN CSU-VIDEO

Foto: Screenshot via YouTube

Dass Oberösterreich schon immer ein eher schwieriges Verhältnis zu anderen Teilen der deutschsprachigen Welt hatte, wissen wir spätestens, seit die lokale FPÖ früher in diesem Jahr „Linz darf nicht Wien werden" plakatierte—und damit jedem denkenden Menschen, der die hohe Wiener Lebensqualität noch irgendwie im Hinterkopf hatte, einen Schlag auf selbigen verpasst hat.

Vielleicht versucht die oberösterreichische ÖVP auch genau deshalb jetzt, einen Akt der Versöhnung mit den Nachbarn zu setzen, auch wenn sie sich mit ihrem neuesten Wahlkampf-Vorstoß eher Richtung Bayern als Richtung Wien ausstreckt. Jedenfalls hat die Truppe rund um Josef „Fußballen-Wipper" Pühringer jetzt ein neues Video herausgebracht, das verdammt genau an ein Video der bayrischen CSU von 2013 angelehnt ist.

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Und wenn wir sagen „nah", dann meinen wir genau genommen: Der einzige Unterschied ist, dass Seehofers Krawatte gepunktet und die von Pühringer einfärbig ist. Bei Sendungen wie Switch Reloaded würde das ÖVP-Video jedenfalls ziemlich sicher als punktgenaue Persiflage durchgehen.

Andererseits sind wir uns nicht mal sicher, ob man der ÖVP als christlich-konservative Partei wirklich einen Vorwurf aus der Nachmache machen kann. Als Partei der guten Konservativen würde es uns eher wundern, wenn die OÖVP jemals wieder ein Video machen würde, das anders aussieht. Immerhin hat es schon alles, was so ein Video braucht (Bild, Ton, Menschlichkeit und eine Bierstube) und irgendwie ist das doch auch alles dasselbe: Horst Seehofer, Josef Pühringer, CSU, ÖVP, Potato, Potahto.

Den besten Kommentar dazu gab es bereits auf Facebook: „Wenn man für den eigenen Wahlspot schon keine eigenen Idee hat, hat man dann welche für das Land?" Wir lassen die Frage einfach mal so stehen und warten, ob Josef Pühringer uns ein Zeichen gibt. Einmal Fußballen-Wippen für ja, zweimal für nein.

Der Wahlkampfsong der FPÖ

Screenshot via YouTube

Dass der Song mit dem Pathos eines Russ Meyer-Films beginnt, kann man ihm eigentlich fast nicht vorwerfen. Geradlinige, unironische Botschaften sind total auf der Höhe der Zeit und niemand würde von der FPÖ Dubstep erwarten. Insgesamt hat der Song recht wenige Überraschungen, was einerseits schon wieder ein bisschen überrascht (ist Wahlkampf nicht auch das mit dem Auffallen?) und andererseits aber gewisse Botschaften auch bei der tausendsten Wiederholung nicht weniger gruselig macht.

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Werner Otti (geneigten Gebührenzahlern und Google-Benutzern bekannt aus Die große Chance und dem Online-Telefon) singt das Wahllied und liefert unter anderem diese schöne Stelle: „Es deaf a ka Roin spühn, ob'st oam bist oder reich. Die Hauptsoch is, in deinem Herz schlogt unser Österreich."

Jetzt könnte man natürlich darüber diskutieren, ob das tatsächlich die „Hauptsoch" ist. Vor allem, weil ich nie so richtig verstanden habe, was es heißen soll, wenn ein Land in einem Herz schlägt, weil das wahrscheinlich die verstörendste 08/15-Metapher aller Zeiten ist. Außer Frage steht schon mal, dass es ziemlich gut zur FPÖ passt, „reich" auf „Österreich" zu reimen. Weil sie eben gerne reimt und ungern zu viel Denkleistung dabei verschwendet.

Auf der Bildebene sieht Kickl zirka so aus, wie Faymann bei Maschek klingt und Strache erinnert an Propagandabilder aus Starship Troopers (ob Mensch oder Bug überlasse ich an dieser Stelle eurer Fantasie). Und auf Tonebene kann man eigentlich nur sagen, dass sich die FPÖ hörbar schwer damit tut, alles unter einen Hut zu bringen: Tradition und Gegenwart, altrechte Versatzwörter und blauen Neusprech, Österreich als Ganzes und Wien im Speziellen. Aber hey, wer wird denn schon so genau hinhören.

ÖVP Oberösterreich wirbt mit Minions

Foto via ÖVP Freistadt

Könnt ihr euch noch erinnern, als wir weiter oben im Text gesagt haben, dass wir uns eigentlich nicht ausmalen können, warum die OÖVP jemals wieder ein anderes Video als das Seehofer-Plagiat verwenden sollte? Tja. Wir haben einen Grund gefunden—und er hat mit dem Nachwuchs zu tun.

Die Neos klauen der ÖVP ja ein bisschen die Jugend. Deshalb hat sich der oberösterreichische Bürgermeister Christian Jachs für einen moderneren Anstrichetwas ganz Besonderes überlegt: Minions. Die süßen gelben Figürchen, die eigentlich aus dem Animationsfilm Despicable Me stammen und die wir inzwischen mehr als Meme denn aus ihrem eigenen Film Minions kennen.

Jedenfalls ist die ÖVP auf den Zug aufgesprungen und hat sich etwas total Freches überlegt, das die HEUTE als „Minions im Strohballen-Design" bezeichnet (obwohl es eigentlich Strohballen im Minions-Design sind, aber egal). Damit trifft Jachs genau den Zeitgeist. Die Minions sind nämlich nicht nur lieb, sondern auch ein Hit bei Kindern. Außerdem machen sie lustige Geräusche und alberne Sachen, schauen ein bisschen dumm und bringen uns zum Lachen. Warum genau man als Partei mit diesen Dingen identifiziert werden will, bleibt unklar.

Laut HEUTE will Jachs damit jedenfalls die Botschaft „Zukunft gestalten" vermitteln. Womit auch die Frage geklärt sein dürfte, was die ÖVP unter Innovation und Partizipation für die nächste Generation versteht.