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Bundesheer

Das lassen sich manche Typen einfallen, um dem Bundesheer zu entkommen

Nicht jeder hat Bock auf Bundesheer. Auf dem Weg zur Untauglichkeit greifen viele auf ziemlich fragwürdige Methoden zurück.
Zur Stellung beim Bundesheer, viele suchen nach Tipps für Untauglichkeitsgründe (Symbolbild)
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek via VICE Media

Im 17. Lebensjahr bekommt man als Mann in Österreich irgendwann mal ein Briefchen zugeschickt, das einen auffordert, zum „Stellungstermin" zu erscheinen. Das erfüllt nicht immer jeden mit Freude. Die Stellung (manche mögen das vielleicht eher als Musterung kennen) dauert eineinhalb Tage und ja, sie ist lästig. Beginn im Stellungshaus ist morgens um 7:00 Uhr und wenn man nicht gerade in der Nähe wohnt, muss man schon in der Nacht zuvor anreisen.

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Es gibt massenhaft Tests—medizinische und psychische—, die meist selbst von Grundwehrdienern durchgeführt werden. Die wiederum sind entweder angepisst, weil sie so eine nervige Arbeit haben, oder geilen sich an ihrer vorübergehenden Autorität auf. Ich kann mich nicht mehr ganz genau an den Vorgang erinnern, aber das hab ich noch im Kopf: Man muss in viel zu kurzen 70er-Jahre-Sport-Höschen rumlaufen, in einen Becher pinkeln, sich an den Sack greifen lassen, hippe Promo-Videos schauen, in denen das Bundesheer total fresh und cool rüberkommen soll, und Fragebögen ausfüllen.

Noisey hat mit General Geri von Rammelhof gesprochen.

Diese Fragebögen sind voll mit Fragen wie „Denken Sie manchmal an Selbstmord?", „Haben Sie Angst?" oder „Sind Sie oft grundlos traurig?". Bejaht man diese Fragen, muss man im anschließenden psychologischen Gespräch einen Grund für seine grundlose Traurigkeit angeben. Es ist echt nicht gerade meine Vorstellung von einem angenehmen Tag.

Und richtig Bock auf Bundesheer hat eben auch nicht jeder. Obwohl man sich natürlich auch für Zivildienst entscheiden kann, wollen viele Typen lieber gar nichts machen und versuchen irgendwie, sich als „untauglich" einstufen zu lassen. Wir haben das Internet und unsere Freundeskreise durchforstet, auf der Suche nach diesen Urban Legends, die man sich erzählt, über junge Männer, die vor dem Bundesheer flüchten wollen. Dabei sind wir auf ein paar sehr fragwürdige Methoden gestoßen.

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Blinddarm

Foto: Ed Uthman | Flickr | CC by 2.0

„Ich habe keinen Blinddarm mehr, bin ich jetzt untauglich?" Nein, das wird nicht funktionieren. Eine Blinddarm-Entfernung ist keine Herztransplantation und wird niemanden auf den Pfad der Untauglichkeit führen. Erst recht nicht dann, wenn die Operation schon acht Jahre her ist. Ihr seid bei bester Gesundheit, freut euch. Und macht euch gar nicht erst die Mühe, in irgendwelchen Bundesheer-Foren zu posten, ob ein entfernter Blinddarm zur Ausmusterung führt.

Vortäuschen

Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek via VICE Media

Vortäuschen ist sozusagen die Königsklasse in der Wehrdienstverweigerung. Es gibt da draußen in diesem Internet ganze Aufsätze darüber, welche Fragen man wie beantworten muss, um eine seelische Störung zu simulieren und wie man sich am Besten beim psychologischen Gespräch verhalten soll („was am besten hilft bei dem Gespräch ist, wenn man sagt, das Leben hat sowieso keinen Sinn, den man muss sowieso sterben und alles ist scheiße UND DASS JEDER UNFAIR DIR GEGENÜBER IST<-- wichtig"). Es ist schon sehr bizarr.

Auch wenn man eine Brille trägt, ist man noch lange nicht untauglich. Außer vielleicht, wenn ihr wie Armin Wolf 11 Dioptrin oder eine seltene Linsenkrümmung oder bevorstehende Retina-Ablösung habt, dann schon. Das Vortäuschen einer Seh- und Hörbehinderungen macht euch bestenfalls weniger tauglich—es kann aber auch zu Führerscheinentzug oder anderen Entmündigungen führen. So zu tun, als hätte man Selbstmordgedanken, ist darüber hinaus ziemlich geschmacklos. Aber was tut man nicht alles.

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Koffein

Foto: Fabian Schmidt | Flickr | CC by 2.0

Ein übermäßiger Konsum von Kaffee oder Energy-Drinks unmittelbar vor den medizinischen Untersuchungen soll angeblich den Blutdruck so stark erhöhen, dass das Herz während der körperlichen Belastungstests quasi explodiert und man somit nicht tauglich fürs Bundesheer ist. Viele halten das offenbar für eine sichere Lösung. Ein Freund von mir hat das versucht. Ihm wurde gesagt, er könnte problemlos Offizier werden—den Blutdruck dazu hätte er.

Marihuana

Foto: Rafael Castillo | Flickr | CC by 2.0

„Einfach vorher kiffen, dann sehen die das im Urin und du bist sofort untauglich." Das lässt sich leider nicht so einfach sagen. Es gibt Geschichten von Typen, denen eine Drogenabhängigkeit attestiert wurde und die somit ausgemustert wurden, aber wiederum auch Geschichten von Typen, die ihren Cannabis-Konsum sogar mehrfach angegeben haben und trotzdem eingezogen wurden. Ihr solltet außerdem nicht vergessen, dass ihr für diese Methode gegenüber Menschen in Uniform illegale Handlungen zugeben müsst, was manchen von euch wahrscheinlich das Lulu in die Hose treibt. (Kann man eigentlich wegen Inkontinenz untauglich sein? Hm.)

Aufschieben

Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek via VICE Media

Offenbar denken manche, wenn sie ihre Stellung immer wieder aufschieben, müssen sie irgendwann gar nicht mehr einrücken. Glaubt das besser nicht. Mit dem vollendeten 35. Lebensjahr endet zwar die Grundwehrdienstpflicht—der Stellungspflicht muss man allerdings bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres nachkommen, in Sonder- bzw. Bedarfsfällen sogar bis zum vollendeten 65. Lebensjahr. Auch, wenn ihr danach nicht 6 Monate mit stinkenden Teenagern Liegestütze machen müsst, sondern nur für irgendwelche Spezialaufgaben herangezogen werden könnt, kann es trotzdem gut sein, dass die euch noch kriegen.

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Geschlechtsumwandlung

Foto: Ilya Smirnov | Flickr | CC by 2.0

Ein operativer Eingriff ist seit 2009 in Österreich keine Voraussetzung mehr, um sein Geschlecht legal ändern zu lassen. Eine Personenstandsänderung erfordert lediglich ein fachärztliches Gutachten mit der Diagnose „Transidentität". Nun gibt es tatsächlich Typen, die darin den genialsten Weg in die Untauglichkeit sehen. Man kann natürlich nicht sagen, wie ernst ihnen die Sache mit der Geschlechtsumwandlung tatsächlich ist, aber das riecht schon sehr nach Fisch. Props für die Hingabe, aber—woah.

Es geht aber auch anders. Ein Bekannter von mir war mit 17 der einzige in seinem Freundeskreis, der keinen der beliebten Briefchen bekommen hat. Das hat ihn natürlich stutzig gemacht, also wandte er sich direkt an die zuständige Behörde—nur um herauszufinden, dass er seit seiner Geburt als Frau gemeldet war.

Aggression

Foto: Felix Montino | Flickr| CC by 2.0

Bei der Musterung eines Freundes wurde ein ganz in Schwarz gekleideter Muskelmann für untauglich erklärt, weil er als „zu aggressiv" galt. Auf seinem Gürtel stand das Wort „KRIEG" in Bling-Bling-Buchstaben. Irgendwas sagt mir, der wollte gar nicht untauglich sein—und wenn doch, muss er ziemlich clever gewesen sein (umgekehrte Psychologie und so). Die Stellung ist zwar nicht die beste Zeit im Leben eines Mannes, aber wahrscheinlich die kreativste.

Folgt Franz auf Twitter: @FranzLicht


Titelfoto: Daniel Gebhart de Koekkoek via VICE Media