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Sex

Es gibt nur eine korrekte Art, deinen Penis zu messen

Spoiler: Der Durchschnittspenis fällt kürzer aus, wenn Studien sich nicht auf die Angaben der Teilnehmer verlassen.
eine banane und ein maßband, metaphorisch für penis messen
Foto: VICE 

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Die Geschichte der Penislänge ist eine Geschichte des Selbstbetrugs. Alles begann mit der Pionierarbeit des Sexualforschers Alfred Kinsey. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezifferte er in seinem Kinsey-Report, Das sexuelle Verhalten des Mannes, den erigierten nordamerikanischen Durchschnittspenis mit einer Länge von 15,77 Zentimetern und einem Umfang von 12,32 Zentimetern. Weil Kinsey und sein Team die Ersten waren, die derartig schlüpfrige Statistiken erstellten, und für ihre Forschung weltberühmt wurden, behaupteten sich die Zahlen auch die nächsten Jahrzehnte lang mit beeindruckender Standfestigkeit.

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Ich bin allerdings der Meinung, dass die Bekanntheit dieses 70 Jahre alten Datensatzes – zusammen mit der Allgegenwärtigkeit von Pornografie – mitverantwortlich für die Verbreitung des sogenannten "Small Penis Syndrome" oder "Penile Dysmorphic Disorder" ist.


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Die Sache ist nämlich die, dass sich die meisten Männer, die wie besessen über ihren vermeintlich zu kleinen Penis nachgrübeln, vollkommen im Durchschnitt befinden. Das können wir natürlich nicht allein Studien wie dem Kinsey-Report ankreiden, aber der wiederholte Verweis auf den veralteten Datensatz hat auch nicht gerade geholfen. Denn es gibt gute Gründe dafür, Kinseys Zahlen nicht weiter als Referenz zu nehmen.

Die 3.500 Teilnehmer von Kinseys Studie waren allesamt weiße Studenten und entsprechend wenig repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Noch viel schwerer wiegt allerdings, dass Kinsey und sein Team sich bei ihrer Erhebung auf die Selbstauskunft ihrer Studienteilnehmer verließen. Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass es für den Rest des 20. Jahrhunderts als wissenschaftlich akzeptierte Methode zur Datenerhebung galt, eine nicht repräsentative Gruppe Typen nach ihrer Schwanzlänge zu fragen.

Bei einer Umfrage des Kondomherstellers Durex in den 1990ern schwollen Durchschnittslänge und -umfang des erigierten Gliedes sogar auf beachtliche 16,26 Zentimeter, respektive 13,21 Zentimeter an. Repräsentativ waren aber auch diese Ergebnisse nicht.

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Durex-Konkurrent Lifestyles sorgte 2001 immerhin für etwas Innovation im Vermessungsgeschäft. Der Kondomhersteller ließ 301 Freiwillige von zwei Arzthelferinnen vermessen. Ein kleiner Fortschritt, bestimmt, aber auch hier waren es wieder US-amerikanische Collegestudenten, die vor dem Lineal die Hose runterließen. Allerdings war nicht nur die Gruppe wieder sehr homogen, sondern auch die Durchführung selbst ließ die Einhaltung wissenschaftlicher Mindeststandards vermissen. Lifestyles hatte einfach während des Springbreak ein Zelt hinter einem Club im mexikanischen Cancún aufgestellt. Trotz des anscheinend reichhaltigen Bildmaterials schaffte es ein Viertel der Freiwilligen nicht, ihr bestes Stück in Vermessungsposition zu bringen. Und selbst die Standhaften dürften durch reichhaltigen Tequila- und Corona-Konsum ihre persönlichen Spitzenwerte nicht erreicht haben. Jedenfalls schrumpften Länge und Umfang des erigierten Durchschnittspenis auf 14,91, respektive 12,62 Zentimeter.

2013 schließlich wagte Kinsey-Institute-Mitarbeiterin Dr. Debby Herbenick einen erneuten Umfrage-Anlauf, bei dem sie sich wieder einmal auf die Selbstauskünfte der Befragten verlassen wollte. Um allerdings möglichst ehrliche Antworten zu bekommen, stellte die Studie den Befragten in Aussicht, ein besser sitzendes Kondom zu vermitteln. Dr. Herbenicks Werte waren noch kleiner als die der Lifestyles-Studie: Sie ermittelte eine Durchschnittslänge von 14,51 Zentimetern und einen Umfang von 12,23 Zentimetern. Eine weitere Erkenntnis der Studie bestätigte eine Tatsache, die viele Penisbesitzer und/oder -benutzer bereits wussten: Erektionen können bei ein und derselben Person mal mehr und mal weniger beeindruckend ausfallen. Diese Schwellungsunterschiede beeinflussen die Messungen signifikant.

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Insbesondere sah Dr. Herbenick, dass Befragte, die vor der Messung durch Oralsex erregt wurden, tendenziell besser bestückt waren als diejenigen, die ihre Maße nach mühevoller Handarbeit notiert hatten. Im Gespräch mit LiveScience merkte Dr. Herbenick allerdings an: "Wir wissen nicht, ob das bedeutet, dass Oralsex für Männer erregender ist und sie deswegen größere Erektionen bekommen, oder ob Männer mit größeren Penissen mehr Oralsex haben."

Auch wenn es von Dr. Herbenick definitiv schlau war, einen Anreiz für ehrliche Antworten zu schaffen, entschied sich im folgenden Jahr ein Team britischer Forscher dazu, das Lineal in professionelle Hände zu geben. Forscher Dr. David Veale und sein Team vom Londoner King's College schauten sich Penisvermessungen von 15.521 Männern an, die Urologen nach einem standardisierten Messprotokoll in einem klinischen Umfeld durchgeführt hatten. Und wieder einmal mussten Durchschnittslänge und -umfang nach unten korrigiert werden.

Dr. Veale kam auf 13,12 Zentimeter Länge und 11,66 Zentimeter Umfang. In der Studie räumt er allerdings ein, dass "relativ wenige Messungen an erigierten Penissen im klinischen Umfeld durchgeführt wurden." Das liegt, wie ich schon in einem älteren Penis-Artikel erwähnt habe, definitiv auch daran, dass es nicht so leicht ist, in einem klinischen Setting eine vorzeigbare Erektion auf die Beine zu stellen. Statt des Ständers wurde in Dr. Veales Studie die gestreckte Länge des schlaffen Glieds vermessen. Diese entspricht ziemlich genau der erigierten Länge, wie Urologen schon länger festgestellt haben. Dr. Veals Studie hatte zwar ihre eigenen Grenzen, aber sie schafft es, die Penismessung zu kodifizieren und zu standardisieren.

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Wenn du neugierig geworden bist, kannst du es selbst versuchen. Wenn du unbedingt den erigierten Penis messen möchtest, denk daran, dass die Art, in der eine Erektion erreicht wird, das Messergebnis beeinflussen kann. Also tu, was du tun musst, um das Glied auf Maximalgröße zu bekommen. Platziere ein durchsichtiges Lineal auf dem Penisrücken (die Oberseite) und press den Anfang des Lineals gegen das Schambein. Drück es wirklich so weit rein, wie du nur kannst. Gleich verstehst du auch warum. Egal, ob der gemessene Penis beschnitten ist oder nicht, die Vorhaut wird nicht mitgezählt. Hier wird nicht geschummelt. Dann liest du den Wert am äußersten Ende der Eichel ab.

Diese Messmethode heißt "Bone Pressed Erect Length" (BPEL). BPEL und "Bone Pressed Flaccid Length" (BPFL) – bei der der schlaffe Penis langgezogen wird – wurden in Dr. Veales Studie verwendet, weil sie verhindern, dass eventuelles Fett auf dem Schamhügel die wahre Penisgröße verdeckt. Deswegen muss das Lineal auch wirklich fest reingedrückt werden. Je mehr überschüssiges Fett ein Mann dort unten ansammelt, desto mehr wird der Penis darunter vergraben und büßt entsprechend an Länge ein.

Jetzt zum Umfang: Wenn du ein Maßband zur Hand hast, cool, aber ein Stück Schnur, ein Schnürsenkel oder eine nicht zu weich gekochte Spaghetti reichen vollkommen aus. Die legst du dann um die weiteste Stelle des Penisschafts und misst die Länge anschließend mit dem vertrauten Lineal ab. Falls die Eichel der breiteste Punkt des Penis sein sollte: Sorry, das zählt nicht.

Mithilfe standardisierter Messverfahren und angesichts neuerer, von Experten eingeholter Daten sollten viele Männer, die sich viele Gedanken um ihre Penisgröße machen, ein weniger verzerrtes Bild davon haben, wo sie im Durchschnitt stehen. Abgesehen davon tun eventuell Betroffene gut daran, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass die Länge des Geschlechtsakts und Erektionsstörungen eine viel größere Rolle für Partner oder Partnerin spielen als die Größe.

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