Jeder Mitbewohner, mit dem du in deinen 20ern zusammenwohnst
Alle Fotos via Bruno Bailey

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Jeder Mitbewohner, mit dem du in deinen 20ern zusammenwohnst

Aus der Zweckgemeinschaft wird manchmal echte Gemeinschaft. Oft wird einfach nur verschimmelter Feta draus.

Sehen wir den wirtschaftlichen Tatsachen ins Auge. Du wirst dein erstes Erwachsenenjahrzehnt, die 20er, nicht durchstehen, ohne deinen Wohnraum mit jemandem zu teilen. Ich versuche, mir vorzustellen, wie jemand ohne Mitbewohner die 30 erreichen könnte—so richtig alleine, mit lauter Musik und verkrusteten Geschirrbergen. Oder in einem American Psycho-artigen Dasein, mit sauberen Schlafanzügen und Liegestützen in einem keimfreien Elfenbeinturm (aber halt ohne das ganze Morden). Auf jeden Fall komme ich nur auf diese möglichen Erklärungen für mitbewohnerlose 20er:

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- In eine Milliardärsfamilie geboren???

- Banker????

- Du bist eine ambitionierte Person, die jegliches Spurenelement von Spaß ablehnt. "Kein Mittagessen für mich, danke. Ich hab' mir ein halb versteinertes Schnitzelbrötchen von zu Hause mitgebracht." "Taxi nach Hause? Heh, nein danke. Mein treuer Drahtesel reicht mir!" Und das machst du, nur um zu sparen, und wenn du mit dem Sparen fertig bist, sparst du noch ein bisschen mehr, und endlich, genau am Tag vor deinem 30. Geburtstag setzt du deine Signatur unter die Hypothek, auf die du schon dein ganzes Leben hingearbeitet hast. Ach ja, und Papa hat die letzten 20.000 beigesteuert.

Aber solche Leute sind wir hier alle nicht. Seien wir mal ehrlich, wir sind der Bodensatz der Gesellschaft. Wir müssen uns an Vermietern vorbeibetteln und jede Kaution verlieren, die wir berappen mussten, und dann atmen wir Schimmel und Asbest mit den gleichen Menschen, nur dass sie alle leicht unterschiedliche Gesichter haben, und dass auf den Pullis, die sie auf dem Heizkörper trocknen lassen, unterschiedliche Logos sind. Hier sind sie alle in praktischer Listenform: alle Mitbewohner, die wir kennen und lieben.

Der Typ, dessen Freundin Schluss gemacht hat, und der sich jetzt obsessiv auf seine Kochprüfung vorbereitet

Anfangs ist alles noch super, aber sechs Tage, nachdem Tina ihre letzten Pashmina-Schals und Innenarchitekturbände abgeholt hat, wohnst du plötzlich in einem Restaurant. "Probier' mal", sagt er und schiebt dir einen Löffel öliges Ragout zwischen die Kauleisten. Du wolltest eigentlich Tiefkühlpizza essen und Fußball gucken, aber jetzt macht er eisgeschockten Fenchel und Schweinefleischklößchen und du sitzt ganz zivilisiert mit einem alten Nutella-Glas voll Wein in der Küche und plauderst mit ihm. Ist eigentlich ganz in Ordnung so, oder? Ziemlich geil sogar. Außerdem musst du jetzt nicht mehr morgens zwischen den Spezialshampoos seiner Ex nach deinem 2-in-1-Produkt kramen.

Zwei Wochen später ist dir das Lachen vergangen. Du wolltest deine Wäsche am Gestell in der Küche trocknen, doch er hat spontan Lammbraten gemacht—an einem Dienstagabend—und jetzt riechen alle deine Arbeitsshirts nach Tajine. Die mittleren Kühlschrankregale sind vollgepackt mit Tupperware-Behältern mit grünen Bohnen und Fleisch. Das Gewürzregal hat eine neue Ebene, nämlich die Arbeitsfläche direkt unter dem Gewürzregal. Du hast jetzt drei verschiedene Sorten Salz.

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Es ist Woche sieben und er hat alle Herdplatten belegt, nur um Pasta mit Soße zu machen. Am Ende gibst du deinen eigenen Spaghetti-Plan auf und verziehst dich mit rohen Toastbrotscheiben aufs Zimmer.

In der neunten Woche wird dir klar, dass der Möchtegern-Bocuse Tina noch keine einzige Träne hinterhergeweint hat. Er bucht einen "Genießer-Urlaub" in Süditalien und kommt mit einem Koffer voller Schinken zurück.

Und schließlich kommst du irgendwann um 2 Uhr nachts in die Küche und findest ihn im harschen Schein der Deckenlampe, wie er in eine gegrillte Ananas flennt.

"Ich hab uns so ein Gemüse-Abo geholt! Die Radieschen lassen wir einfach liegen, bis deine Mutter mal zum Aufräumen kommt."

Die Lehrerin

Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwann wohnen wir alle mit einer Lehrerin oder einem Lehrer zusammen. Dass deine Mitbewohnerin Lehrerin ist, erkennst du daran, dass sie sich oft den Kopf hält, und wenn du fragst, was los ist, dann sagt sie "Korrigieren". Sie ist auch die einzige Person im Haushalt, die jeden Morgen ihr Outfit bügelt. Außerdem ist sie so gut wie immer extrem entspannt, außer das eine Mal, als du einen Fußball in den Grill gekickt hast und der Rasen Feuer gefangen hat, und dann hat sie alle angeschrien wie ungezogene Kinder, woraufhin eure Beziehung nie wieder ganz die alte war. Als Erwachsener eine Kinderstandpauke zu kriegen, brennt sich in die Psyche ein.

Die Person, die denkt, man könnte aus dieser Bude echt was machen, wenn alle die Ärmel hochkrempeln und eine "Haushaltskasse" einführen

"Eine Haushaltskasse!", ruft die Person. "Ein kleines Sparschwein oder ein Einmachglas!" Sie zeigt auf die rauchvergilbten Vorhänge, den fleckigen Vorleger, die langsam dahinsiechende Pflanze. "Wir könnten's hier richtig schön haben!" Sie schaut auf das abfallende Poster von La Dolce Vita, das jemand mal am Straßenrand gefunden hat. "Ein paar Kunstdrucke. Tom, du könntest doch deine Zeichnungen aufhängen!" Und kaum sind die Sätze gesprochen, müsst ihr alle 35 Euro in eine alte Kaffeedose stecken und am Wochenende zockelt ihr zu IKEA, wo ihr Bilderrahmen, ein paar instabile Möbelstücke und eine fesche Lampe ersteht. Dann kommt ihr nach Hause und packt aus und baut zusammen, und siehe da: Es ist genau dasselbe Dreckloch wie vorher, denn keine Deko kann den Gestank der Verzweiflung in eurer Bude übertünchen.

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Die Person, die einmal alle vier Monate erfolglos diese E-Mail herumschickt

"Hi ihr,

als ich gestern aus der Arbeit kam, war die Küche ehrlich gesagt in einem entsetzlichen Zustand. Als wäre wirklich eine Bombe eingeschlagen. [Extrem und furchtbar langer Absatz darüber, warum die Person so lange arbeiten musste.] Das ist so einfach nicht fair. Mir reicht es langsam.

Also machen wir es doch ab sofort so: Ich habe einen Haushaltsplan erstellt (siehe Anhang), der zielsicher das Zeitfenster auswählt, das euch jeweils am schlechtesten in den Kram passt, und der euch befiehlt, das Bad ab sofort zu genau dieser Zeit zu putzen.

[Extrem lange Schilderung, wie die Person die Küche geputzt hat] UND ich habe die ganzen benutzten Kaffeefilter weggeschmissen. So sehen die Regeln jetzt aus, und es wird nicht diskutiert. Wenn wir uns nicht an den Plan halten, sehe ich mich gezwungen auszuziehen.

Danke."

[DIESE PERSON WIRD NIEMALS AUSZIEHEN. SIE WIRD EINFACH WEITERHIN SOLCHE MAILS SCHREIBEN.]

Der Typ, der mit dem Klettern angefangen hat

Ist ja echt cool, dass deine Steigeisen so teuer waren, und es ist auch wunderschön, dass ein großer Teil des Küchentresens jetzt als Ablage für deine Energy-Gel-Packungen dient, aber wenn du sonntags um 7 Uhr morgens aus dem Haus klackerst, will ich davon nichts wissen. Sei gefälligst leise, wenn ich mich vor einer Stunde erst schlafen gelegt habe.

Der Typ, der bei seiner Freundin einzieht, die du noch nie gesehen hast

"Hey, Leute", sagt er, als er das Wohnzimmer betritt, in dem ihre alle gerade FIFA zockt. "Ich hab' Neuigkeiten: Ich ziehe mit Eva zusammen, ins Bahnhofsviertel." Inzwischen hast du FIFA pausiert, obwohl du gerade am Ball warst, und du denkst nur so: "Eva? Wer ist das? Und wo ist eigentlich das Bahnhofsviertel?" Und er sagt: "Ich ziehe in drei Tagen um, aber ich zahle natürlich noch bis zum Monatsende Miete. Ciao!" Das ist seltsam. So abartig seltsam. Wie kann man so wenig über den Mann wissen, dessen Teebeutel, Rasierschaum und Olivenöl man ständig mopst?

Der eine, der zwischen letztem Montag und April eine Süßkartoffel in einer Plastiktüte in den Obstkorb gelegt hat

Passt auf, Leute: Wessen Kartoffel ist das und dürfen wir sie bitte wegschmeißen? Das Ding ist schon länger hier, als die meisten meiner Beziehungen halten.

Das zerbrechliche Mädel, das gerade eine Trennung durchmacht und möchte, dass alle ab sofort zusammen essen

Was zur Hölle? Du kommst Samstagmorgen aus deinem Zimmer, die Küche ist sauber und jemand hat einen ganzen Kuchen gebacken. Sogar mit Glasur? Geil! Trennungen sind geil. Doch, oh shit: Ronja kommt gerade in ihrer Schürze vom Müllrausbringen zurück und wenn man ganz genau hinhört, schluchzt sie dabei leise. "Ah, schmeckt dir der Kuchen?", fragt sie und deutet auf deinen Frühstücksteller. "Ich hab' ein bisschen Lavendelessenz reingetan." Du sagst, das hättest du sofort rausgeschmeckt. "Backen macht schon Spaß", sagt sie, wendet sich dem Ofen zu und holt ein Blech Frangipane-Teig heraus. Dann setzt sie sich zu dir an den Tisch und öffnet eine Dose frisch gebackener Brownies. Die sehen so lecker aus, sind klebrig und schokoladig, aber nicht zu süß. "Ich hab' mir gedacht, es wäre nett, wenn wir alle zusammen essen würden …", sagt sie mit zitternder Stimme. Du nickst, das wäre ja auch nett, oder? Kommenden Sonntag, jeder steuert irgendwas bei, alle betrinken sich. "… und zwar jeden Mittwoch und Donnerstag." Ah, hm, ja. Das ist nicht gut. Aber du kannst auch nichts mehr dagegen sagen, weil jetzt Adele im Radio läuft und sie sich extrem zusammenreißen muss, um nicht loszuheulen. Am besten findest du dich einfach damit ab. Für immer—oder wenigstens bis du ausziehst.

Das Mädchen, das immer neue Typen namens Chris mitbringt

Ihr sitzt alle im Wohnzimmer, es ist 23 Uhr und vielleicht langsam Zeit fürs Bett—OK, vielleicht noch eine Folge Adventure Time—, und dann hört ihr diese unverkennbare Geräuschfolge: Absatzschuhe auf der Treppe, Gekicher, "Psssst" und dann Stille, Schlüssel im Schloss, Gepolter. Sie späht zur Tür rein, gefolgt und überschattet von einem großen Typen, der die Hände in den Hosentaschen hat. "Hi, Leute", sagt deine Mitbewohnerin, die Schlüssel noch in der Hand. "Das ist Chris." Ihr hebt alle eine Hand zum Gruß, er bewegt sein Mund zu einem geräuschlosen "Hi". Als du kurz darauf beim Zähneputzen einen Paolo-Nutini-Song aus ihrem Zimmer hörst, weißt du, dass es jetzt zur Sache geht. Langsam nervt das Album! Dummerweise ist einer eurer Mitbewohner in sie verliebt, also solltest du vielleicht eine Trost-Nachricht schicken, immerhin war das schon der zweite Chris diesen Monat.

Der Typ, der einfach nicht da ist

Dir wird klar, dass du Amir schon eine Weile nicht gesehen hast. "Verbringt der nicht immer das Wochenende bei seiner Freundin?", fragt eine Mitbewohnerin. "Oder macht er nicht … der hat doch öfter Geschäftsreisen, oder?" Du siehst ihn kurz, spätnachts, einen Rollkoffer hinter sich her ziehend. "Hey, Mann!", sagst du, die Zahnbürste im Mundwinkel. "Schön, dich zu sehen! Ich muss jetzt ins Bett, aber wir sehen uns morgen, OK?" Er sagt "Klar", doch dazu kommt es nie. Aber du verlierst nicht den Verstand. Oder? Du platzt in sein Zimmer: nichts, niemand. Nur ein ordentlich gemachtes Bett, drei Bücher über Finanzwesen, eine kleine Holzfigur und ein Fön. Das war's, mehr ist da nicht. Wo geht er nur hin? Warum besitzt er keine … Dinge? Eines Tages zieht er aus und teilt es euch allen erst eine Woche später mit. Per E-Mail.

"Ja, gerade gekauft, für nur 80 Euro! Ich übe mit YouTube. Du hörst das drüben doch nicht, oder?"

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Der Junge, der sich ein Hobby zugelegt hat, und dieses Hobby ist am Fahrrad schrauben

Ach, deswegen ist die Seife im Bad schwarz und es liegen drei Zahnräder im Flur. Deswegen saß neulich ein Typ mit dem Schienbein-Tattoo "Zwei Räder reichen" in deiner Küche und weigerte sich, sein Kurier-Funkgerät auszumachen. Adam steht jetzt auf Fahrräder. Ah, und was ist dieses wundersame Objekt in der Duschkabine? Doch nicht etwa … yep, es ist eine komplett ungewaschene Fahrradkette. Supi!

Die Person, die mehr Kleidung wäscht, als sie trägt

Alter, ich sehe dich immer nur in schwarzen Jeans, einem leicht vergilbten weißen T-Shirt, den kaputtesten All Stars aller Zeiten und manchmal einem grauen Hoodie, dessen Ärmelenden ganz ausgefranst sind. Wie zur Hölle machst du bitte sechs Wäscheladungen die Woche? Was wäschst du denn? Und warum hängt es über all unseren Türen und Heizungen? Du hast einen Bettdeckenbezug auf einem Sofa ausgebreitet, mein Guter. Das wird nicht trocknen, so lange wir hier noch wohnen.

Der Typ, der nur Würstchen und rohe Kartoffeln isst, und du weißt nicht, wieso er überhaupt noch lebt

Du siehst ihn kaum, denn er hat ein System. Er weiß mehr über das Haus und die Abläufe darin, als du es jemals tun wirst. Er duscht in stillen Zeitfenstern, in denen niemand das Bad braucht. Er rennt genau um 20:15 Uhr in die Küche, wenn ihr soeben fertig gekocht und das Feld geräumt habt, und verschwindet wieder, bevor es um 21:30 Uhr an den Abwasch geht. Er hat da auch so ein "Rezept": Er schneidet eine Süßkartoffel und packt sie in eine Tupperware-Box, fünf Minuten in die Mikrowelle, dicker Esslöffel Margarine drauf, alles ordentlich zermatschen. Dazu noch eine Handvoll kalter Würstchen aus der Dose. Oder er isst Reis mit einer Dose gebackene Bohnen dazu. Hat er gerade Suppe in einen Brotlaib geschüttet? Das Zusammenleben mit diesem Exemplar endet nur auf zwei Wege: Entweder er verschwindet einfach eines Tages, oder sie müssen ihn auf der Bahre raustragen, nachdem er als erster Mensch in einer Industrienation des 21. Jahrhunderts an Skorbut gestorben ist.

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Die Person, die jedes Mal an der Wohnungstür auftaucht, wenn du nur eine Sekunde nach 23 Uhr erscheinst—selbst wenn du die Tür ganz leise aufmachst—, sie trägt einen fluffigen Bademantel, hat eine Tasse Kräutertee in der Hand und ist unfassbar sauer auf dich.

Wer legt sich um 21:30 Uhr ins Bett, Jenny? Wer?

Der Typ, der seit zweieinhalb Jahren hier wohnt, und der in dieser gesamten Zeit absolut gar nichts getan hat, um sein Zimmer aufzuhübschen—außer das eine Mal, als er eine schokolierte Nuss verloren hatte und deswegen das Bett verschob, was ihm dann ganz gut gefiel.

Typ, du bezahlst 750 Euro im Monat für ein Zimmer, das aussieht wie in einem besetzten Haus, weil du zu faul bist, auch nur in einen Wäschekorb zu investieren.

Im Gegensatz dazu: Das Mädel, das mit der Miete in Verzug gerät, weil sie so viel für Lichterketten, Kerzen und Mikrofaserkissen ausgibt.

Du weißt schon, dass diese Bude nur gemietet ist und du die weinrote 300-Euro-Wandfarbe am Schluss wieder überstreichen musst? Hör auf, irgendwas vom skandinavischen Gemütlichkeitsbegriff zu faseln, und zahl deinen Teil der Stromrechnung.

Die Party war vor drei Tagen. Weiß einer, ob die beiden hier wohnen?

Das Pärchen

Sie sprechen mit einer Stimme, sie teilen sich ein Gehirn. Obwohl sie nur für genau ein Zimmer zahlen, weil sie auch genau ein Zimmer bewohnen, haben sie "mal drüber nachgedacht" und sind der Meinung, sie sollten weniger zahlen. Sie kriegen gleichzeitig Besuch von allen vier Eltern. Dann gehen sie einander auf die Nerven. Sie ist seit drei Wochen bei ihrer Schwester, um "mal durchzuatmen". Im Haus hält niemand zu ihm. Er versucht, alle auf ein Bier aus der Wohnung zu kriegen, jeder sagt "Nein". Als sie ausziehen, kommt sein Vater mit dem Transporter. Sie werden zusammen ein Leben aufbauen, ein Kind kriegen. Er wird anfangen, für sein Leben gern Fleecepullis zu tragen, sie wird ihre Leidenschaft fürs Früh-zu-Bett-Gehen entdecken.

Der Mitbewohner, der es für eine gute Idee hält, zu singen

Das ist es nicht, Leon! Und Frank Sinatra hat bestimmt auch weniger Krach mit den Tellern gemacht, wenn er abgewaschen hat.

Die kreative Mitbewohnerin, die eure Bude mit Künstlern füllt

"Kann ich euch um 'nen Gefallen bitten, Leute?", sagt Mila, die sich auf Facebook MiLa Mystique nennt und neben ihrer Stelle bei einem Plattenlabel noch ein Kunstkollektiv betreibt. "Ist jemand von euch dieses Wochenende da?" Alle nicken. Sie sind dieses Wochenende da, wie überhaupt an den meisten Wochenenden, denn das ist der Zeitraum, in dem Menschen statistisch gesehen am meisten Zeit zu Hause verbringen. "Ah. Es kommen nämlich ein paar Drag-Typen aus Dänemark, die den Platz hier gut brauchen könnten." Sie gestikuliert Richtung Wohnzimmer. "Für ihre neueste Show."

Und am Samstagmorgen tauchen sechs Skandinavier auf und bauen im Wohnzimmer … irgendwas zusammen. "Ihr habt doch Schlösser an euren Türen, oder?", fragt Mila. Nein. Niemand hat ein Schloss an der Tür. "Scheiße. OK, könnt ihr schnell losziehen und … sechs Schlösser kaufen?" Was zum—was ist denn bitte überhaupt los? "Passt auf, in der Küche stehen Hummus und Baguettes. Ihr könnt euch auch was vom Tzatziki nehmen, aber dann verkrümelt ihr euch bitte bis heute Abend, ja? Danke!"

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Du kommst um 20 Uhr wieder und auf deinem Teppich hat jemand Wein verschüttet. Lauter blasse Künstler-Kids sitzen mit freiem Oberkörper herum. Also nimmst du mit ihnen bis sechs Uhr morgens Koks. "Geht das klar", fragt Mila, "wenn jemand hier morgen einen kleinen Foto-Shoot macht? Wir kriegen 150 Euro dafür." Siehst du je was von dem Geld? Nein. Einer der Dänen schläft sechs Wochen lang in Milas Bett bis sie endlich den Laufsteg abbauen, der Löcher im Teppichboden hinterlässt und dich den Löwenanteil deiner Kaution kosten wird.

Das ist Kunst, wenn ich das sage, OK?

Die Person, die sich immer beschwert, dass sie angeblich die meiste Arbeit habe, am häufigsten abspüle und aufräume, aber seltsamerweise hast du sie noch nie auch nur beim Müllrausbringen gesehen, und außerdem kommt sie sonntags immer mit den zehn guten Kaffeetassen aus ihrem Zimmer, dreht ihre Musik zu laut auf, labert zu viel, lädt ständig ihren ganzen Freundeskreis ein, verbraucht all das heiße Wasser und lässt ihren Dreck überall rumliegen. Diese Person wird sich niemals bessern und verdient nicht genug Geld, um anderswo einzuziehen. Sie braucht ihre Mitbewohner, weil sie keine richtigen Freunde hat.

Das bist du.

Lobende Erwähnungen für:

  • Die Person, die ihr Tinder-Date nach einer gemeinsamen Nacht einziehen lässt
  • Der Typ, der Probleme beim Vermieter meldet, ohne vorher mit jemandem aus der Wohnung gesprochen zu haben, sodass der Vermieter sich daran erinnert, dass ihr existiert, und die Miete erhöht
  • Die Person, die jedes Mal neuen Feta kauft, wenn sie Lust auf Feta hat, während schon sechs Blöcke Feta im Kühlschrank vor sich hin gammeln
  • Der Typ, der den Kühlschrank öffnet, fragt: "Was riecht'n hier so?", ihn wieder schließt, dann nochmal öffnet und schließt, und dann einfach den Raum verlässt und der Sache nie wieder auf den Grund geht, sodass du schließlich diesen matschigen Frühlingszwiebeln den Garaus machen musst
  • Das Mädchen, das die Wohnzimmerkissen auf eine ganz bestimmte Art anordnen muss
  • Der Typ, der eben das ganze Wochenende Drogen geballert hat, und sich jetzt schon den zweiten Monat in Folge Geld von dir leihen will
  • Die Person, die ihren ganzen Freundeskreis jeden einzelnen Freitag zum Vorglühen einlädt, als gäbe es keine anderen Orte für sowas, dabei willst du doch nur einen Toastie zubereiten, aber all diese Leute sind im Weg, und so verbringst du dann deinen Freitagabend auf einem Schreibtischstuhl, vor dir ein Glas Wodka-O, von dem du versuchst, die Finger zu lassen, und fragst dich—wie so oft: "Wie bin ich hier bloß gelandet?"

Plötzlich klingt es gar nicht mehr so übel, ein pfennigfuchsender Schnösel mit Bausparvertrag zu sein, oder?

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