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Popkultur

Diese Typen triffst du nach 21 Uhr auf der Uni-Bibliothek

Eine Untersuchung ist längst überfällig – schon allein wegen der drohenden Gefahr, selbst mal einer von ihnen zu werden.

Alle Illustrationen: Viktoria Strehn

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Almdudler Mate & Guarana entstanden.

Für viele ist es in erster Linie ein Ort der Konzentration. Man spürt schon beim Betreten die stille Anspannung, die in dem Raum liegt, wo intensiv über Inhalten – wie der hermetischen Dichtkunst im Manierismus oder dem Sinn von Hegels Wissenschaft der Logik – gebrütet wird. Mit roten Augen und gelegentlich einnickend, hängen die emotionslosen Gesichter da, während man dabei zusieht, wie die Gedanken von fünfhebigen Jamben zu fluffigen Daunenkissen wandern. Der Kampf ums Wachbleiben wird hier oft genauso intensiv gefochten wie jener gegen die nächste Seminararbeit-Deadline.

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Für manche ist es ein Ort der Begegnung, wo nicht nur das Leid ganz solidarisch geteilt wird, sondern auch die Leuchtmarker und Energydrinks. Einige kann man auch dabei beobachten, wie sie die heiligen Hallen ganz unverblümt dazu nutzen, Erstsemestrige anzusprechen und dann eher ungeschickt auf einen Drink einzuladen.

Zugedröhnt von koffeinhaltigen Getränken verbringen sie die Nacht damit, sich alles einzuverleiben, was sie bis zur letzten Minute auf der Bib gesaugt haben.

Und obwohl für die meisten, die auf der Uni-Bibliothek ein- und ausgehen, die möglichst schnelle Erledigung ihrer Arbeit im Vordergrund steht (gemeinsam mit dem Wunsch, diesen Ort der unterdrückten Huster und Fürze so schnell wie möglich hinter sich zu lassen), gibt es dennoch einige unglückliche Seelen, die es selbst nach Beginn des Hauptabendprogramms noch nicht rausgeschafft haben.

Der Versuch einer Typologie dieser seltenen Geschöpfe ist längst überfällig – schon allein wegen der drohenden Gefahr, selbst mal einer von ihnen zu werden. Wir haben fünf Kategorien von Bib-Besetzern definiert und empfehlen jedem Menschen, sich die Symptome möglichst gut einzuprägen, damit man im Fall der Fälle rechtzeitig intervenieren kann. Hier die Typen, in denen ihr euch besser nicht wiederfinden solltet.

Die, die kein Internet zuhause haben

Diese Personen sind meist an ihrer Vielzahl von elektronischen Geräten erkennbar, mit denen sie sich dann ins Netzwerk einloggen, um das eher dürftige Breitband der Uni-Bib voll auszunutzen. Der Laptop ist hier Empfänger für alles von illegalen Blockbustern, der letzten Episode Girls , bis hin zu ein paar Porno-Perlen, während am Smartphone Updates runtergeladen werden oder das eine oder andere Instagram-Video endlich seinen Platz am Profil findet.

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Ganz Dreiste wurden auch schon mit zusätzlichem Tablet auf der Bib gesichtet. Diese Menschen laden sich tatsächlich elektronische Bücher über das WLAN der Bibliothek runter, und sind sich der Ironie wahrscheinlich nicht mal bewusst.

Zugedröhnt von koffeinhaltigen Getränken verbringen sie dann zuhause die Nacht damit, sich alles einzuverleiben, was sie bis zur letzten Minute auf der Bib gesaugt haben und schlafen dann zufrieden und erschöpft um 7 Uhr morgens ein.

Die, die zu viele Bücher ausgeliehen haben und sie nicht heimschleppen können

Dieser Typus lässt sich wiederum in zwei Kategorien aufspalten: Die überambitionierten Studierenden, und die, die genau am letzten Tag vor der Prüfung oder Deadline mit seiner Arbeit beginnen. Dabei muss zunächst auch klargestellt werden, dass beide Typen unter demselben Zugzwang leiden, weil die Bibliothek zwar einerseits bis 22 Uhr geöffnet bleibt, die Ausleihe aber vielerorts nur bis 18 beziehungsweise 19 Uhr besetzt ist.

Aus Angst, nicht alles zu wissen, leihen sie sich doppelt so viele Werke aus wie sie selbst dann nicht lesen könnten, wenn sie die ganze Nacht wach blieben.

Es ist natürlich doppelt bitter, wenn du dich als Variante 1 neben Variante 2 dieses Typus wiederfindest, aber Tatsache ist, dass ihr es beide genauso verdient habt. Bist du überambitioniert und anscheinend auch noch unfähig genug, dein eigenes Seminararbeitsthema oder Prüfungsgebiet einzugrenzen, gehörst du zu Gruppe 1. Das gilt auch, wenn du aus Angst, nicht alles zu wissen, vorsichtshalber doppelt so viele Werke zu dem Thema ausgeliehen hast wie du selbst nicht lesen könntest, wenn du die ganze Nacht wach bleiben würdest.

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Gruppe 1 zeichnet sich auch durch permanente Versagensängste und fast schon zwanghafter Besserwisserei aus. Gratuliere, du bist ziemlich sicher nicht sehr beliebt in deinem Freundeskreis. Gruppe 2 ist einfach faul oder leidet unter fast schon narzisstischer Selbstüberschätzung, was diese Menschen wahrscheinlich genauso sympathisch macht wie die aus Gruppe 1, auch wenn sie es ziemlich sicher besser kaschieren können. Ja, das Leben ist unfair.

Die, die ihre Mitbewohner hassen

Man erkennt die Verzweiflung in ihrem Gesicht, mit jedem Blick auf die Uhr. Die drohende Stunde, an der sie die Bibliothek verlassen müssen, zurück in ihre eigenen vier Wände kehren, und sich mit den in ihren Augen zu einer einzigen Unerträglichkeit mutierten Mitbewohnern herumschlagen müssen.

Es gibt viele Gründe, warum man mit Menschen zusammenwohnt, die man überhaupt nicht leiden kann. Manchmal weiß man es schon vorher und denkt, dass man sich trotz aller Differenzen und Vorlieben mit ihrer geruchsintensiven exotischen Küche arrangieren kann. Manchmal checkt man es auch erst, wenn es schon längst zu spät ist. Sich zu fragen, warum man nicht vorausgesehen hat, dass der konstante Pfeifentabakkonsum des Mitbewohners zu interhäuslichen Spannungen führen wird, hilft dann auch nichts mehr.

In beiden Fällen muss man auch das Level an Ignoranz bewundern, die einem derartigen Wohnungskonflikt zugrunde liegt. Diese Ignoranz ist häufig mit chronischer Schlaflosigkeit und dem verzweifelten Wunsch gepaart, niemals bei ihren Eltern ausgezogen zu sein.

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Die, die die Infrastruktur der Bibliothek zum Überleben brauchen

Jede Mahlzeit wird auf der Uni eingenommen, egal ob auf der Mensa oder aus dem Snackautomaten. Die Wasserflasche wird immer wieder am Klo aufgefüllt – fast schon mit einem süffisanten Gesichtsausdruck, der verrät, dass diese Leute nur darauf warten, mit jemandem eine Diskussion über das Recht auf Trinkwasser für alle Menschen zu beginnen.

Natürlich führen sie diese Diskussion nie mit jemand anderem als sich selbst. Ob auf den Treppen sitzend, in faden Diskussionsgruppen der Internationalen Politik oder auch aufmerksam die wenigen (und oft etwas verklärten) Ausstellungsstücke im Gang der Bibliothek bewundernd – diese Studierenden lieben die Idee, Studierende zu sein.

Da geht es oft gar nicht um die konkrete Wahl ihres Studiums, sondern einzig und allein um das Bild, das sie vom Prototyp des Studenten haben. Es lässt sich immer ein Seminar finden, in dem man sein Halbwissen über Kant anbringen kann, oder eine Arbeitsgruppe gründen, die sich mit der Ausbeutung der Ethnien des Südpazifiks befasst. Dieser Typus ist auch oft beim Schlafen mit dem Kopf auf dem Tisch zu beobachten und spricht alle Bibliotheksangestellten an, als wären sie Freunde seiner Eltern.

Die, die zuhause sonst nur putzen würden

Als der Archetyp aller Prokrastinierer gilt jene Sorte Student, die wirklich jedes Eck ihrer Wohnung putzen müssen, bevor sie sich überhaupt mit dem Gedanken befassen können, irgendeine Art von geistiger Arbeit zu leisten. Dabei steht nicht nur der Reinlichkeitsgrad der Wohnung im Mittelpunkt der vermeintlich unfreiwilligen Wahl von Prokrastination, sondern auch das Arrangement der Möbel, die Sortierung sämtlicher Bücher nach dem Regenbogenfarben-Prinzip und das Waschen jedes einzelnen Kleidungsstücks, das sich zu dem Zeitpunkt in der Wohnung befindet.

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Diese Zwänge machen natürlich nicht vor Universitätsmauern halt und so kann auch dieser Typus schon vom Bibliothekseingang aus gesichtet werden. Verfolgt von dem Gedanken, erst alles geordnet vor sich zu haben, bevor losgelegt wird, tun sie alles – außer zu arbeiten.

Man will sie packen und schütteln, während man mit lauter Stimme immer wieder "Vade Retro Satana!" schreit.

Dabei fällt vor allem die Gequältheit auf, mit der sie ihre farblich codierten Trennblätter beschriften oder ihr Federpenal erst säubern und dann sortieren. Es mag auch daran liegen, dass sie seit 22 Stunden wach sind, aber diese Studenten erinnern in der Endphase äußerlich öfter mal deinem Physik-Professor aus der dritten Klasse als einem ausgeglichenen, jungen Erwachsenen. Wie ein selbstauferlegtes Martyrium tragen sie ihre Neurose in einer Manier zur Schau, dass man sie packen und schütteln möchte, während man mit tiefer, lauter Stimme immer wieder "Vade Retro Satana!" schreit.

Leider wachen sie meist erst aus ihrer Manie auf, wenn sie von den netten Angestellten mit einigem Nachdruck in der Stimme darauf hingewiesen werden, dass die Bibliothek nun doch bald schließt. Ihr bettelnder Blick und trauriges Winseln nach "nur noch fünf Minuten" verhallen in den leeren Gängen der Bibliothek. Sie sind dann wirklich die letzten Menschen.

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