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Cyberkriminalität

Gamer ergaunert virtuelle Waffen und landet im Knast

Einem 31-Jährigen aus Lehrte droht eine 18-monatige Haft, weil er Ebayer um 'Counter-Strike'-Waffen im Wert von 6.200 Euro betrogen hat.
Symbolbild: imago | ZUMA Press

Ausgestattet mit Headset, Maus und Tastatur ballern sich seit fast 20 Jahren hunderttausende Gamer durch die virtuelle Welt des Ego-Shooters Counter-Strike. Wer keinen Bock hat, alle zwei Minuten von seinen Gegnerinnen reihenweise niedergemetzelt zu werden, oder einfach der Godfather of Counter-Strike sein möchte, kauft sich im Spiel über virtuelle Märkte Waffen, Outfits und Zubehör. Oder bei Ebay.

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Jan S., ein 31-jähriger Informatik-Student aus Lehrte bei Hannover, legte für die Ware jedoch keine Geldscheine auf den virtuellen Tresen. Er log die Verkäufer an, er hätte das Geld, überzeugte sie, ihm die Waffen bei Counter Strike zu übertragen, bezahlte aber nie. Wert der ergaunerten Ware: 6.200 Euro. Zu seiner Beute zählen ein AK 47-Skin, der das Aussehen und die Eigenschaften einer virtuellen Waffe verändert – Wert: 5.000 Euro –, und ein virtuelles Schwert im Wert von 1.200 Euro.


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Weil er mehrfach vorbestraft und zum Zeitpunkt seiner Gaunerei auf Bewährung war, befindet sich Jan S. derzeit in der JVA Burgdorf, sagt Philipp Suden, Richter am Landegericht Hildesheim, gegenüber VICE. Dafür, dass er virtuelle Waffen nicht mit echtem Geld bezahlt hat, droht ihm eine längere Haftstrafe. Das Amtsgericht Lehrte verurteilte den Informatik-Studenten wegen Betruges in fünf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten. In den anderen drei Fällen hatte Jan S. iPhones über Ebay angeboten, ließ sich von den Kaufenden per Vorkasse bezahlen, schickte die Telefone aber nie los.

"Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Verteidigung hat bereits Berufung dagegen eingelegt", sagt Suden. Das Urteil werde daher vom Landgericht Hildesheim überprüft, wann genau, sei derzeit noch nicht absehbar. Bis Ende September müsse das schriftliche Urteil vorliegen. Erst dann könne die Verteidigung von Jan S. die Berufung begründen und das Landgericht einen Termin zur Verhandlung ansetzen.

Jan S. ist nicht der erste Zocker, der andere Gamer in Videospielen bestohlen hat. Die Bochumer Polizei ermittelte 2009 wegen einer mutmaßlichen Manipulation im Online-Fantasy-Spiel Metin 2. Ein Spieler erstattete Anzeige gegen unbekannt, weil er überzeugt war, dass ein anderer Spieler ihm ein Siamesenmesser, Phoenixschuhe, Himmelstränenarmbänder und andere Items gestohlen hatte, für die er 1.000 Euro bezahlt hatte. Einen Prozess gab es nie.

In Augsburg kam es 2010 zum ersten bundesweiten Urteil wegen eines Diebstahls in einem Computerspiel. Ein 16-Jähriger hatte die Kleidung von Figuren zweier Freunde ebenfalls aus Metin 2 ausgezogen und verkauft. Das Augsburger Gericht verurteilte den dreisten Dieb zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Weil virtuelle Gegenstände im Strafgesetzbuch in Online-Spielen nicht als Eigentum gerechnet werden, da sie nicht fassbar sind und keinen Wert darstellen, wurde der Jugendliche wegen "unbefugter Datenveränderung" verurteilt.

Jan S. habe in Counter-Strike besser sein wollen als andere, sagte er laut Bild vor Gericht. Wahrscheinlich jeder Mensch, der gerne zockt, der sich mit seinen Freunden und Freundinnen stundenlang bei Mario Kart misst, Schildkrötenpanzer auf den vorbeirauschenden italienischen Klempner wirft, will gewinnen. Wer sich bei Fifa 2019 statt des SV Sandhausen lieber doch die Königlichen von Real Madrid aussucht, will gewinnen. Wer jedoch virtuelle Super-Waffen erschleicht und für ein halbes Jahr hinter Gittern landet, sorgt bestimmt nicht nur bei Richter Robert Glaß für Kopfschütteln. Der hatte vor dem Urteilsspruch nur noch eines zu sagen: "Unverständlich, dass man so heiß auf diese Gegenstände sein kann."

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