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Sex

Kinder haben meine Beziehung zerstört

Meine Freundin war meine große Liebe. Dann kam der Wunsch nach Kindern dazu. Und die nervigen, stinkenden, das Leben ruinierenden kleinen Schreihälse wurden zum Hauptthema.

Foto: Sharon Mollerus | flickr | cc by 2.0

Meine Freundin, besser gesagt, meine Exfreundin, ist sechs Jahre älter als ich. Das ist an sich keine große Sache, wäre da nicht der Umstand, dass ich gerade 30 geworden bin und sie das—wie ihr sicher selbst schon ausrechnen konntet—zu einer 36 Jahre alten Frau macht.

Das ist ungefähr der Zeitpunkt, wo sich viele Frauen allerspätestens überlegen müssen, ob sie gerne ein Baby haben möchten. Das ist kein chauvinistischer Blödsinn, den ich mir ausdenke, weil ich eine biologistische Weltansicht propagiere, sondern einfach Biologie. Frauen können natürlich auch mit 40 noch Kinder bekommen, aber spätestens mit dem Wechsel ist die Option gelaufen. Schon davor steigert jedes Jahr die Chance auf Komplikationen.

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Das sind alles keine weltbewegenden Neuigkeiten, aber viele Menschen in meinem Umfeld müssen sich damit auseinandersetzen, weil sie gerade in diesem Alter angekommen sind oder zumindest kurz davor stehen. Bei mir ist an der Entscheidung, ob ich ein Kind haben will oder nicht, meine 6-jährige Beziehung gescheitert. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, dass dieses scheiß Thema mich meine große Liebe gekostet hat.

Meine Exfreundin und ich waren immer schon ein gutes Team. Wir haben uns bei einer Afterhour kennengelernt und das ist ziemlich symbolisch für die ersten Jahre unserer Beziehung. Meistens sind wir am Freitag Abend gemeinsam ausgegangen und haben uns bis zum Haaransatz mit Drogen vollgestopft, dann den Samstag irgendwo zwischen Sex und Delirium verbracht, bevor wir am Sonntag wieder zu menschlichen Wesen wurden, die ganz normale Sachen wie Essen gehen oder Filme schauen unternommen haben.

Obwohl wir uns auch ab und zu auch unter der Woche gesehen haben, erinnere ich mich vor allem an ausschweifende Partys und die dazugehörigen Hangovers, wenn ich an unsere ersten 36 Monate zurückdenke. Weil wir aber mittlerweile 30 beziehungsweise 36 sind und die erschreckende Entwicklung zum Langweiler vor keinem Menschen Halt macht, hat sich in den letzten Jahren alles geändert. Wir haben unsere Lieblingshobbys immer mehr gegen so klassische Alte-Menschen-Freizeitbeschäftigungen wie Reisen, zu Hause kochen oder Dschungelcamp schauen eingetauscht.

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Viele Beziehungen zerbrechen in genau dieser Phase, weil meistens nur einer der beiden Partner sich plötzlich verändert, aber wir hatten das Glück, eine der eher seltenen Ausnahmen zu sein. Nach etwas mehr als vier Jahren haben wir sogar beschlossen, unseren jeweiligen WGs Adieu zu sagen und zusammenzuziehen. Selbst das hat erstaunlich gut funktioniert, sobald ich einmal akzeptiert hatte, dass ich einfach nichts bei der Einrichtung mitzureden habe—eine sehr gute Entscheidung, weil mein Gefühl für Inneneinrichtung zu einem Appartement mit der Wohnlichkeit einer Gefängniszelle führen würde.

Seht euch noch mal unsere Fotostrecke an: So wohnen Wiener Junggesellen

Natürlich haben wir auch gestritten, aber es war im Großen und Ganzen tatsächlich so harmonisch, wie sich das hier anhört. Selbst der Sex war noch gut, wenn man einmal damit zurecht gekommen ist, dass man nicht mehr mehrmals am Tag, sondern nur noch mehrmals im Monat fickt. (Tut jetzt nicht so! Wenn ihr schon einmal mehr als drei Jahre in einer Beziehung wart, wisst ihr genau, wovon ich spreche.) Völlig zurecht fragt ihr euch vermutlich, was jetzt eigentlich das Problem ist.

Nervige, stinkende, das Leben ruinierende kleine Schreihälse sind das verschissene Problem. Ich will keine Kinder bekommen, und das hat auch gute Gründe.

Kinder sind verdammt teuer

Ich weiß, das sollte auf keinen Fall an erster Stelle einer Liste an Gründen gegen Kinder stehen, wenn man nicht wie ein egoistisches Arschloch dastehen will. Aber bevor ihr den Fortbestand eurer Gene sichert, solltet ihr euch genau überlegen, was ihr alles mit 500 Euro mehr im Monat anstellen könnt. Oder besser gesagt: Worauf ihr verzichten müsst, wenn ihr ständig hunderte Euros für Windeln, Babynahrung und Kleidung, die einen Monat später schon wieder zu klein ist, ausgeben müsst.

Kinder ruinieren die Beziehung

Das klingt jetzt in meinem Fall etwas ironisch, weil nicht Kinder, sondern gerade die Weigerung, Kinder zu bekommen, meine Beziehung zerstört hat. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass Kinder der Tod einer jeden Partnerschaft sind. Nein, falsch, aus einer Beziehung wird mit Kindern eine Partnerschaft. Wenn ihr euch damit abfinden könnt, dass der einzige Grund für euer Zusammenleben darin besteht, dafür zu sorgen, dass es dem kleinen Scheißer gut geht, dann sind Kinder das Richtige für euch. Ich will aber reisen, ins Kino gehen, mich ansaufen und den ganzen anderen Scheiß machen, bei dem ein schreiender Balg extrem stört.

Foto: Thomas Ricker | flickr | cc by 2.0

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Man kann es nicht einfach ausprobieren

Seid ihr schon einmal mit eurem Freund oder eurer Freundin zusammengezogen und habt euch dann getrennt? Einen gemeinsamen Haushalt aufzulösen ist der komplette Horror. Es ist eine tödliche Mischung aus Trauer, Hass und Wut—kombiniert mit vielen, vielen Streitereien und Anstrengungen. Und ihr braucht nicht zu glauben, dass das Ganze mit dem tatsächlichen Auszug vorbei ist. Auch Monate und sogar noch Jahre später werdet ihr ständig an das traurige Scheitern eurer Beziehung erinnert, weil ihr das Besteck benutzt, das ihr gemeinsam gekauft habt oder sie beziehungsweise er noch immer die Post an eure früher gemeinsame Adresse geschickt bekommt. Ein Kind zu haben und sich zu trennen ist Tausend Mal schlimmer. Es wird im Idealfall auch dann noch der lebende Beweis eures Scheiterns sein, wenn ihr schon lange tot seid.

Niemand will den zweiten Hitler großziehen

Wusstet ihr, dass Hitler auch Eltern hatte? Und Saddam, Stalin und all die anderen Sadisten, die unsere Welt zur Hölle gemacht haben oder noch immer machen? Am Anfang von all diesen Psychopathen stand vermutlich ein Paar, das überlegt hat, ob es jetzt nicht an der Zeit wäre, für Nachwuchs zu sorgen. Genau das ist auch meine große Angst—vielleicht die größte im Zusammenhang mit Kindern. Mir ist schon klar, dass die Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre später einen zweiten Hitler zu zeugen, ziemlich gering ist, aber was ist, wenn ich ein richtiges Arschloch großziehe? Oder—auch schlimm genug—meine Unfähigkeit zur Erziehung dafür sorgt, dass ein kleines, unschuldiges Lebewesen für immer ruiniert ist? Dieser Gedanke stresst mich zu Tode.

Aber das Schlimmste an der ganzen Geschichte ist, dass ich mittlerweile so einsam bin, dass JEDE Art von menschlichen Lebewesen bei mir willkommen wäre. Sogar stinkende, kleine, das Leben ruinierende Schreihälse.