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Drogen

So sieht dein Gehirn aus, wenn du gekifft hast

Auch wenn du dich total entspannt fühlst, spielt sich in deinem Denkapparat ein wahres Neuronenfeuerwerk ab, wie wir bei einem EEG erkennen.

Foto: Rafael Castillo | Flickr | CC BY-SA 2.0 Anna Iorga ist in Rumänien eine Pionierin des Neuromarketings—d.h. sie betreibt Marktforschung mithilfe von EEGs, biometrischer Daten und Impliziter Assoziationstests.

Als sie letzten Monat als rumänische Delegierte in Amsterdam eine Konferenz der Werbebranche besuchte, führte sie dort ein innovatives Experiment durch. Dabei untersuchte sie die Effekte von Marihuana auf die Gehirnaktivitäten. Durch ihren Beruf reist Ana regelmäßig mit ihren Gerätschaften im Gepäck zu Konferenzen und Veranstaltungen—und dieses Mal hatte sie einen EEG-Helm dabei.

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„Ich beobachtete, wie sich einige Teilnehmer einen Joint teilten, und ich fragte mich sofort, was sich wohl in diesem Moment in ihren Gehirnen abspielt. Da ich keine Gedanken lesen kann, wollte ich ihre Hirnaktivitäten vor und nach dem Kiffen vergleichen", erzählte sie mir nach ihrer Rückkehr.

Zwei ihrer Kollegen waren so selbstlos, sich „für die Wissenschaft" zu opfern und das Kiffen für ein Experiment am nächsten Tag zu wiederholen. Für die restlichen Konferenzteilnehmer war der einmalige Konsum der Droge mehr als genug. Am nächsten Tag, nach dem Abendessen, machten sie sich auf, um die Versuchsmaterialien zu kaufen. Eine Versuchsperson besorgte sich eine Tüte, die andere einen Space Cookie.

„Bevor die Produkte konsumiert wurden, gingen wir in die Hotelbar, wo ich dann ihre Gehirnaktivitäten aufzeichnete. Nach einer Viertelstunde, in der sich mein Kollege entspannte, wiederholte ich die Messung. Ich war fest davon ausgegangen, dass die Hirnaktivitäten nun verringert sein würden, da sich mein Kollege nach eigener Aussage nun langsamer, abwesender und entspannter fühlte. Als ich dann aber das Ergebnis sah, war ich sehr überrascht."

Dein Gehirn verfügt über Milliarden Nervenzellen, auch Neuronen genannt, die untereinander mithilfe von Elektrizität kommunizieren. Die gleichzeitige Kommunikation dieser unzähligen Neuronen produziert entsprechend große Mengen an elektrischer Hirnaktivität, die wiederum durch ein EEG erfasst und gemessen werden kann. Da diese elektrischen Impulse periodisch in Wellen ausgelöst werden, spricht man auch von Gehirnwellen.

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EEG-Sensoren messen die Aktivitäten von Neuronen, die sich an der Oberfläche der Hirnrinde befinden. Im Fall der beiden Versuchspersonen konnte nach dem Konsum eine erhöhte Frequenz und vergrößerte Amplitude gemessen werden. Im Vergleich zu der Ausgangssituation war der Rhythmus der Gehirnwellen sichtbar verändert. Die Hirnaktivitäten standen dabei im starken Kontrast zum Befinden der Versuchspersonen, das nach eigener Aussage teilnahmslos und entspannt war.

Normalerweise legen Studien nahe, dass THC den zerebralen Rhythmus verlangsamt, wenn es entspannend wirkt, und ihn schneller macht, wenn es psychedelisch wirkt. Bei beiden Versuchspersonen „zeigt sich deutlich, dass der Rhythmus nach dem Konsum schneller und die Amplitude größer wird. Das heißt allerdings nicht, dass es dort chaotisch zugeht. Das Gehirn befindet sich lediglich in einem erhöhten Wachsamkeitszustand. Vielleicht verspürten die Versuchspersonen ein Rauschgefühl oder eine anderweitig ungewohnte Wahrnehmung", erklärte Laura Crăciun, eine Fachärztin für Neurologie. Sie weist außerdem darauf hin, dass im Fall der ersten Versuchsperson ein Ungleichgewicht zwischen den Aktivitäten der Hirnrinde auf der linken Seite und der rechten Seite besteht—und der Aufzeichnung vor dem Cannabiskonsum zufolge ist dieses Ungleichgewicht nicht ausschließlich auf das Rauchen zurückzuführen.

Beide Versuchspersonen hatten außerdem während des Abendessens moderate Mengen an Alkohol konsumiert, die sich dementsprechend gering auf den Prozess auswirkten. Während des Experiments wurden beide nicht dazu aufgefordert, irgendwelche Aufgaben zu erledigen, da ihre Hirnaktivitäten in einem ruhigen und entspannten Zustand gemessen werden sollten.

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„Bei der Versuchsperson, die den Space Cookie gegessen hatte, zeigte sich der Effekt sowohl in einer Verlangsamung (der allgemeine Rhythmus der Wellenfrequenz in beiden Hirnhälften ging nach unten) als auch einer Vergrößerung der Amplitude. Derartige Messwerte werden in der Regel bei einem schlafähnlichen Zustand—also tiefster Entspannung—vorgefunden."

„Bei der ersten Aufzeichnung ist der Rhythmus sichtbar schneller—also in der rechten Hirnhälfte, links kann ich wiederum keine großen Unterschiede erkennen—und weniger symmetrisch und stabil. Ich würde aber nicht sagen, dass dieser Effekt eine „Störung" der Gehirnwellen darstellt, sondern mehr einen wacheren Zustand. Es ist sehr wahrscheinlich auch ein anderer Trip als bei der anderen Versuchsperson. Verschiedene Menschen können unterschiedliche Reaktionen auf die gleiche Substanz zeigen", fügte die Neurologin Crăciun hinzu.

In der Before-Verlaufskurve des Videos können wir die EEG-Aufzeichnungen der Gehirnwellenaktivitäten der Versuchsperson im Ruhezustand vor dem Konsum sehen. Die Verlaufskurve zeigt die Aufzeichnung von 14 Messpunkten—jeder von einer einzelnen Elektrode, die gleichmäßig über beide Hirnhälften verteilt angebracht worden waren.

In der After-Verlaufskurve sehen wir die EEG-Aufzeichnung der Hirnaktivitäten nach dem Konsum. Schon auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass sich diese Verlaufskurve von der ersten stark unterscheidet. Die Unterschiede lassen sich sowohl auf das Erscheinungsbild der Wellen (größere Amplitude) als auch den Rhythmus (höhere Frequenz) hin beobachten.

Die Versuchsperson befand sich nach dem Konsum im gleichen Ruhezustand wie davor. Dementsprechend lassen sich die Veränderungen im EEG ausschließlich auf die Wirkung der konsumierten Substanzen auf das Gehirn zurückführen.