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Sex

Leute, die lange keinen Sex hatten, erzählen vom Ende ihrer Durststrecken

"Nach so langer Zeit wieder Sex zu haben, machte mich total euphorisch—so als ob ich meine Jungfräulichkeit erneut verloren hätte."
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IMAGO / McPHOTO

Das Gegenüber für eine Runde Bettsport zu begeistern, ist eigentlich ganz gut mit richtigem Sport zu vergleichen: Wenn du ständig trainierst, geht das Ganze leicht von der Hand. Du erlebst einen Endorphinrausch. Wenn du jedoch ein paar Monate Pause einlegst, dann ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, wieder anzufangen.

Wir alle haben schon mal sexuelle Durststrecken durchlebt, aber wie fühlt es sich an, wenn sich diese Durststrecken über Monate oder gar Jahre hinweg erstrecken? Hilft es, sich einfach mit anderen erfüllenden Dingen abzulenken? Oder verwandelt man sich automatisch in einen verzweifelten Dauer-Masturbator, der sich aufs Sofa zurückzieht und dann tagelang bei allem nach rechts wischt, was irgendwie einen Puls hat?

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Wir haben uns mit Menschen unterhalten, die solche Langzeit-Durststrecken durchleben mussten. Sie erzählten uns, wie es war als die tote Hose wieder zum Leben erwachte.

Pablo, 28

VICE: Hey Pablo. Wie lang war deine Durststrecke?
Pablo: Ungefähr zweieinhalb Jahre. Meine Langzeitbeziehung war zuvor in die Brüche gegangen und ich verspürte den Drang, erstmal als "Einsiedler" zu leben.

Wie bist du mit der sexuellen Frustration klargekommen?
Das war schon ziemlich schwer, aber dank meiner Hobbys konnte ich genügend Dampf ablassen. Mein größte Hilfe war Skateboarden. Dazu kiffte ich noch ordentlich was weg, fuhr viel Fahrrad und feierte ein Wiedersehen mit meiner rechten Hand, die mich zu diesem Zeitpunkt wirklich zufriedenstellte.

Hast du während dieser Zeit auch mit Frauen geflirtet oder war dir dieses Thema einfach egal?
Nach der Langzeitbeziehung gingen mir Frauen erstmal am Arsch vorbei und mir hat es gereicht, mit meinen Jungs abzuhängen.

"Am darauffolgenden Tag war ich total euphorisch—so als ob ich meine Jungfräulichkeit erneut verloren hätte."

Wie fand deine Durststrecke dann ihr Ende?
Ich wohnte damals in der Nähe eines Skate-Spots am Fluss. Mir war dieses eine Mädchen aufgefallen, das dort immer rumhing, und als sie mich irgendwann nach Feuer fragte, dachte ich mir "Scheiß drauf!", und ich erzählte ihr, dass ich nicht weit weg wohnen würde. Ich fragte sie, ob sie mit zu mir gehen und ein bisschen kiffen wolle. Sie willigte ein und kaum bei mir angekommen ging es auch schon zur Sache.

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Wie fühlte es sich an, nach so langer Zeit wieder Sex zu haben?
Es ging alles recht schnell über die Bühne, war aber trotzdem ziemlich gut. Am darauffolgenden Tag war ich total euphorisch—so als ob ich meine Jungfräulichkeit erneut verloren hätte.

Ein ausgetrockneter Boden, sinnbildlich für eine lange sexuelle Abstinenz

Foto: Pixabay | CC0 Public Domain

Robbie, 26

VICE: Wie kam es zu deiner Durststrecke?
Robbie: Ich bin Frauen gegenüber im Allgemeinen total schüchtern und es hat auch Monate gedauert, bis ich mir endlich ein Herz fasste, und die Schwester eines Freundes anflirtete. Es entwickelte sich eine Art Affäre, aber als die Sache etwas ernster wurde, beendete sie das Ganze. Ich kam damit nicht gut klar und in den darauffolgenden zweieinhalb Jahren hatte ich nur genau einmal Sex.

Warum fiel es dir so schwer, potenzielle Sexpartnerinnen kennenzulernen?
Während meines Studiums hockte ich meistens nur in meinem Zimmer, hörte Musik und kiffte. Weggegangen bin ich nie wirklich viel und falls es doch mal vorkam, gab ich mir im Club richtig die Kante. Ich war also nicht mehr in der Lage und auch gar nicht darauf aus, Frauen klarzumachen. Dazu kam noch, dass ich damals nur einmal pro Woche duschte. Das war schon ziemlich eklig.

Wie bist du mit dieser sexuellen Frustration umgegangen?
Ich habe viel gewichst. Außerdem ging ich exzessiv ins Fitnessstudio. Leider meistens nach dem Cannabis-Konsum. Deshalb war ich beim Pumpen die meiste Zeit auch total breit und konzentrierte mich eher auf mein Umfeld als auf mein tatsächliches Training.

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Klingt so, als wäre dein Zölibat vor allem anderen Aspekten deines Lebens geschuldet.
Ja. Mit der Zeit hat mich die ganze Situation richtig fertig gemacht und im Sommer nach meinem Uniabschluss hatte ich eine Art Nervenzusammenbruch. Damals habe ich viel über meine Sexualität nachgedacht. Ich dachte, dass der Grund für meine Durststrecke möglicherweise darin lag, dass ich mich zu Frauen nicht mehr hingezogen fühlte und sie wiederum nicht mehr auf mich standen, weil sie meine mir noch unbekannte sexuelle Präferenz irgendwie spüren konnten. In meinem Kopf herrschte richtiges Chaos.

Wie hast du die Durststrecke schließlich beendet?
Ich bin wieder in meine Heimat gezogen und habe dort das Mädchen kontaktiert, mit dem ich früher zusammen gewesen war.

Wie hat sich der Sex angefühlt?
Ich war total unsicher und machte mir auch ein wenig Sorgen. Ich weiß noch, wie meine Stimme versagte, als ich sie fragte, ob sie mit mir schlafen wolle. Das lag zum einen an der Angst davor, abgewiesen zu werden, und zum anderen auch an der Angst davor, dass das Ganze wirklich klappt. Ich befürchtete, dass mir der Sex keinen Spaß machen würde, weil sich meine Sexualität verändert hatte. Es fühlte sich dann zwar schon OK an, aber viel Leidenschaft war da nicht im Spiel. Sie kam einfach vorbei, wir schauten einen Film, hatten dann Sex und anschließend traf sie sich mit einem anderen Typen.

Wie steht es heute um dein Sexleben?
Nach dem Ende meiner Durststrecke waren die Zweifel bezüglich meiner Sexualität sogar noch stärker als zuvor. Es hat eine Weile gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass ich einfach nicht weiß, wie genau meine "wahre" Sexualität jetzt aussieht. Ich weiß nun aber auch, dass ich mir deswegen keine Sorgen machen muss.

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Ein ausgetrockneter Boden, sinnbildlich für eine lange sexuelle Durststrecke

Foto: Pixabay | CC0 Public Domain

Kiera, 27

VICE: Wie kam es zu deiner Durststrecke?
Kiera: Nachdem mich ein älterer Typ nach einem kurzen Techtelmechtel sitzengelassen hatte, war mein Selbstbewusstsein im Keller. In meinem Kopf ging es drunter und drüber und dazu kam dann noch der Druck des Uniabschlusses. Das Resultat: Über ein Jahr ging gar nichts.

Hast du dich bewusst von Männern ferngehalten oder hat es einfach nie geklappt?
Nach dem Studium bin ich wieder zu meinen Eltern gezogen und in meiner Heimat war in Bezug auf unkomplizierten Sex nicht wirklich viel zu holen. Ich habe nichts gegen One-Night-Stands, aber es hat sich einfach nie etwas ergeben. Das lag wohl auch daran, wie ich mich meinem Umfeld gegenüber bewusst und auch unbewusst abschottete. Intimität mit anderen war mir zwar schon wichtig, aber je länger die Durstrecke andauerte, desto schwerer wurde es für mich, mich auf andere einzulassen.

Warst du sexuell frustriert?
Natürlich. Das Schlimmste war, wie sehr es mich ärgerte, dass ich zwar jung, frei und heiß war, aber trotzdem niemanden ins Bett bekam. Dadurch schottete ich mich nur noch weiter ab.

"Mir fiel schon ein Stein vom Herzen, weil ich nicht den Rest meines Lebens im Zölibat verbringen musste."

Ist es für Frauen schwerer, eine solche Durststrecke zu beenden?
Ich bin während dieser Zeit viel weggegangen, um neue Leute kennenzulernen. Meiner Erfahrung nach sind es viele Männer jedoch nicht gewohnt, wenn eine Frau sie anbaggert. Damit kommen sie nicht klar und sie wissen gar nicht, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten sollen. Anstatt die ehrlich gemeinten Flirtversuche zu erwidern, dachten sie, ich wäre entweder richtig verzweifelt oder würde total auf sie abfahren. Dabei wollte ich doch einfach nur ficken.

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Wie fand deine Durststrecke ihr Ende?
Im Urlaub musste ich mir endlich mal keine Gedanken über die Folgen meines Verhaltens machen und hatte deswegen auch weniger Hemmungen. Als ich alleine durch die Bars zog, machte ich mit dem erstbesten süßen Franzosen rum. Wir flirteten und die Sprachbarriere war dabei sogar ein Vorteil, weil wir so auch nichts voneinander erfuhren, das uns womöglich abgeturnt hätte. Letztendlich landeten wir dann im Bett.

Wie war der Sex?
Toll. Er hatte es echt drauf und hängte sich auch voll rein. Ich war beim und nach dem Sex echt glücklich.

Kam dein Selbstbewusstsein danach zurück?
Ich fühlte mich in meiner Haut definitiv wieder wohler. Ich hatte ja quasi die Bestätigung bekommen, dass man auf mich stehen kann. Mir fiel sein Stein vom Herzen, weil ich nicht den Rest meines Lebens im Zölibat verbringen musste. Davon war ich zeitweise nämlich fest überzeugt.

Eine Wüstenlandschaft, sinnbildlich für eine lange sexuelle Pause

Foto: Pixabay | CC0 Public Domain

William, 29

VICE: Wie lange hattest du keinen Sex?
William: Ich lebte damals in Leeds und nahm quasi täglich Drogen. Irgendwann konnte es nicht mehr so weitergehen und ich zog nach Norwich, um dort clean zu werden. Zu diesem Zeitpunkt fing ich auch mit dem Boxen an—und das bedeutete, dass ich an fünf Tagen der Woche intensiv trainierte. Ehe ich mich versah, hatte ich dann 18 Monate lang mit niemandem mehr geschlafen.

Hat dich das gestört oder warst du sowieso zu sehr mit dem Boxen beschäftigt?
Ich konzentrierte mich so stark auf mein Training, dass ich das gar nicht so wirklich mitbekam. Tief in mir drin verspürte ich jedoch eine gewisse Traurigkeit. Deswegen habe ich mich wohl auch dazu entschlossen, mich so heftig dem Boxsport zu verschreiben. Außerdem hatte ich so ein Ventil für die sexuelle Frustration.

Das erste Mal Sex mit einer Frau

Hast du während dieser Zeit versucht, Frauen kennenzulernen?
Ständig, aber ich war damals einfach richtig langweilig. Ich dachte rund um die Uhr nur ans Boxen. Mein Körper war durch den vielen Sport richtig durchtrainiert, aber mir mangelte es an Persönlichkeit. Und das schreckte die Frauen wohl auch ab. Ich glaube, dass sie meine Verzweiflung spüren konnten.

Wie hast du deine Durststrecke beendet?
Eine Bekannte aus Leeds feierte Geburtstag. Als ich in ihrem Zimmer nach ihr sah, fiel sie quasi einfach so über mich her. Sie sah richtig gut aus und ihr Arsch war auch nicht von schlechten Eltern. Das Ganze war dann recht schnell wieder vorbei, weil wir beide ja auch ordentlich einen im Tee hatten.

Gab der Sex deinem Selbstbewusstsein einen Schub?
Auf jeden Fall. Ich fühlte mich endlich wieder attraktiv und irgendwie auch normal. Boxen ist zwar schon ziemlich männlich, aber es gibt doch nichts Männlicheres, als mit einer richtig hübschen Frau zu vögeln.