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Musik

Es gibt in England immer noch Nazipunks, aber es läuft scheiße für sie

Glatzköpfige Faschisten mit Gitarren spielen noch immer beschissene, hasserfüllte Nazi-Musik in britischen Pubs.

Vor ein paar Tagen musste eine Horde von Skinheads leider auf ein Konzert verzichten und sich wieder aus East London verpissen—der Bürgermeister von Newham hatte die Veranstaltung verboten. Trotzdem wurden die Fenster vom legendären Boleyn Tavern, wo das Konzert stattfinden sollte, eingeschlagen—wahrscheinlich von Antifaschisten. Elijah Wood hat im Film Hooligans übrigens diese Kneipe noch glorifiziert—als einen Ort, an dem du nach einem Fußballspiel von West Ham richtig schön einen saufen gehen kannst.

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Die Skinheads hatten dort ein Festival geplant: Monsters of Oi. Das war zwar nicht offen als Nazifestival angekündigt, aber die Überschneidungen mit der rechten Untergrundszene waren ziemlich offensichtlich. Im Grunde ist alles viel schlimmer, als es aussieht. So kennen wir das schon. Während nämlich linke Aktivisten sich auf die „politischen” Organisationen wie die English Defence League und die British National Party konzentrieren, treffen sich frustrierte Typen in Kneipen zum Gitarrespielen mit Hitlergruß.

Auf dem Monsters of Oi sollten einige Bands auftreten, die Verbindungen zu Blood and Honour haben. Das ist das Neonazi-Netzwerk von Ian Stuart (Sänger von Skrewdriver, der Mutter aller britischen Nazibands), das in den frühen Neunzigern gegründet wurde, um die rechte Szene zu finanzieren. Nicht alle Bands in diesem Line-Up waren Nazibands, aber auf Facebook meldeten sich zu diesem Event auch ein paar Typen an, die früher bei den Pseudoterroristen von Combat 18 waren. Das zeigt eigentlich, wie viel Heuchelei hinter allem steckt.

Die meiste Aufregung gegen das Festival ging aber auf das Konto der Band IC1 (der Polizei-Code für „weißer Männlicher“). Wegen dieser Naziband wollte Unite Against Fascism eine Gegendemo abhalten. Die Veranstalter wollten daraufhin IC1 aus dem Line-up nehmen. Aber als dann die Situation eskalierte, war das auch egal.

Es gibt ein paar Gründe dafür, warum es wieder mehr „Rock gegen Kommunismus”-Konzerte gibt. Erst einmal haben viele der alten Nazis ihr Engagement verstärkt, seit die EDL und einige Splittergruppen faschistische Massendemos organisieren (ganz wie in den alten, so richtig rassistischen Zeiten). Gleichzeitig ermutigt das eine jüngere Generation, sich den Kopf zu rasieren und politischen Unsinn von sich zu geben, den sie gar nicht kapieren. Zweitens ist die rechte Szene nicht mehr so organisiert wie noch vor zwei Jahren und dieser Kollaps hat viele neue Neonazigruppen hervorgebracht. Die bekommen jetzt zum ersten Mal seit langem Mitgliederzuwachs und das ausgerechnet von Skinheads aus Osteuropa.

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Die militante Linke kümmerte sich seit Mitte der 90er nicht mehr um die rechte Skinheadszene und konzentrierte sich stattdessen auf die BNP. Die wollte mit Blood and Honour nichts mehr zu tun haben und war drauf und dran, zu einer respektierten Partei aufzusteigen. Für viele war das bedrohlicher als ein paar Schwachköpfe, die mehr Rechte für Weiße forderten—in einem Land, das den Weißen immer noch die meisten Rechte einräumt.

Die Schlacht von Waterloo, 1992.

Blood and Honour konnte sich nach der „Schlacht von Waterloo 1992” auf den Straßen nicht mehr blicken lassen. Damals machte die britische Antifa mit wenigen hundert jungen Nazis kurzen Prozess, als die ein Blood-and-Honour-Konzert besuchen wollten. Ein Jahr später starb ihr Anführer Ian Stuart bei einem mysteriösen Autounfall (es gibt Gerüchte, dass für den Unfall Antifaschisten verantwortlich waren, aber das ist nie bestätigt worden). Stuarts Tod hat einen weltweiten Personenkult hervorgebracht. Es gab jede Menge weiße, frustrierte Typen, die ihre Instrumente nicht spielen konnten und jetzt keinen Anführer mehr hatten.

Die britischen Nazis hatten die Wahl: entweder einen auf seriös machen oder noch radikaler werden. Das bedeutete: entweder in Anzug schlüpfen und bei der BNP den Gang durch die Institutionen antreten oder ein Mitglied bei Blood and Honour bleiben. Schnell sortierten die Vereinigungen sich neu, verschwanden von der Straße und gingen in den Untergrund.

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Die Blood-and-Honour-Szene gibt's immer noch. Im Verborgenen veranstalten sie ein paar Mal im Jahr Konzerte und im September eine Gedenkfeier zum Todestag von Ian Stuart. Im letzten Jahr war diese Gedenkfeier jedoch nicht so geheim wie geplant, weil ein Mitglied der sogenannten Herrenrasse Fotos mit Ortsangabe ins Internet stellte. So kam heraus, dass sie sich alle auf einer Wiese in Loversall, South Yorkshire, getroffen hatten. Es ist beunruhigend, aber nicht überraschend, dass auch ein paar von der britischen Armee dabei waren.

In letzter Zeit haben Bands wie English Rose damit angefangen, der Öffentlichkeit ihren Nazirock als „patriotischen Oi” zu verkaufen. Die Band heißt jetzt Tattooed Mother Fuckers. Aber die Musik bleibt genauso scheiße und auch die Symbolik mit Runen, die wie Hakenkreuze aussehen, ist immer noch da. Immer noch wird im Publikum zum Hitlergruß angestimmt. Nur die Texte haben sich ein kleines bisschen geändert—vom „Rassenkampf” singen sie jetzt nicht mehr. Dann ist es total OK, oder?

Nazis salutieren bei einem Tattooed-Mother-Fucker-Konzert.

IC1 war die einzige Band, die von der Liste genommen wurde. Aber noch immer standen da Last Orders und Citizen Keyne, die sich beide glücklich schätzen, bereits in einem Line-up mit Tattooed Mother Fuckers gespielt haben zu dürfen. Es ist eine kleine Szene, jedoch ist der Grat zwischen Patrioten und Extremisten so dünn wie Papier. Pressure 28—eine weitere Skinhead-Band—spielen regelmäßig zusammen mit Monsters of Oi und deren Frontmann Kevin Gough, einem BNP und Fußball-Hooligan aus Leib und Seele. Ebenso oft anwesend ist Kevin Watmough, Gründer der furchtbaren Website Redwatch, auf der Bilder von Linken gezeigt und zu faschistischen Zwecken ihre Namen und Adressen veröffentlicht werden.

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Es muss gesagt werden, dass nicht jeder Involvierte hierbei als fanatischer Nationalist gilt, aber es wird sehr hart mit gefährlichen Ideologien geflirtet, dabei sollte auch die klare Präsens von Combat-18-Mitgliedern nicht missachtet werden. 2011 versuchten sich ein paar Punks an einer Aktion namens „Get off the Fence“. Dabei sollte den Leuten ein Sicherheitsgefühl gegeben werden, nachdem Blood and Hornour damit begann, über einen Blog namens No Retreat in die Punkszene einzudringen, um diese bloß zu stellen.

Die walisische Band Waredigaeth.

Blood and Honour organisieren mittlerweile monatlich Events. Die erste Veranstaltung 2013 war am 28. Januar und fand an einem geheimen Ort in London statt. Man musste kurz vor knapp eine Handynummer anrufen, um zu erfahren, wo der „Spaß“ stattfindet. Eine Woche zuvor wurde Londons älteste anarchistische Buchhandlung bombardiert, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass da noch eine Rechnung mit Combat 18 offen war.

An einem der vergangenen Wochenenden gaben Blood-and-Honour-Mitglieder aus Yorkshire das Viking Fest in Zusammenarbeit mit tschechischen Faschisten von Cirhoza 88. Für den 9. März haben Blood and Honour Wales ein vergleichbares Event angekündigt mit weiteren Musikern dieser Art aus ganz Europa.

Noch aufregender (gesetzt dem Fall, dass du ein rassistisches Arschgesicht bist) wird der anstehende Besuch von der griechischen Black-Metal-Naziband Der Stürmer im Mai, ebenfalls in einer geheimen Location außerhalb Londons. Die zu wählende Handynummer führt einen dann dorthin, wo man rechte Aktivisten und ausländische Faschisten beim Kämpfen begaffen darf. Also wenn man Bock hat, verschiedene Fraktionen von Vollidioten dabei zu beobachten, wie sie sich die Fresse einschlagen, ist man hier genau richtig.

Der eher lückenhafte Versuch, diese Bands unter „patriotischer Oi“ einzuordnen, ist leider nur pure Verarsche. Das Aufeinanderprallen von faschistischen Skinheads und deren linken Gegnern wird unübersehbar stärker. Also, im Wesentlichen ist der beste Weg, mit dem Hammer auf die Wurzel des Problems zu dreschen und jegliche Unterstützer auszuschalten, ihnen keine Plattform für ihre Szene zu bieten und sie einfach in ihren muffigen, versoffenen Löchern verrotten zu lassen.