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Prozess

Dschihadistischer Drogendealer drohte damit, den Kotti zu sprengen

Und das, obwohl Drogen "haram" sind.
Foto: imago | Steinach

Es kommt durchaus vor, dass die Berliner Polizei am Kottbusser Tor einen Drogenhändler festnimmt. Es kommt auch durchaus vor, dass der Festgenommene mit seiner Festnahme nicht gerade glücklich ist. Nicht so häufig passiert es allerdings, dass der Dealer dann damit droht, den ganzen Kotti in die Luft zu sprengen. Noch seltener ist es, wenn diese Drohung ernstgenommen werden muss, weil Mitglieder seiner Bande von den Sicherheitsbehörden als islamistische Gefährder eingestuft werden. Im Fall von Ahmad S. kamen diese unwahrscheinlichen Faktoren zusammen.

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Am 5. April 2017 wurde Ahmad S. am Kottbusser Tor festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, Teil einer Bande zu sein, die dort etwa 500 Gramm Kokain und 1,6 Kilogramm Haschisch verschoben haben soll, dazu eine unbekannte Menge Ecstasy.

Als ihn die Polizei festnahm, habe er laut Kriminalgericht Moabit gesagt, er sei Muslim, und gedroht, sich, die Beamten und gleich das ganze Kottbusser Tor in die Luft zu jagen – Sprengstoff hatte er allerdings nicht dabei. Das LKA Berlin und der Staatsschutz gehen davon aus, dass drei der vier Mitglieder von Ahmad S.' Gang für den Islamischen Staatim Irak gekämpft haben. Am 24. Januar beginnt der Prozess gegen die vier vor dem Kriminalgericht Berlin. Dann sollen zunächst nur ihre Drogengeschäfte verhandelt werden, nicht aber der dschihadistische Hintergrund, für den noch zu wenig gerichtsfeste Beweise vorliegen.


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Ahmad S. war einige Monate vor seiner Festnahme am Kotti zu einer Gruppe um drei Iraker gestoßen, die im September 2016 damit begonnen haben sollen, ihr Geld mit Drogen zu verdienen, was nicht nur im Islam als "haram" – als verboten – gilt. Laut Polizei stammen alle aus dem "gewaltbereiten islamistischen Spektrum". Es hatte damals allerdings keine konkreten Anhaltspunkte für einen geplanten Anschlag gegeben.

Weil das zuständige Gericht überlastet war, musste Younis El-H., ein Mitglied der Gruppe um Ahmad S., bereits Ende Dezember 2017, zum Jahrestag des Anschlages auf den Berliner Breitscheidplatz, aus der Untersuchungshaft entlassen werden – obwohl er für das Landeskriminalamt Berlin weiterhin als "potentieller Terrorist" gilt. Das Gesetz sieht vor, dass Beschuldigte in der Regel nicht länger als sechs Monate in Untersuchungshaft bleiben dürfen. Younis El-H.s genauer Name ist unklar, sein Alter auch. 20 oder 22 Jahre soll er sein, er kam 2014 als Geflüchteter nach Deutschland. Seitdem soll er mit Eigentums- und Gewaltdelikten aufgefallen sein, berichtet der Tagesspiegel. Zwei seiner Komplizen – die Iraker Raad A. und Abbas R. – blieben in Haft, gegen sie läuft noch ein anderes Verfahren: Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Kriegsverbrechen und Terrorverdacht.

Bereits am 3. April 2017, also zwei Tage bevor Ahmad S. festgenommen wurde, begleitete die Bild-Zeitung eine Sondereinheit der Berliner Polizei, die den Kotti sicherer machen soll. Während dieser Nacht verhaftete die Polizei einen gewissen Ahmad S., ebenfalls aus Syrien, ebenfalls als Geflüchteter nach Deutschland gekommen, mit elf Brocken Haschisch. Bild fotografierte die Verhaftung. Dieser Ahmad S. gilt selbst als drogensüchtig, so eine Sprecherin des Kriminalgerichts gegenüber VICE. Es könne durchaus sein, dass es sich um den gleichen Ahmad S. handelte – auch wenn der Vorname im Arabischen recht häufig sei. Zwei Tage danach drohte er oder ein anderer Ahmad S. bei seiner Verhaftung mit der Bombe und wurde festgenommen. Auch danach kam S. noch einmal frei, erst seit dem 24. Mai sitzt er endgültig.

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