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We Are The Last Generation

Bali-Ferien vs. Recycling: Junge Menschen verraten, wie öko sie wirklich sind

"Meine Freunde machen sich gerne darüber lustig, wenn ich an Partys meine Bierdosen zum Recyclen mit nach Hause nehme."
Alle Fotos von Mina Monsef

Diese Geschichte wird dir präsentiert von ewz.

Bei schönem Herbstwetter essen viele Zürcher draussen. Fällt die Entscheidung auf den Thunfisch-Salat vom Take-Away-Stand, ist das Gewissen erstmal beruhigt: So ein bisschen Grünzeug soll schliesslich gesund sein. Spätestens aber wenn die Plastikgabel am Boden des Einweggeschirrs kratzt, stellt sich beim einen oder anderen ein schlechtes Gewissen ein. Gehört Thunfisch nicht zu den Fischarten, die vom Aussterben bedroht sind? Doch so schnell wie die Frage auftaucht, verschwindet sie oft auch wieder im Alltag voller To-Do-Listen.

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Jeder Bewohner der Schweiz verbraucht im Durchschnitt mehr als dreimal so viele Ressourcen, wie die Natur selbst produzieren kann. Wir alle wissen, dass dieser Lebensstil für uns zwar ganz nett sein kann (oder wolltest du wirklich, wirklich, wirklich noch nie nach Bali fliegen?), aber eben auch auf Kosten künftiger Generationen und anderer Erdteile geht. Das zeigt sich in vielen Aspekten unseres Alltags: Wir trennen PET, Glas und Müll fleissiger als fast alle anderen Menschen auf dieser Welt, schmeissen gleichzeitig aber auch einfach mehr weg. Wir packen unsere Einkäufe kaum mehr in Plastiksäcke, die Avocados mit der miesen Ökobilanz landen aber trotzdem noch fleissig im Einkaufswagen. Unser Umgang mit der Umwelt ist bestimmt von Widersprüchen.

Wir haben uns in Zürich umgehört, wie junge Menschen mit diesen Widersprüchen umgehen. Sie erzählen, was sie tun, um die Welt zu retten, bevor es in wenigen Jahrzehnten zu spät sein wird – aber gestehen auch ihre ökologischen Sünden.

Michael, 23

VICE: Wo fliesst dein Umweltbewusstsein im Alltag ein?
Michael: Ich hole mir jeden Morgen einen Kaffee beim Take-Away. Und anstatt jedes Mal einen neuen Pappbecher zu nehmen, bringe ich immer meinen eigenen Alubecher mit. Zuhause trenne ich PET, Alu und Kompost.

Wie ökologisch bewegst du dich von A nach B?
In der Stadt fahre ich mit dem Fahrrad, weil ich weder Auto noch Motorrad besitze. Aber wenn ich verreise, nehme ich schon auch mal das Flugzeug. Ich habe beim Rückflug nach Zürich auch schon mal eine Zwischenlandung in Istanbul gemacht, anstatt den teuren Direktflug zu nehmen, der umweltfreundlicher gewesen wäre.

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Wer hat dir Umweltbewusstsein beigebracht?
Meine Eltern haben schon immer darauf geschaut und jetzt wo ich alleine wohne, wüsste ich nicht, warum ich es anders machen sollte. Man liest ja auch immer mehr zum Thema Nachhaltigkeit.

Pascale, 21

VICE: Was tust du für die Nachhaltigkeit?
Pascale: Ich ziehe bei allem, was ich gerade nicht brauche, den Stecker. Auch mit Wasser gehe ich sparsam um, indem ich es während dem Einseifen unter der Dusche nicht laufen lasse. Ausserdem verwende ich Plastiksäckchen immer mehrmals: Je weniger du brauchst, desto weniger werden schlussendlich produziert. Noch dazu spart man selber Geld.

Hast du schon mal Abfall liegenlassen?
Einmal habe ich barfuss am Meer gesessen und hatte meine Hausschuhe neben mir im Sand liegen. Plötzlich kam eine grosse Welle und hat sie mitgerissen. Es wäre gefährlich gewesen, sie holen zu gehen. Danach habe ich mich schuldig gefühlt, weil ich mich oft selber über Abfall im Meer aufrege.

Damiano, 24

VICE: Lebst du nachhaltig?
Damiano: Zumindest trenne ich meinen Abfall. Im Thurgau gibt es jetzt als Pilotprojekt den sogenannten "KUH-BAG", in den der ganze Verpackungsmüll reinkommt. Den Plastik meines Steaks schmeisse ich da aber nicht rein – das würde nach einer gewissen Zeit ziemlich stinken.

Kaufst du Bio-Steak?
Ich kaufe immer nur das, was ich am besten finde und das ist nie bio. Ich nehme das Marinierte mit viel Fett dran. Der Preis ist sekundär.

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Was war bisher deine grösste ökologische Sünde?
Littering. Als Jugendlicher haben wir alle Alkoholflaschen einfach im Wald liegen gelassen. Damals war ich jung und dumm – heute würde ich das nicht mehr machen.

Daniela, 32

VICE: Was tust du im Alltag der Umwelt zuliebe?
Daniela: Ich nehme es ganz genau mit der Mülltrennung: Karton, Papier, Plastik, Folie und Styropor bringe ich regelmässig auf den Wertstoffhof. Wo ich weniger konsequent bin, ist beim Einkaufen: Meistens nehme ich dann doch Plastiksäckchen, obwohl ich das Gemüse theoretisch auch lose in die Tasche werfen könnte.

Mich regt es auf, wenn die Biogurke im Supermarkt eingeschweisst verkauft wird. Was hat das noch mit Bio zu tun? Da bin ich froh, draussen in Birmensdorf zu wohnen und das meiste direkt vom Bauern beziehen zu können. So kaufen wir automatisch ausschliesslich saisonal ein.

Was war deine letzte Sünde in Sachen Nachhaltigkeit?
Wir fliegen über Silvester nach Hamburg und dann fahren wir mit dem Zug weiter nördlich nach Flensburg. Erst haben wir überlegt, die gesamte Strecke mit dem Zug zu fahren, haben uns dann aber für die günstigere Variante entschieden: Pro Person lag der Unterschied bei 250 Franken.

Rafael

VICE: Inwiefern lebst du nachhaltig?
Rafael: Ich habe kein Auto und trenne Abfall.

Du wirst also auch dieses Plastikgefäss recyclen?
Nein. Mir ist schon beim Kauf aufgefallen, dass es mit unterteiltem Gefäss, Abdeckung und Plastikgabel viel zu viel Verpackung ist. Aber manchmal geht der Hunger halt vor.

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Nimmst du auch manchmal was zum Mittagessen von zuhause mit?
Ja, dann aber mehr aus praktischen Gründen, weil ich zuhause schon was gekocht habe und noch Reste habe.

Ortal, 22

VICE: Lebst du umweltfreundlich?
Ortal: Ausser dass ich Flaschen, Karton und Papier trenne, mache ich nicht viel für die Umwelt. Ich bin gerade aus New York zurück. Dort habe ich meine Flaschen im Hotel auch einfach in den normalen Müll geworfen.

Hast du ein Auto?
Ich habe eines. Wenn es am Zielort aber keine guten Parkmöglichkeiten gibt, benutze ich gerne auch mal den öffentlichen Verkehr.

Fährst du mit dem Auto einkaufen?
Ja. Ich habe sogar Plastiktüten im Kofferraum, sodass ich nicht jedes Mal eine neue mitnehmen muss. Meistens sind mir regionale und biologische Lebensmittel im Supermarkt aber zu teuer und ich greife auf die billigere Alternative zurück.

Morris, 19

VICE: Was machst du in puncto Nachhaltigkeit?
Morris: Meine Freunde machen sich gerne darüber lustig, wenn ich an Partys meine Bierdosen oder -flaschen mit nach Hause nehme. Mir tut es aber einfach weh, wenn ich Alu oder Glas in den Müll werfen muss.

Wer hat dir das beigebracht?
Ich glaube, das habe ich der Schule zu verdanken. Manchmal sind zum Beispiel Leute vom WWF vorbeigekommen. Später hatten wir das Thema auch mal im Deutsch- und im Geografieunterricht durchgenommen.

Gibt es Bereiche, in denen du weniger nachhaltig lebst?
Ich habe vor einem halben Jahr die Autoprüfung gemacht und darf das Auto meiner Eltern benutzen. Ausserdem esse ich viel Fleisch. Ich schaue aber darauf, dass ich auch mal mit dem Rad fahre und weniger Rindfleisch kaufe.

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Mirjam, 20

VICE: Was tust du, um im Alltag der Umwelt mehr Sorge zu tragen?
Mirjam: Es sind kleine Sachen, die ich mache. Ich lasse beim Zähneputzen den Wasserhahn nicht laufen, verwende PET-Flaschen mehrmals und gebe alte Kleidung an Stiftungen weiter, anstatt sie wegzuwerfen.

Hast du als Kind auch Kleider von deinen Geschwistern geerbt?
Ja, denn das ist ja auch nachhaltig, wenn man nicht für jedes Kind in jeder Jahreszeit neue Kleidung kaufen muss. Unsere Eltern haben auch immer zu grosse Klamotten gekauft, in die wir in den nächsten zwei bis drei Jahren auch noch reinpassen würden. Das hat am Anfang jeweils ziemlich doof ausgesehen.

Das klingt alles ziemlich vorbildlich. Machst du auch mal was weniger Ökologisches?
Ich habe einen Spleen: Wenn ich Hahnenwasser trinken will, wasche ich immer erst ein Trinkglas aus, lasse das Wasser laufen, um sicher zu gehen, dass es richtig kühl ist, fülle das Glas, trinke nur wenige Schlucke und leere es wieder aus.

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