Der VICE Guide zum Überleben in Zürich
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Survival-Tipps

Der VICE Guide zum Überleben in Zürich

"Setz dich im ÖV nie neben jemanden. Für einen Zürcher ist das fast schon ein One-Night-Stand."

Zürich ist eine gute Stadt. Sogar eine der besten, wenn wenn du den Rankings glaubst, über die in der Stadt jedes Jahr selbstgefällig geredet wird. Zürich belegt darin regelmässig den zweiten Platz in der weltweiten Gesamtwertung – hinter Wien und vor Auckland und München. Obwohl die Zürcher sich gerne etwas auf ihre Stadt einbilden, ist es ein langer Weg, bis du dich zum gehobenen Kreis der wahren Profiteure dieser Lebensqualität zählen kannst.

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Expats schätzen beispielsweise in der Schweiz generell den hohen Lebensstandard und die Sicherheit, haben aber viel Mühe, überhaupt Anschluss zu den Menschen zu finden, die schon länger hier leben. Die Wohnungsnot in Zürich und die allgemeine Unlust der Stadtbewohner, neue Menschen zu ihren Freunden zu machen, kann es Neuankömmlingen verdammt schwer machen, sich hier zurechtzufinden.

Falls du gerade für dein Studium oder einen neuen Job nach Zürich gezogen bist, demnächst in die Stadt an der Limmat ziehen möchtest oder schon lange hier, aber irgendwie immer noch nicht in Zürich City angekommen bist: Wir haben uns in der Redaktion zusammengesetzt und ein paar Tipps für dich gesammelt. Der VICE Guide zum Überleben in Zürich hilft dir, in der Zwinglistadt endlich klarzukommen.

  • Kauf dir als erstes ein Velo (für Neulinge aus dem grossen Nachbarland im Norden: So nennt man in hier ein Fahrrad). Das ist in der Regel nicht nur günstiger, sondern auch schneller als jeder ÖV. Und auch als jeder Porsche.
  • Es sei denn, du wohnst jenseits des Limmattals, am oder hinter dem Milchbuck und zählst nicht zu den talentiertesten Bergetappenfahrern. Dann schluck die Kröte und kauf dir ein ZVV-Abo.
  • Geh nicht am Sonntag im HB einkaufen, wenn du dich selbst vor spontanen Wutausbrüchen zwischen all den Menschenmengen am Teigwarenregal bewahren willst.
  • Ausnahme: Du möchtest dein mieses Ergebnis bei einem dieser Online-Stress-Tests unter Extrembedingungen im analogen Leben überprüfen.
  • Fahr mit den 31er- und 32er-Bussen von Endstation zu Endstation. Leichter kriegst du keine Stadtrundfahrt.
  • Setz dich im ÖV nicht zu jemanden dazu, wenn das Tram oder der Bus sonst leer ist. Für einen Zürcher gleicht das fast schon einem One-Night-Stand.

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Foto von Kamil Biedermann

  • Gegen Fahrkartenkontrolleure hast du keine Chance. Sie kommen mit Polizeiunterstützung und stehen an jedem verdammten Ausgang.
  • Versuche erst gar nicht, das Labyrinth namens HB mit all seinen Unterführungen zu verstehen. Es ist verschwendete Zeit.
  • Iss dein Gelato beim Eisvogel oder Sorbetto, anstatt deine Nerven in der Schlange der Gelateria di Berna zu verlieren.
  • Meide die Bahnhofstrasse. Immer.
  • Das Seefeld und das Niederdorf sind weitere No-Go-Zonen. Du solltest dich eh nur in den Kreisen 3, 4 und 5 aufhalten – alle anderen sind für den Zürcher Agglomeration.
  • Ist dir der Winter hier zu hart, geh in die Sukkulenten-Sammlung für etwas Ferienfeeling. Dort kannst du auch zusehen, wie Instagrammer sich für einen neuen Post krampfhaft in Szene zu setzen versuchen.
  • Scheiss auf das Fitnessstudio. Schnapp dir eins dieser klapprigen O-Bikes mit nur einem Gang und fahr damit auf den Uetliberg.
  • Wenn du hart bist, fahr damit gleich auch noch den Biketrail runter.
  • Ansonsten fahre auf den Käferberg statt auf den Uetliberg. Der ist viel cooler.
  • Ausser du nimmst den Pöstlerweg auf den Uetliberg.

Der Ausblick vom Uetliberg ist ganz OK | Foto von Kamil Biedermann

  • Baden gehen geht auch wunderbar in der Limmat statt am überfüllten See. Hier hast du die Qual der Wahl zwischen dem oberen Letten (eingeölte Adonis-Prolls) oder dem unteren Letten (Szenis und Yuppies).
  • Trink Alkohol im ÖV, solange es im Gegensatz zu anderen europäischen Metropolen noch erlaubt ist.
  • Nenne Zürich in Gesprächen beiläufig "Metropole".
  • Mach das nie mit Bern oder Basel.
  • Auch am See oder sonst überall im öffentlichen Raum ist es voll OK, zu trinken. Auch Montagmittags.
  • An der Langstrasse bekommst du rund um die Uhr etwas zu essen und zu trinken.
  • Iss trotzdem nicht an der Langstrasse, wenn dir deine Gesundheit etwas wert ist.
  • Reg dich auf, wenn die S-Bahn 3 Minuten zu spät kommt. Allzu oft wirst du nicht die Gelegenheit dazu kriegen.
  • Lach nicht, niemand macht das hier. Ausser bei der Zürich Pride, da darfst du dein Pokerface ablegen und zeigen, dass du Spass hast. Auch als Hetero bist du herzlich willkommen.
  • Techno ist in Zürich offiziell Kulturgut. Also geh in einen der zahlreichen Technoschuppen feiern.
  • Das ist trotzdem noch kein Grund zum Lachen. Achte auf das Pokerface in der Club-Schlange.

In der Gegend um den Prime-Tower kann man auch feiern | Foto von Kamil Biedermann

  • Erweitere deinen Freundeskreis – natürlich ganz uneigennützig – um Leute, die Outdoor-Partys veranstalten. Unter Autobahnbrücken, in Wäldern und auf Bauernhöfen finden im Sommer die besten Partys Zürichs statt.
  • Setz dich nach, vor oder während dem Feiern zu den Randständigen an der Langstrasse. Viele von ihnen freuen sich über einen Gesprächspartner und haben immer was zu erzählen.
  • Verlasse Zürich während der Street Parade.
  • Falls du das nicht kannst oder sogar hier bleiben willst, konsumiere deine Portion Drogen, um die Street Parade zu überleben, wenigstens nach diesem Safer-Use-Guide.
  • Als echter Zürcher findest du das Zürich Openair scheisse, gehst aber trotzdem jedes Jahr hin. Das Line-up ist schliesslich ganz OK, die Stimmung aber jedes mal schlecht.
  • Vergiss auch am Zürich Openair nicht, dein Pokerface aufzusetzen. Sonst könnte ja noch Stimmung aufkommen.
  • Geh an eine Vernissage, um gratis Wein oder Bier zu trinken.
  • Falls das Thema Kunst aufkommen sollte, sag einen Standardsatz über Dadaismus, den du vorher auswendig gelernt hast ("Dada war schon da bevor Dada da war" – Bitteschön). Zürcher mögen Dada.
  • SAG NIEMALS ZÜRICHER. Das I wird beim Adjektiv gestrichen – sogar wenn der Duden das Gegenteil behauptet.
  • Besauf dich mit Billigbier an der Langstrasse und geh nachher ins Langstrassen-Hiltl essen, um irgendwie dem komplizierten Für und Wider der Gentrifizierung gerecht zu werden.
  • Ist dir der Kaffee in Zürich zu teuer, geh ins Schuhcafé – dort kriegst du ihn gratis beim Schuhe anprobieren.
  • Lauf an einem FCZ-Heimspiel mit Grashoppers-Dress durch die Badenerstrasse, so kommst du am einfachsten mit Leuten ins Gespräch.
  • Mach das bitte, bitte, bitte nicht – ausser du willst eines der Zürcher Spitäler von innen kennenlernen.

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