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Österreich

Alles, was wir über die politischen Positionen von Sebastian Kurz wissen

Der neue ÖVP-Parteiobmann ist Fan von WESTbahn und Western Union. Außerdem hat er "geile Ideen", wie zum Beispiel: "Parks dürfen keine Ziergärten sein".
Foto: jvpwien

Titelfoto: jvpwien | flickr | CC BY-ND 2.0

"Wir haben uns darauf geeinigt, dass Vorzugsstimmen mehr Gewicht haben müssen (…) Die Vorzugsstimmen sind aus meiner Sicht deshalb ganz entscheidend, weil das eine stärkere Bindung zwischen Wählern und politischen Vertretern schafft", erklärte Sebastian Kurz am Sonntag in einer Pressekonferenz zu seiner Wahl zum neuen ÖVP-Obmann.

"Vorzugsstimmen sollen stärker ins Gewicht fallen. So bekommen Wählerinnen und Wähler mehr Einfluss darauf, wer sie vertritt. Die Wählerinnen und Wähler sollen nicht nur über die Parteien bestimmen, sondern auch über die Personen", hat Lukas Mandl bereits 2011 gesagt – damals als Generalsekretär des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes ÖAAB in der ÖVP. Kurz gratulierte Mandl damals zu dessen Vorstoß.

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Nun hat Sebastian Kurz also angekündigt, bei den aller Wahrscheinlichkeit nach im Herbst stattfindenden Neuwahlen mit einer eigenen Liste antreten zu wollen. "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" soll sie heißen. Zuletzt ging es in den Medien vor allem um das interne Hickhack der Volkspartei und die Promi-Anwandlungen von Kurz. Worüber man kaum etwas hörte, waren die tatsächlichen Positionen des Außenministers und Neo-Parteichefs. Also, wie viel "Neues" vertritt Kurz mit seiner "neuen Volkspartei" wirklich?

Mittlerweile kennen wir Sebastian Kurz als rechten Hardliner und glühenden Europäer.

Feststeht: Sebastian Kurz gehört nicht zu den Parteidinosauriern. Ein wirklicher Newcomer ist er aber auch keiner mehr. Seit 14 Jahren ist der 31-Jährige in ÖVP-Organisationen aktiv. Zuerst als Mitglied in der JVP, deren Obmann er von 2008 bis 2012 in Wien war. 2009 wurde er schließlich zum Bundesobmann der JVP und zum Landesparteiobmannstellvertreter der ÖVP Wien gewählt.

Von 2010 bis 2011 war Kurz Landtags- und Gemeinderatsabgeordneter in Wien, bis er schließlich im Sommer 2011 zum Integrationsstaatssekretär und im Dezember 2013 zum Außenminister avancierte.

Mittlerweile kennen wir Sebastian Kurz außerdem als rechten Hardliner, wenn es um die Internierung von Flüchtlingen außerhalb der Europäischen Union oder den Hilfseinsatz von NGOs im Mittelmeer geht. Gleichzeitig ist er, anders als die meisten Rechtspopulisten, die ihn gerne für sich vereinnahmen, ein glühender Verfechter eines gemeinsamen Europas.

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So sagte Kurz im Zuge seines Amtsantritts als Außenminister im Dezember 2013: "Ich will als Außenminister nicht nur Österreich in Europa vertreten, sondern die Menschen für eine Teilhabe am europäischen Gedanken begeistern." Außerdem sprach er sich für Beitrittsverhandlungen mit Serbien, Mazedonien, Albanien und Bosnien und befürwortet eine Teilnahme Österreichs an den sogenannten "Battlegroups" – einer Art gemeinsamen Kampftruppe der EU.

Um noch ein bisschen mehr über die Politik zu erfahren, die uns unter einem Kanzler Kurz erwarten könnte – und euch zu ein bisschen Orientierung in dem ganzen Politchaos der letzten Tage zu verhelfen –, haben wir uns durch alte Presseaussendungen des ÖVP-Politikers gegraben und einige Zitate auch Kurz' politischer Laufbahn gesammelt.

Dabei haben wir auch erfahren, dass Kurz ein Fan von "Multikulti in der WESTbahn " ist, gern die Wiener Außenbezirke mit einer Magnet-Bahn besser anbinden würde, für ihn Western Union "gelebte Diversität" ist und er "einmal heiraten und mehrere Kinder" haben möchte.

Hier jetzt aber erst einmal die versprochenen Zitate:

"Wenn wir als ÖVP den Wählerwillen richtig deuten, dann bleibt uns jetzt nur der Weg in die Opposition! Ein Zusammengehen mit der SPÖ oder dem rechten Lager wäre unverantwortlich. Beide Varianten sind keine Option." – Oktober 2008

"Wer die Technologien von heute und somit das Internet ernst nimmt, nimmt auch die Jungen ernst." – März 2010

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"Das ist systematische Menschenvertreibung (…) Heute will man gezielt Kinder und Jugendliche vertreiben, morgen sind es dann ältere Menschen und ein anderes Mal vielleicht Menschen mit Behinderung?" – Kurz über den Einsatz von Ultraschalltönen zur Vertreibung von Jugendlichen in der Mariahilfer Straße, Juli 2008.

"E-Voting ist die Briefwahl des 21. Jahrhunderts" – März 2010

"Dieser Virus der Jugendfeindlichkeit hat bedenkliche Auswirkungen. Manches, das in der Politik derzeit geschieht, ist ein offener Anschlag auf die jungen Menschen in dieser Stadt. Diese Gruppe der Bevölkerung auf einige Probleme zu reduzieren ist unfair. Der grassierende Virus muss unbedingt eingedämmt werden". – November 2007

"Wo junge Leute sind, kann immer was passieren." – Kurz über die Tatsache, dass die Polizei im Jahr 2009 bei 22 Festen der JVP ausrücken musste, November 2009.

"Drogen, Sex, Kaufrausch und Spielsucht – Neue Formen der Abhängigkeit brauchen neue Konzepte!" – Titel einer gemeinsamen Pressekonferenz von Sebastian Kurz, Ines Anger-Koch und Karin Praniess-Kastner, Oktober 2007.

"Um dieses Geld ist sogar die Unterbringung im Hotel Imperial für die übrig gebliebenen Hausbesetzer billiger." – Kurz über die Audimaxbesetzung im Zuge von #UniBrennt, Dezember 2009

"Wir als Junge ÖVP wollen, dass für uns Junge das Leben auch in Wien leistbar ist und genügend Jobs für Junge vorhanden sind." – August 2013

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"Die SPÖ ist die Pensionistenpartei Österreichs." – Oktober 2010

"Wir wollen Bewährtes erhalten und reformieren, statt mit Unbekanntem experimentieren." – Jänner 2013

"In Zukunft sollte kein Kind oder Jugendlicher die Schule verlassen, ohne schreiben, lesen und rechnen zu können." – September 2012

"Geile Idee: Parks dürfen keine Ziergärten sein. Wir wollen mehr Museumsquartier für Wien" – Oktober 2010

"Wir brauchen eine völlig neue Politik. Das heißt für uns: Der Staat darf nur jene Mittel ausgeben, die er hat. Das gehört ins nächste Regierungsprogramm. Es soll keine Neuverschuldung mehr zulässig sein." – August 2013

"Kinder, die nicht gut Deutsch sprechen, dürfen nicht eingeschult werden." – Dezember 2013

„Ein Erfahrungsbericht über Sprachklassen, die auch für neuzugewanderte Kinder in Österreich eine große Chance wären." – Kurz über das inklusive Modell der Abraham-Moss-Gesamtschule in Manchester, die auch nicht-englischsprachigen Kindern einen Schulplatz ermöglicht, Dezember 2013

"Die Stimmung in Europa ist zu ängstlich. Vielen fehlt der Glaube an das europäische Experiment, obwohl die Realität zeigt: Das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen funktioniert, und das bereits seit vielen Jahrzehnten. Dessen sollte sich Europa bewusster werden." – August 2013

Dass Sebastian Kurz 2017 den Parteivorsitz übernehmen würde und als Spitzenkandidat seiner eigenen Liste in die Nationalratswahlen ziehen wird, konnte er sich noch 2011 definitiv nicht vorstellen. Damals plante er nach eigenen Angaben noch eine "Zukunft abseits der Politik in der Privatwirtschaft".

Im selben Jahr betonte er gegenüber News auf die Frage nach einer Koalition mit der FPÖ: "Das ist die Frage, ob ich dann noch dabei bin. Also plane ich mein Leben auch nicht langfristig. Wenn die FPÖ gut abschneidet, dann sollte man nicht den Fehler machen, die FPÖ kopieren zu wollen. Ich werde das jedenfalls nie machen." Basti, wir nehmen dich beim Wort.

Paul auf Twitter: @gewitterland

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