Magnum-Fotografen teilen die intimsten Bilder, die sie je gemacht haben

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Magnum-Fotografen teilen die intimsten Bilder, die sie je gemacht haben

Wir zeigen euch exklusive Fotos aus der neuen Reihe „Up Close and Personal: The Most Intimate Photos from Magnum".

Wir lieben Magnum Photos. Als uns die weltberühmte Fotoagentur exklusive Fotos aus ihrem neuen Online-Projekt anbot, waren wir also Feuer und Flamme. Für „Up Close & Personal: The Most Intimate Photos from Magnum" wurden mehr als 60 der Fotografinnen und Fotografen der Agentur gebeten, das Thema Intimität zu interpretieren und ein Bild aus ihren Archiven zu wählen, das diese Interpretation illustriert.

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Hier ist eine Auswahl der Fotos.

Richard Kalvar

„Was könnte intimer sein als eine ‚Sexschule' in Tokio (was auch immer das ist), vor allem Lektion 437B, ‚das Lutschen von Zehen'? Ich habe fünf Monate mit dem Versuch verbracht, mit Japan intim zu werden, doch auch wenn ich dem Land sehr nahe kam, war ich immer außen vor. Die gläserne Wand der Sprache trennte uns. Ich konnte hineinsehen, aber nicht wirklich verstehen, was ich sah.

Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ich gewusst hätte, was hier vor sich ging. Oder vielleicht nicht, denn in meiner unwissenden Neugier musste ich genauer hinsehen und meine Fantasie spielen lassen. Wir wurden also intimer als erwartet."

Thomas Hoepker

„Ich fotografierte das Bild im Herbst 1983, bei Sonnenuntergang am alten Hafen in New Jersey, von wo aus man einen Blick auf das World Trade Center in New York City hatte. Ich hatte gehört, dass es dort einen traditionellen Knutschplatz gab, wo junge Leute mit ihren Autos hinfuhren, mit Alkohol und manchmal Drogen. Die Sonne ging unter und die Türme auf der anderen Seite des Flusses leuchteten, bevor es zum Fotografieren zu dunkel wurde."

Nikos Economopoulos

„Vor einigen Jahren dokumentierte ich alternde Geschichtenerzähler auf den ägäischen Inseln. Ich lernte diese 90-jährige Frau in Karpathos kennen, einem der entlegensten und unberührtesten Orte in ganz Griechenland. Sie hieß mich voller Großzügigkeit und Vertrauen in ihrem bescheidenen Heim willkommen. Unter ihren paar Besitztümern war ein Vogel, ein Spielzeug, das jemand dort zurückgelassen hatte. Es fiel auf, denn ansonsten hatte alles dort einen ganz bestimmten Nutzen. Also fragte ich sie danach. Ihre Augen leuchteten voller Freude auf. Sie bat mich, mit nach draußen zu kommen, um mir bei gutem Licht zu zeigen, was ihr Vogel so alles konnte. Und da stand sie auf der kleinen Terrasse mit Blick auf das riesige Meer und spielte mit ihrem Vogel, so unschuldig und selig wie ein kleines Kind."

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David Alan Harvey

„Intimität kann sich buchstäblich in einem Foto zeigen, indem es tatsächliche Intimität zwischen zwei Menschen einfängt, oder es kann in dem Bild durch eine tiefe Internalisierung angedeutet sein. Ein bisschen mysteriöser … vielleicht nur eine kleine Andeutung?

Lies auf Motherboard, wie Fotografieren deinem Gedächtnis schadet

Jahrelang war es als Fotojournalist meine Aufgabe, didaktisch zu sein, aber jetzt hat sich meine Taktik geändert: Ich glaube immer noch an Fotografie als ein Zeugnis des Geschehens, aber ich bin dennoch viel mehr daran interessiert, mein Publikum mit unbeantworteten Fragen zurückzulassen. Warum muss immer alles gelöst werden? Ist es nicht eine große Freude, sich auszumalen, was vielleicht gerade passiert?

Ich bin zu involviert, zu sehr ein Teil der Story, als dass meine Arbeit als Fotojournalismus bezeichnet werden könnte. Doch vielleicht fällt meine neue Arbeit trotzdem noch unter gewisse Kategorien der Dokumentation. Es ist mir egal. Ich bin in einem Fluss, der mich mitnimmt, wohin er fließt."

Constantine Manos

„Dieses Bild könnte vielleicht ‚Erste Begegnung' heißen. Es ist 1988 bei der alljährlichen Bike Week in Daytona Beach, Florida, entstanden. Tausende Biker strömen in die kleine Stadt, um ihre Bikes zu fahren und Spaß zu haben. Die Hauptstraße war von geparkten Motorrädern gesäumt, ihre Besitzer saßen darauf und sahen zu, wie die Bike-Parade vorbeibrummte. Ich war auf der Suche nach Motiven und sah diese Bikerin mit einem schönen Körper, als ein Mann mit einem schönen Körper sie ansprach. Ich schnitt die Gesichter ab und konzentrierte mich auf den Händedruck: die erste Begegnung zweier Körper. Als ich ging, waren die beiden völlig in ihre Unterhaltung vertieft. Wer weiß, was danach passiert ist?"

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Burt Glinn

„Chicago, Illinois: Zwei junge Demonstranten ruhen sich während des turbulenten Parteitags der Demokraten 1968 vor dem Gebäude aus. Burt Glinn war ein überzeugter Demokrat aus einer politisch links orientierten Familie. Er fotografierte die republikanischen und demokratischen Parteitage 1948, als er gerade erst seinen Harvard-Abschluss gemacht hatte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits zwei Jahre Dienst in der Army hinter sich. Burt fing viele feurige, leidenschaftliche und unbefangene Momente unter den Delegierten ein. Es tat mir sehr leid, dass er nicht mehr miterlebt hat, wie Barack Obama 2008 ins Amt gewählt wurde. Burt hat an Baracks sozial liberale und demokratische Einstellung geglaubt.

Elena Glinn, Witwe von Burt Glinn

Cornell Capa

„Viele Fotografen stellen fest, dass sie sich als ‚Profis' um Aufträge bemühen müssen, um über die Runden zu kommen. Sie produzieren Arbeit, die als kommerziell gilt, und die ihnen, abgesehen von dem offensichtlichen Aspekt, egal ist. Dann verfolgen sie ihre persönliche Arbeit, die ihre Emotionen anspricht und sie zufriedenstellt, ‚nebenbei'.

Ich habe großes Glück gehabt. Die Fotoessays, die ich für Life und andere Magazine fotografiert habe, haben mir nicht nur ein regelmäßiges, wenn auch bescheidenes, Einkommen beschert, sondern sie waren auch meine persönliche Arbeit. Für mich gab es keine Unterscheidung zwischen kommerziell und persönlich. Ich habe an Storys gearbeitet, die ich interessant und spannend fand, die bei mir starke Gefühle und große Hoffnungen auslösten, und all meine Talente und Energien in diese Arbeit gesteckt."

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Cornell Capa. Peter Fetterman Gallery, 2002

Antoine D'Agata

„Jenseits der grundlegenden Heuchlerei der Fotografie, die sich von menschlichem Elend nährt und dabei so tut, als würde sie Informationen verbreiten oder das Bewusstsein schärfen, neutralisiert die Verbreitung mitfühlender Bildsprache das Urteilsvermögen, sie zähmt brutale Instinkte und erzeugt das Risiko sicherer Intimität und Täuschung unter der autokratischen Herrschaft der Erscheinung.

Ich entscheide mich für Hackerstrategien und schmiede eine geheime, verbotene, gesinnungslose Sprache, dekonstruiere Vorschriften der hegemonischen Ideologie, in der Absicht, sie zu kontaminieren, zu verdrehen und zu zerstören. Der Akt des Fotografierens erlaubt keine Kompromisse: Dazu müssen die physischen Grenzen des Lebens erweitert und die Welt durch Absorption und Adsorption besessen werden.

Fotografie ist die Quelle der Unordnung, denn sie birgt in sich die Samen der Handlung, sie entfesselt den Zorn, der Angst und Begehren erträglich macht. Es reicht nicht länger aus zu sein, zu lieben, zu denken und zu leiden. Man muss heilig oder wahnsinnig sein."

Tim Hetherington

„Es ist schwer vorstellbar, dass Tim etwas fotografiert hat, das nicht intim war. Er ging auf alle Menschen mit Neugier und einem offenen Herzen zu, dem sich Wenige entziehen konnten. Er hinterließ unzählige Menschen, die ihn als Freund kannten, egal wie kurz die Begegnung war. Tim begegnete Jonathan 2001 auf den Straßen von Kinshasa. Jonathan lebte zu diesem Zeitpunkt seit fünf Jahren auf der Straße, nachdem seine Stiefmutter ihn aus dem Haus gemobbt hatte. Tims Notizen verraten uns, dass es sein Traum war, Schreiben zu lernen und eines Tages ein guter Vater zu sein."

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Stephen Mayes, Tim Hetherington Trust

Carolyn Drake

„Meiner Erfahrung nach kommt Intimität aus der Konversation, und an guten Tagen kann das zu einem unerwarteten Moment führen. Nachdem ich drei Tage lang mit Çagan Sekercioglu den Spuren von Bären, Wölfen und Insekten gefolgt war, landete ich in einer Vogelberingungsstation in der Nähe der armenischen Grenze. Çagan ist Ornithologe und Artenschutzbiologe. Die Herausforderung bestand darin, ein Porträt von ihm und den winzigen Vögeln, die er beringte, zu machen—Menschen und Vögel haben völlig verschiedene Maßstäbe. Auf seinen Vorschlag hin—ein Ergebnis der vielen Zeit, die wir miteinander verbracht hatten—stellte ich mich außen vor seinen Wohnwagen, während er die Vögelchen von drinnen freiließ."

Thomas Dworzak

„Ich reiste in den Monaten vor den Olympischen Spielen die russische Schwarzmeerküste mit Regionalzügen auf und ab. Ich hatte nur einen flüchtigen Blick auf den intimen Moment dieses Paars auf einem leeren Bahnsteig—wer weiß, ob sie einander umarmten oder küssten, ob sie spielten oder miteinander stritten? Sie achteten kein bisschen auf den vorbeifahrenden Zug. Eine beschleunigte Version dessen, was oft passiert, wenn wir reisen und Geschichten dokumentieren: Wir treten in das Leben eines Menschen, verbringen ein wenig Zeit mit ihm und ziehen dann weiter …"

Hier kannst du dir mehr von „Up Close & Personal: The Most Intimate Photos from Magnum" ansehen und die Drucke kaufen.