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Wurde in Deutschland gerade ein illegaler Wurstring gesprengt?

Ein Hesse wurde wegen illegaler Wurstprodukton angezeigt. Wir haben bei den Fleischerverbänden nachgefragt, ob wir uns wirklich Angst um Mett-Kartelle machen müssen.
Titelfoto: Greg Bolton | Flickr | CC BY-ND 2.0

Es gibt nur wenige deutsche Worte, die phonetisch so wunderschön klingen wie „Wurst". Von Currywurst über Weißwurst bis hin zu unserer geliebten Käsekrainer—wo ein Markt ist, gibt es auch Leute, die sich mit dunklen Geschäften eine goldene Nase verdienen wollen. Dementsprechend hätte es uns eigentlich nicht überraschen sollen, als gestern die Sprengung einer illegalen Wurstmanufaktur die Runde machte. Der Tatort: eine Privatwohnung im deutschen Offenbach.

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Da hatte Haftbefehl wohl Recht mit seinen Schilderungen vom hessischen Todesghetto, das in den deutschen Kriminalitätsstatistiken in schöner Regelmäßigkeit auf den obersten Rängen landet, haben wir uns gedacht, während wir atemlos staunend weiterlasen. 500 Kilo rohes Faschiertes! Ungekühlt! Auf 22 Wannen verteilt am Gang gelagert. Ein Bottich voller Schweinedärme in der Küche, die Wurstfüllmaschine startbereit im Wohnzimmer aufgebaut! Illegale Wurstbeschaffungsmaßnahmen hinter gutbürgerlicher Fassade, dem nur durch eine Anzeige eines beherzten Bürgers (ein Nachbar? Veganer?) Einhalt geboten werden konnte. Gott sei Dank, atmeten wir auf. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn die illegal hergestellten Würste ihr ZIel, ein nicht näher spezifiziertes Fest im nahegelegenen Frankfurt, wirklich erreicht hätten!

Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, kamen sie allerdings. Die bohrenden Fragen, die wir uns nach diesem Ausbund an krimineller Energie dringend stellen mussten. Hatten wir bei all dem Tumult um Oberfranken als neue Meth-Hochburg komplett übersehen, wie in Offenbach ein regelrechtes Mett-Kartell heranwuchs? Hätten wir, statt Breaking Bad zu binge-watchen, lieber unsere Nachbarn auf illegale Kochaktivitäten überwachen sollen? Gibt es einen Schwarzmarkt für illegale produzierte Wurstwaren? Werden Faschiertes-Samples in kleinen durchsichtigen Beutel ausgetauscht und: braucht man für Fleisch-Razzien spezielle Spürhunde oder reicht auch der dicke Dackel von der Oma aus dem Erdgeschoss?

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Die Geschichte um den Offenbacher Wurst-Walter-White hatte mehr Fragen aufgeworfen, als sie beantwortete. Um Klarheit zu erlangen, beschlossen wir, bei Leuten nachzufragen, die es genauer wissen mussten. Dem zuständigen Veterinärsamt, die das Fleisch konfisziert hatten und den verschiedenen Landesinnungen des Deutschen Fleischer-Verbands. Während wir den Großteil der Wurstexperten nicht erreichen konnten, schlug uns bei denen, die dann doch ans Telefon gingen, eisiges Schweigen entgegen. Kein Kommentar. Ein Mitarbeiter des Fleischerverbands Niedersachsen-Bremen ließ sich zu der vergleichsweise ausführlichen Aussage hinreißen, dass er sich dazu „aus rechtlichen Gründen" nicht äußern könne und auf „hypothetische Fragen" nicht antworten würde. Nun waren wir ernsthaft beunruhigt. Was hatten die Fleischer zu verbergen? Hatten sie Angst? Gab es einen Wurstpaten, der sie mit Fleischwolf und Hackbeil eingeschüchtert hatte?

Sieht so der Wurst-Schwarzmarkt der Zukunft aus? Foto: vxla | Flickr | CC BY 2.0

Schließlich erreichten wir dann doch jemanden, der uns ein bisschen ausführlicher erklären konnte, was genau hinter dem „illegalen Wurstring" steckt: Fabian El Sheikh, den Pressesprecher der Stadt Offenbach. „Die Stadt geht bisher von einem absoluten Einzelfall aus", gab er Entwarnung. Weder er noch seine Kollegen hätten bisher von einem derartigen Vorfall gehört und den vorliegenden Informationen nach hätten Aufwand und Nutzen für den Grillwurst-Produzenten in keinerlei Relation gestanden.

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Mit anderen Worten: Das Betreiben von illegalen Wurstringen um einen hypothetischen Schwarzmarkt für Wurstwaren zu bedienen, wäre wirtschaftlich gesehen nicht der cleverste Schachzug. Deswegen hat womöglich auch noch kein Straßenrapper aus Frankfurt und Umgebung damit angegeben, Mett kiloweise über die Grenze zu bringen oder die Bitches mit Debreziner auf die Clubtoilette zu locken.

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Alle, die die Wurststopfmaschine in Gedanken an das ganz große Geld schon geordert haben, können wir übrigens beruhigen: Tatsächlich ist es nicht generell verboten, Wurst- und Fleischwaren privat herzustellen. Man darf sie halt nur einfach nicht unters Volk bringen. „Die behördliche Lebensmittelüberwachung besagt, dass empfindliche Lebensmittel (also auch und vor allem rohe Fleischwaren) nur in einer gewerblichen Umgebung und durch qualifiziertes, sachkundiges Personal verarbeitet werden dürfen," sagte uns El Sheikh dazu am Telefon. Und dass eure Mittzwanziger-Wohnung die vorgeschriebenen hygienischen Auflagen samt lückenloser Kühlkette erfüllt, wagen wir auch zu bezweifeln. Sorry.

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Titelfoto: Greg Bolton | Flickr | CC BY-ND 2.0