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Body Positivity

Frauen erzählen, was sie anziehen würden, wenn sie ihren Körper lieber mögen würden

Weil es gerade am Tag des GNTM-Finales gut tut, zu wissen, dass fast jeder mit sich hadert – und wie unnötig das ist.
Alle Fotos: Lea Albring

Es ist wieder soweit: Am heutigen Donnerstag läuft das Finale der 12. Staffel von Germany's Next Topmodel. Und wie jedes Jahr werden sich hunderttausende Mädchen und Frauen in Deutschland das Massaker ansehen, um mit den Kandidatinnen zu fiebern, sich über sie lustig zu machen – und um sich mit ihnen zu vergleichen.

Dass Werbung und Popkultur Frauen das Gefühl geben, ungenügend zu sein, hat nicht erst mit GNTM angefangen. Aber die Sendung bringt das Problem auf den Punkt: In einer 2015 durchgeführten Studie gaben zwei Drittel der befragten Frauen mit Magersucht oder Bulimie an, dass GNTM ihre Essstörungen beeinflusst hat.

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Auch wenn das Extremfälle sind: Die allermeisten Frauen kennen das Gefühl, mit dem eigenen Körper nicht zufrieden zu sein. Und sie trauen sich deshalb oft nicht zu, die Klamotten zu tragen, die sie insgeheim am schönsten, aufregendsten oder elegantesten finden.


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Das ist eigentlich schade, und irgendwie auch Unsinn. Vor allem, weil die meisten unserer Mängel sowieso nur uns selbst stören. Oft genug können Außenstehende gar nicht nachvollziehen, was eigentlich unser Problem mit einem bestimmten Körperteil ist. Weil es gut tut, dass jeder irgendwie einen Knacks hat, haben wir Frauen gebten, uns verraten, was sie anziehen würden, wenn sie sich nur trauten.

Rebecca, 22: "Ich fand es schrecklich, dass meine Eltern meinen Stil bewertet haben."

VICE: Was würdest du tragen, wenn du selbstbewusster wärst?
Rebecca: Ich bin eine weiße, dünne, junge Frau. Meine Figur wird von der Gesellschaft nicht kritisiert. Es ist für mich also kein großer Act, zu sagen: Ich ziehe an, was ich will. Zumindest fast immer. Es gibt nur kleine Dinge, die ich nicht aus meinem Kopf bekomme.

Was denn?
Mit 13 bin ich ziemlich freizügig herumgelaufen. Brust raus, Arsch raus. Mein Vater hat mich immer zurechtgewiesen, hat gesagt: "Provoziere nichts!" Er hat mir damals eingetrichtert: Zeige wenigstens nur oben oder unten Haut. Das mache ich automatisch immer noch, wenn ich nicht darüber nachdenke.

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Findest du den elterlichen Einfluss denn gut?
Als ich meinen Stil später änderte, meinte meine Mutter zu mir, ich sähe aus wie eine Oma. Ich finde es schrecklich, wenn Eltern den Stil oder die Figur ihrer Kinder bewerten, egal in welche Richtung.

Yagmur, 20, Yasmin, 17, und Derya, 20: "In unserer Kleinstadt werden wir schon blöd angeguckt, wenn wir Lippenstift oder High Heels tragen."

Yagmur, Yasmin und Derya

VICE: Welche Klamotten tragt ihr nicht, weil ihr euch darin unwohl fühlt? Yagmur: Richtig kurze Kleider! Noch gerade in der Umkleide meinten die Mädels, dass ich das auf jeden Fall tragen kann. Mir selbst gefällt zu kurz aber nicht. Röcke oder Kleider müssen immer bis zu meinem Knie gehen, kürzer ist nicht drin. Ich mache Krafttraining und habe muskulöse Beine, an manchen Stellen habe ich auch etwas zugenommen. Da trage ich lieber Jeans.

Yasmin: Ich liebe trägerlose Tops, trage sie aber nicht. Meine Arme sind dafür einfach zu dick, die mag ich an mir am wenigsten. Schlimm finde ich, wenn dann an den Achseln so Fettwulste überquellen. Ich habe ein Bando-Top zuhause, das bleibt aber im Schrank.

Derya: Ich steh total auf High Heels. Ich trage sie aber nicht so oft, genauso wie knallige Farben oder Lippenstift. Wir kommen aus Limburg. In der kleinen Stadt wird man ständig blöd angeguckt, wenn man sich etwas auffälliger kleidet. Ich ziehe bestimmte Dinge nicht an, weil ich mich dann beobachtet fühle. Einmal hat mir eine ältere Frau tatsächlich gesagt, ich würde Nuttenschuhe tragen. Natürlich habe ich mich in der Situation nicht wohl gefühlt und mir das nächste mal ganz genau überlegt, ob ich die Schuhe nochmal anziehen soll.

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Karo, 31: "Heute kann ich tragen, was ich will – will es aber nicht. Früher wollte ich alles tragen, konnte es aber nicht."

VICE: Was würdest du gern tragen, traust dich aber nicht?
Karo: Ich trage alles, was ich will. Ich habe keine Modelmaße und fühle mich trotzdem total attraktiv. Aber ich trage nicht alles, weil ich überhaupt nicht alles tragen will. Hosen zum Beispiel, davon besitze ich nur zwei. Die finde ich steif und unpraktisch. Ich muss mich in meinen Klamotten frei fühlen. Trends sind mir egal, ich habe meinen eigenen Stil, kombiniere Punk mit 60er-Jahre-Style und 90er-Kram. Das bin ich.

Warst du schon immer so selbstbewusst?
Früher habe ich zehn Kilo mehr gewogen. Ich habe mir eingeredet, nicht alles tragen zu können, habe immer darauf geachtet, schlank auszusehen – entweder mit zu engen Klamotten, die die Silhouette betonen sollten, oder mit zu weiten Teilen, um zu kaschieren. Heute kenne ich meine Größe. Mit meiner großen Brust hatte ich hingegen nie ein Problem. Weite Ausschnitte an der Kaffeetafel? Warum nicht. Wenn die Leute dann denken, sie unterhalten sich mit einem Paar Brüsten, dann ist das deren und nicht mein Problem.

Kritisieren dich Leute wegen deiner Klamotten?
Wenn Sachen ungebügelt sind oder Löcher haben – beides kommt bei mir öfter mal vor – gefällt das meiner Familie nicht. Das geben die mir dann auch zu verstehen. Ich sage dann, dass meine Klamotten meine Sache sind.

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Christina, 26: "Bauchfrei würde ich nicht tragen."

VICE: Was würdest Du tragen, wenn du zu 100 Prozent mit deinem Körper zufrieden wärst?
Christina: Ich glaube, 100 Prozent Zufriedenheit mit dem eigenen Körper gibt es gar nicht, man findet schließlich immer etwas. Auf einer Zufriedenheitsskala zwischen eins und zehn gebe ich mir eine Sieben. Bauch und Hüften könnten etwas schlanker sein. Den aktuellen Bauchfrei-Trend würde ich nicht mitmachen, das gefällt mir einfach nicht. Eine weitere kleine Problemzone sind meiner Meinung nach meine Oberarme. Spaghetti-Tops oder armfrei trage ich deshalb nicht so oft. Nur wenn es im Sommer richtig heiß ist, fühle ich mich damit ein bisschen besser. Ich glaube, dass ich mich mit einem optimierten Körper nicht anders kleiden würde. Ich würde mich wahrscheinlich nur ein kleines bisschen wohler fühlen.

Würdest du für ein Kleidungsstück eine Diät machen?
Nein, auf keinen Fall. Ich bin ja ziemlich zufrieden – das merke ich ja auch daran, dass ich jetzt nicht extra Sport mache, um etwas zu verändern. Da müsste es einen viel größeren Leidensdruck geben.

Nina, 25, und ihre Schwester Isabelle, 17: "Wir würden gerne öfter kurze Hosen tragen – nicht nur im Urlaub."

Isabelle und Nina

VICE: Tragt ihr alles, was ihr wollt?
Isabelle: Ich will gerade eine Shorts umtauschen: In der Kabine hat mir die Hose noch gefallen, aber zuhause war mir das Ding plötzlich doch zu knapp. Ich finde mich und meine Beine eigentlich total okay, im Urlaub trage ich gerne kurze Sachen. Im Alltag ist das irgendwie etwas anderes. Mein Manko: Ich bin recht groß, deshalb verzichte ich oft auf hohe Schuhe.
Nina: Das Problem habe ich nicht. Mit 1,60 Meter kann ich gut High Heels tragen. Aber mit den Hotpants geht es mir ähnlich: im Urlaub kein Problem. Da fühlt man sich irgendwie freier. Meine Beine finde ich auch nicht zu dick, aber vielleicht könnten sie an manchen Stellen etwas straffer sein.

Was haltet ihr von den Körperidealen bei Germany's Next Topmodel?
Nina: Früher habe ich das geguckt. Heute finde ich aber, dass die meisten Dinge absoluter Bullshit sind, die da verlangt und propagiert werden.
Isabelle: Ich gucke mir die Sendung gerne an. Was mich aber total nervt: Den Kandidatinnen wird ihre Individualität ausgetrieben. Alle sollen einem bestimmten Bild entsprechen. Ich weiß ganz sicher: So will ich nicht sein.

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